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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 6.1895

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https://doi.org/10.11588/diglit.5782#0074

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Bücherschau. — Kunstblätter.

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tisch wenig anziehende Material auch noch schwer
erreichbar ist.

Der Verfasser hat in den Jahren 1888 bis 1890
Salonik und den Berg Athos, Athen und Griechen-
land, Konstantinopel und dessen weitere Umgebung,
die Westküste und die Inseln Kleinasiens, Trape-
zunt und den Kaukasus, endlich Moskau und Peters-
burg bereist und sich so einen Überblick über den
Denkmälervorrat der byzantinischen Kunst zu ver-
schaffen gesucht. Seither hat er begonnen, sein
Material, dessen wertvollster Bestandteil ca. 700
photographische Aufnahmen bilden, monographisch
zu bearbeiten. Außer einer Reihe größerer und klei-
nerer Aufsätze, die man in Fußnoten zum Vorwort
der beiden ersten Bände seiner , Byzantinischen Denk-
mäler" citirt findet, hat er in diesem letzteren zwei
Denkmälergruppen zusammengefasst, die geeignet
sind, klares Licht auf Entstehung und Verlauf der
byzantinischen Kunst zu werfen.

Im ersten Bande führt der Verfasser eine ar-
menische Evangelienhandschrift des Araratklosters
Etschmiadzin vor, die, im Jahre 989 geschrieben,
mit Elfenbeinschnitzereien und Miniaturen geschmückt
ist, welche in Ermangelung eigener künstlerischer
Leistungsfähigkeit älteren griechischen und syrischen
Handschriften entnommen sind. An der Hand der
Vergleichung der Typen, in denen die biblischen
Seenen dargestellt sind, gelangt der Verfasser zu
dem Resultate, dass wir es in den Elfenbeindeckeln
mit Erzeugnissen der ravennatischen, in den Minia-
turen mit den Schöpfungen der syrischen Kunst-
schule der ersten Hälfte des 6. Jahrhunderts zu
thun haben. Die Untersuchung giebt Gelegenheit,
die Beziehungen der einzelnen Kunstkreise zu einan-
der zu beleuchten und gewinnt an Fülle durch die
in zwei Anhängen vorgeführten Cimelien: zwei sy-
rischen Goldenkolpien des kais. ottomanischen Mu-
seums in Konstantinopel und einem enkaustischen
Gemälde der geistlichen Akademie zu Kiew, welches
im 7. Jahrhundert in Ägypten entstanden, einen
wertvollen Beleg für den Fortbestand jener Technik
liefert, die wir an den in den letzten Jahren im
Faijüm gemachten Funden so sehr bewundern ge-
lernt haben. — Dieser erste Band der Byzantinischen
Denkmäler ist ohne die Anhänge auch in neuarme-
nischer Ubersetzung erschienen.

Hat diese Denkmälergruppe Anlass gegeben,
die Quellen der byzantinischen Kunst auf dem Ge-
biete der Plastik und Malerei zu untersuchen, so
liefert der zweite Band insofern eine Ergänzung
hierzu, als er dieselbe Frage auch bezüglich der

Architektur berührt. Der Hauptwert dieses Bandes
aber wird darin zu suchen sein, dass in ihm,
wenn auch auf dem engbegrenzten Gebiete des
Wasserbaues, der erste Versuch gemacht ist, die
Entwickelung der byzantinischen Architektur durch
die 1000 Jahre ihres Bestandes auf gesicherter,
aus den Denkmälern selbst und den historischen
Nachrichten über sie sprechenden Gesichtspunkten
zu fixiren. Eine günstige Gelegenheit, das Zusam-
mentreffen des Verfassers mit einem Techniker, dem
Aachener Professor Ph. Forchheimer, gab Veran-
lassung zur gemeinsamen Arbeit. Dieselbe gliedert
sich klar in Einleitung, Materialkatalog und tech-
nische bezw. historische Untersuchung. Den Haupt-
raum beansprucht natürlich die letztere. Strzy-
gowski giebt darin Auskunft über den syro-ägyp-
tischen Ursprung des ganzen Systems und legt dessen
Entwickelungsgang in alt-, mittel- und spätbyzan-
tinischer Zeit und deren nach den Dynastien geord-
neten Unterabteilungen dar. Wir erwähnen als
wesentlich die leitende Rolle, welche die Änderung
der Kapitellformen für die Statuirung der einzelnen
Entwickelungsphasen spielt. Der Band schließt mit
den Worten: „Möge eine billige Aufnahme dieses
ersten Versuches einer systematischen Durcharbei-
tung der byzantinischen Denkmäler dem Heraus-
geber die Aufmunterung bringen, deren er so sehr
bedürftig ist". Als nächstes Ziel ist eine ähnliche
Darlegung der Entwickelung der byzantinischen
Kirchenarchitektur ins Auge gefasst. pp.

KUNSTBLÄTTER.

Neue englische Radirungen und Kupferstiche. Der
kosmopolitische Charakter der modernen Kunst vermag kaum
besser erläutert werden, als durch eine vorliegende Reihe
neuer Radirungen und Kupferstiche, welche als Früchte
einer im allgemeinen ziemlich unproduktiven Saison anzu-
sehen sind. Man sollte meinen — wenigstens a priori —
dass es vorteilhafter für den englischen Kupferstecher' sei,
einen englischen Maler zu übersetzen, und für den franzö-
sischen Künstler, sich an ein französisches Vorbild zu halten.
Diese Ansicht scheint aber in der modernen Kunst durchaus
nicht am Platze zu sein, denn Brunet-Debaines hat es vor-
gezogen, die Werke von Peter Graham wiederzugeben, Gau-
jean diejenigen von Mr. Dendy Sadler, und Mr. J. B. Pratt
übertrug Rosa Bonheur. In früheren Jahren konnte es als
Ausnahme gelten, wenn ein britischer Radirer oder Kupfer-
stecher fremde Bilder in seine eigne Sprache übersetzte. —
Um der Wahrheit die Ehre zu geben, muss sofort bekannt
werden, dass die englischen Künstler, trotz einzelner guter
Platten, von den Ausländern geschlagen wurden. Es ist
nicht möglich, einen englischen Radirer zu bezeichnen, der
Gaujean erreichte, und ebenso übertraf die kleine brillante
Radirung nach Franz Hals, von dem Holländer Tcke, die
übrigen hiesigen Neuerscheinungen. Dies Werk (Obach &
Comp.) ist eine Reproduktion des berühmten „Willem van
 
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