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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 6.1895

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https://doi.org/10.11588/diglit.5782#0061

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Vom Kunstmarkt.

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mann, im Kunstgewerbemuseum, das zur Zeit noch eine
zweite Sonderausstellung, die vom Verein „Herold" aus An-
lass seines 25jährigen Jubiläums veranstaltete, beherbergt,
die erste öffentliche Vorführung der Blätter des bayerischen,
jetzt als Lehrer an der Kunstgewerbeschule in Strassburg i./E.
thätigen Zeichners Joseph Sattler und dann in der Kunst-
akademie die „Ausstellung von graphischen Werken der
jetzt lebenden Mitglieder" der Akademie. Nachdem der
Kunstakademie durch das neue Statut die Leitung der
großen Kunstausstellungen abgenommen worden ist, hat sie
beschlossen, in ihren eigenen Räumen Sonderausstellungen
zu veranstalten, die sich teils auf die Werke ihrer Mitglie-
der beschränken, teils einen lehrhaften Zweck für die Schü-
ler der Akademie, aber auch für das große Publikum ver-
folgen sollen. Der vorjährigen ersten Ausstellung von Kunst-
werken jeder Gattung ist jetzt eine Specialausstellung von
graphischen Werken der Akademiemitglieder gefolgt. Da
nun aber gewisse Zufälle über die Wahl und Aufnahme von
Mitgliedern entscheiden, trägt auch die Ausstellung den
Charakter zufälliger Zusammenwürfelung. Jedenfalls giebt
sie ein sehr lückenhaftes Bild von dem gegenwärtigen
Stande der graphischen Künste in Europa. Sie umfasst zwar
568 Nummern, diese verteilen sich aber nur auf 32 Künstler,
und wenn sich nicht unter ihnen zufällig Herkomer, Unger,
Koepping und Max Klinger befänden, würden wir durch
die Ausstellung nur eine sehr schwache Vorstellung von
der modernen Radirung, namentlich von der Originalradi-
i'ung, die doch gegenwärtig im Vordergrunde des Interesses
steht, erhalten. Desto vollständiger werden wir über das
gesamte Lebenswerk der Kupferstecher Louis Jacoby, Gus-
tav Eilers und Hans Meyer unterrichtet, deren großes Ver-
dienst um den Linien stich wir keineswegs verkennen, deren
Blätter aber so verbreitet sind, dass sie dem Kritiker
keinen Anlaß zu neuen Bemerkungen geben. — Eine kunst-
historische Rarität bilden die Originalradirungen von An-
dreas Achenbacli, deren älteste bis in die Jahre 1837 und
1838 zurückreichen, die prächtigen Originallithographieen
seines Bruders Oswald aus der Mitte der fünfziger Jahre
und die Blätter von Knaus, Gude und Brendel. Gustav
Feelcerts unvergleichliche Meisterwerke der Lithographie
haben wir erst vor wenigen Jahren durch eine Sonderaus-
stellung in der Akademie kennen gelernt, und Adolf Menzels
Radirungen, Lithographieen u. s. w. sind allen Verehrern
des Meisters vertraute Bekannte. — Was die Direktion der
Nationalgalerie an Gemälden und Studien von Otto Baiseh
und Chr. L. Bokelmann zusammengebracht hat, ist leider nicht
geeignet, uns das vorzuführen, was früher ihre monumen-
talen Nekrologe so anziehend und lehrreich gemacht hat.
Es fehlt in den 105 Gemälden und Studien von Baisch und
den 114 Bildern und Studien Bokelmanns das Moment der
Entwickelung, und da es der Direktion der Nationalgalerie
auch nicht gelungen ist, aus öffentlichen Galerien alle Mei-
sterwerke der beiden Künstler herbeizuschaffen, so sehen wir
Uns einer großen Ansammlung ziemlich gleichmäßigen Stu-
dienmaterials gegenüber, das koloristisch wohl interessirt,
aber uns doch wenig über das Wachsen und Werden der
beiden Künstler aufklärt. Es wäre doch ungemein in-
teressant gewesen, wenn die Nationalgalerie wenigstens die
Hauptwerke Bokelmanns vereinigt hätte! Es scheint aber,dass
der damit verbundene Kostenaufwand sich nicht mehr durch
die Teilnahme des Publikums an solchen Veranstaltungen recht-
fertigen lässt, und überdies kann die Direktion mit Recht geltend
machen, dass die Werke der Künstler, die ihren Ruf in den
beiden letzten Jahrzehnten begründet haben, dem kunst-
Hebenden Publikum noch in so frischer Erinnerung sind,

dass ihre abermalige Vorführung überflüssig ist. Die wei-
tere Konsequenz wäre aber dann die Frage, ob diese Sonder-
ausstellungen der Nationalgalerie überhaupt noch einen
Zweck haben, zumal da jetzt immer der zweite Cornelius-
saal damit für Besucher, die die Sonderausstellungen nicht
sehen wollen, unzugänglich gemacht wird. — Der Zeichner
Joseph Sattler ist ein Talent, das sich in der Stille gebildet
hat, eine einsame Natur, die auf Dürer, Altdorfer, Hans Bai-
dung Grien und Alfred Rethel zurückgegriffen, auch etwas
von Böcklin, Rudolf Seitz, Max Klinger u. a. angenommen
hat. Aus diesem Lehrstoff ist ihm seine Formensprache,
aber auch manch ein origineller Gedankenblitz erwachsen;
die meisten dieser Blitze leuchten in den dreizehn Blättern „Ein
moderner Totentanz" und in den „Dreißig Bildern aus der
Zeit des Bauernkrieges" auf. Eine dritte Gruppe bildet eine
Sammlung von 42 Bücherzeichen „Ex libris", in denen er
ein so bemerkenswertes Talent für die Kleinkunst entfaltet,
dass man daraus die berechtigte Hoffnung schöpfen darf,
dass Sattler sich einmal zu einem tüchtigen Zeichner für
das Kunstgewerbe auswaebsen wird. Da er von Straßburg
nach Berlin übersiedeln will, wird man wohl bald mehr von
ihm sehen und hören.

VOM KUNSTMARKT.

Berlin. Am 4. Dezember und den folgenden Tagen
kommt eine wertvolle Gemäldesammlung neuerer Meister
aus dem Nachlasse des Herrn F. Schoenemann in Berlin
durch B. Leplce zur Versteigerung; daran schließt sich die
Versteigerung von gerahmten Kupferstichen, Lithographieen,
Farbendrucken, französischen Glasbildern aus gleichem Be-
sitz. Der soeben erschienene Katalog wird von genannter
Firma auf Verlangen kostenfrei zugesandt.

Frankfurt a. M. Soeben erschien der 336. Lagerkatalog
der Firma Jos. Bär & Co., enthaltend christliche Kunst,
Architektur, Skulptur und Kunstgewerbe. Der Katalog um-
fasst in 1073 Nummern die Bibliothek des f Dombaumeisters
Lukas in Mainz und wird von genannter Firma auf Wunsch
kostenfrei zugesandt.

0 Die Versteigerung des künstlerischen Nachlasses des
französischen Tier-, insbesondere Sehafmalers Charles Jacque,
der am 7. Mai d. J. gestorben ist, hat am 12. u. 13. Nov.
in Paris stattgefunden und beinahe 500 000 Frcs. ergeben.
Obwohl sich in der 630 Nummern umfassenden Versteige-
rung auch Möbel und andere Kunstsachen befanden, bildeten
doch die Gemälde, Zeichnungen und Radirungen den Haupt-
bestandteil. Radirungen wurden bis zu 1000 Frcs., Zeich-
nungen bis zu 3500 Frcs. gesteigert und verkauft, und von
den Gemälden erzielte die „Große Herde" den höchsten
Preis mit 30 000 Frcs. Für eine Anzahl anderer Bilder
schwankten die Preise zwischen 15 000 u. 8000 Frcs. Frank-
reich hat freilich seit dem Tode Troyons keinen so hervor-
ragenden Tiermaler wie Jacque hervorgebracht. Immerhin
scheint es aber nach diesen ungewöhnlich glänzenden Er-
gebnissen, dass sich der Pariser Kunstmarkt, der im vorigen
Jahre starken Erschütterungen ausgesetzt war, wieder etwas
befestigt hat.

ZEITSCHRIFTEN.
Christliches Kunstblatt. 1894. Heft 11.

Das Münster in Bern in seiner Vollendung. Von A. Klemm in
Backuang. — Die Münchener Kunstausstellungen von 1894.

Die Kunst für Alle. 1894/95. Heft 5.

Max Klinger. Von C. Gurlitt. — Weilmachtsbücherschau. II.
 
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