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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 6.1895

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Korrepondenz aus München
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Seemann, Artur: Eine pseudo-antike Schale
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https://doi.org/10.11588/diglit.5782#0064

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Eine pseudo - antike Schale.

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und Jubilar von aller Welt sofort richtig gewürdigt
werden könnte.

Gewöhnlich sagt man, mit dem Schwabenalter
komme die Vernunft. Im Vorjahre hat die Genos-
senschaft ihr fiinfundzwanzigjähriges Wiegenfest
begangen, droben am Starnberger See. Himmel,
Erde, Luft und Meer mussten ihre Gewalten und
Gestalten zum großen Jubelakt hergeben, der sich
in Form eines viele Tausende von Menschen heran-
ziehenden Festes abspielte. Von 25 bis 40 sind es
genau 15; wir hätten heute also noch 14 Jahre bis
zum Eintritt des freudigen Ereignisses. Ob man
beim Übertritt in das Alter, wo der Verstand nun
wirklich als Obergewalt durchzubrechen verspricht,
auch solche Feste feiern wird? Vielleicht nicht.
Es ist auch viel besser, man glänze mit Werken
denn mit Festflittern, die meist rasch vergessen sind
und in keinem Verhältnis zu den Ausstellungsdefi-
ziten stehen.

Wenn dann dieses vierzigste Jahr erreicht sein
wird, so kommt vielleicht auch die Einsicht, dass,
um künstlerisch etwas zu erreichen, nur voller Ernst
in allem, was Arbeit heißt, das zeitigen könne, was
wirkliche Künstler als den Endzweck ihres Strebens
anschauen. Man hat auf genossenschaftlicher Seite
nichts, rein gar nichts gelernt von dem, was die se-
zessionistische Partei und ihre Veranstaltungen so
schnell vorangebracht hat. Warum? Etwa aus Über-
schätzung der eigenen Würde? Fast will es so schei-
nen! Wie sollte denn auch ein ernsthafter Anstoß
zu thatkräftigem Vorgehen, zu unabweislich nötigen
Neuerungen von einer Seite herkommen, die zur
Kunst nur in lückenhafter Weise in direkten Be-
ziehungen steht! Die offizielle Repräsentanz der
Münchener Künstlergenossenschaft ist weder durch-
weg eine künstlerisch vielsagende, noch ist sie eine
ausgesprochen juridische, noch eine kommerzielle.
Fragt man sich, ob irgend eine der brennenden
Zeitfragen, die das Wohl und Wehe des ganzen
Standes angehen, da ins Rollen geraten sei, ob ein
wirklich ernstlich gewolltes Eintreten für alle Inter-
essen des Künstlerstandes die kennzeichnende Eigen-
schaft des Regime's sei, so kann man, wie auf diese,
so auch auf manch andere Frage nur mit einem
lauten, deutlichen, dreimaligen „Nein" antworten.
Dafür aber schickt man jedes Jahr Agenten und
Reisende ins Ausland, um bei Gott und aller Welt
Bilder zur Jahresausstellung zu erbetteln. Einem
dieser Reisenden soll gelegentlich seines Geschäfts-
besuches bei einer künstlerischen Größe das höh-
nische Wort geworden sein: „Sind Sie am Ende auch

Maler?" Bei jeder Gelegenheit ist selbstverständlicher-
weise von den „Feinden" die Rede, worunter die
Sezessionisten zu verstehen sind. Vom Feinde zu
lernen, ist nie eine Schande gewesen, am allerwenig-
sten, wenn man zugeben muss, dass dieser „Feind"
durch rührige Arbeit und Tüchtigkeit sich schnell
eine hochgeachtete Position erobert hat. Freilich —
arbeiten und repräsentiren sind Dinge, die nicht
jedermann in einer Person zu vereinigen im stände
ist. Der „Feind" hat das zuwege gebracht, ob man
ihm auch die Wege zu verlegen überall versuchte.
Wollte man doch auf genossenschaftlich offizieller
Seite einmal die Redensart vom „Feinde" aufgeben;
bei den Schaffenden, Rührigen der Genossenschaft
existirt die Feindschaft längst nicht mehr, und wenn
dieser Teil endlich eine starke Inklination nach der
sezessionistischen Seite hin bekommt, so kann sich
darüber nur verwundern, wer vor lauter Selbstherr-
lichkeit den Blick fürs Allgemeine, fürs Notwendige
und Zweckmäßige verloren hat.

Geht der Beschluss mit der Juryfreiheit je eines
Werkes aller Genossenschaftsmitglieder durch, woran
unter den herrschenden Verhältnissen kaum zu zwei-
feln ist, so heißt das mit anderen Worten alle ernst-
haften Arbeiter zum Austritte aus einer Gemein-
schaft veranlassen, die, jedes straffen Haltes los und
ledig, vollständig das aufgehört hat zu sein, was sie
sein wollte, sein sollte. Dann mag das Wort eines
bekannten Münchener Künstlers Wahrheit werden:
„Bei diesen Ausstellungen braucht nur ein, höch-
stens zwei Säle von Künstlern gehängt zu werden,
das übrige kann man ruhig durch Dienstmänner
besorgen lassen".

Ob sich indes die staatliche Vertretung veran-
lasst sehen wird, auch hinfort nach dieser Seite hin
Mittel zu spenden, das dürfte eine andere Frage
werden. Ob daran die Auguren und Antragsteller
gedacht haben? Solchen Hellsehern ist vieles zu-
zutrauen!

EINE PSEUDO-ANTIKE SCHALE.

Im Jahre 1892 erhielt ich aus Athen einen Auf-
satz über eine angeblich antike Schale und durch
Vermittelung des Verfassers ein photographisches
Negativ, nach dem eine vergrößerte Abbildung in
Heliogravüre gemacht werden sollte. Die Kleinheit
der Darstellung (7 cm Durchmesser) und die Be-
schaffenheit des Negativs gestatteten indessen die
Herstellung einer guten Heliogravüre nicht, es wurde
dafür eine Autotypie angefertigt, die den Ansprüchen
 
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