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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 6.1895

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https://doi.org/10.11588/diglit.5782#0075

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137

Kunstblätter.

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Heythuysen" der Brüsseler Galerie, und vielleicht das Meister-
stück unter den kleineren Bildern von Franz Hals. Eine gute
alte Kopie dieses Werkes wurde im vorigen Jahre in der
Mildniay-Auktion verkauft. Das Bild stellt van Heythuysen
im Reitanzuge dar, auf einem Stuhle sitzend und die Reit-
peitsche in beiden Händen haltend. Das große Staatsporträt
derselben Persönlichkeit in der Liechtenstein-Galerie in Wien
radirte bekanntlich vor einigen Jahren Unger mit gleichem Er-
folg. Ein anderer holländischer Radirer, Professor Dake, hat
Rembrandt's „Syndici" in kleinerem Maßstab als Koepping's
Blatt sorgsam und kraftvoll übertragen. Ebenso hat jener
Künstler eine gute Radirung nach Josef Israels' Bild ,,Die
Rückkehr der Boote erwartend" geliefert. Beide Blätter
erschienen bei H. C. Dickins in Regent-Street. — Eine der
populärsten Platten der Saison wird Mr. Brunet-Dabaines'
Radirung sein, welche Peter Graham's akademisches Ge-
mälde von 1891, „Morgennebel im Hochlande" wieder-
giebt. Die fernen Berge sind halb im Nebel verhüllt und
das Ganze ist scheinbar leicht mit spielender Nadel hinge-
worfen, dennoch aber im Detail mühsam durchgeführt. Seit
langer Zeit ist wohl kein besseres Werk als das vorliegende
von Agnew herausgegeben. Die Kunsthandlung von Tooth
hat eine sehr fleißige und zarte Radirung nach einem Werke
von Orchardson veröffentlicht, das unter dem Namen „Die
erste Wolke im Ehestande", bekannt ist. Obgleich das
Sujet nicht gerade übermäßig ansprechend genannt werden
kann, so ist es doch als Typus der Kunstbethätigung
Orchardson's interessant, und zwar um so mehr, da Masse
es mit so bewundernswerter Technik radirt hat, dass es
schwer fallen dürfte, ihn in diesem Punkte zu schlagen. Die
Kunstfertigkeit, mit der einige französische Radirer die
Werke englischer Landsschaftsmaler wiedergegeben haben, ist
abermals bemerkbar in zwei bei Mr. Tooth herausgekom-
menen Blättern. Boulard, ein Radirer, dessen Name noch
nicht zu bekannt in England ist, hat das Bild „Eine Wasser-
straße" von David Murray, und Chauvel den „Surrey
Fichtenwald" von Mr. Leader in einer Weise wiedergegeben,
die nur Lob verdient. Mr. Murray's Bild, welches sympa-
thischen und poetischen Reiz besitzt, wurde, obgleich es
sehr populär ist, dennoch erst einmal in Schwarz und Weiß
übertragen. Boulard hat eine sichere Nadel, und seine
Fähigkeit, Harmonie über ein Kunstwerk zu verbreiten,
spricht sich hier eklatant aus. Unter Meissonier's zahl-
reichen Napoleonischen Sujets befindet sich auch das an-
ziehende Bild „Die Generale im Schnee", und dies ist in-
sofern besonders interessant, als es zeigt, welchen Reiz
selbst ein einfacher Vorwurf durch die Hand eines Meisters
erlangen kann. Wir finden im Vordergründe einer im
Sturm bewegten Landschaft, zwischen Eis und Schnee eine
Reitergruppe, zwei Husaren, deren jeder noch ein zweites
Pferd hält. Die rekognoscirenden Offiziere sind abgestiegen
und versuchen von der steilen und schroffen Höhe eines
Felsens, welcher die ganze Gegend dominirt, die Stellung
des Feindes zu erspähen. Dieses an und für sich schon
gefahrvolle Vorhaben wird durch den rasenden und toben-
den Sturm erhöht, der die zitternden, reiterlosen Pferde er-
schaudern lässt. Die geätzte Reproduktion dieses außerordent-
lichen Bildes ist in jeder Beziehung des Originals würdig.
M. E. Boilvin hat mit viel Empfindung und Ausdruck die
wildbewegte Atmosphäre wiedergegeben, ebenso den düstern
schneebeladenen Himmel, den trostlosen Anblick der ent-
laubten Bäume, das Gefühl der furchtbaren Kälte, die Farbe
und Textur des Schnees, so dass der Phantasie alle Thore
geöffnet werden. Außer Tooth in London zeigt sich die
Kunsthandlung von Frost & Recd in Bristol sehr rührig in

1 der Publikation von Kupferstichen und Radirungen. So hat
Gaujean für letztere eine vorzügliche Radirung nach Mr.
Dendy Sadler's Gemälde „Theeklatsch" geliefert. Ja, es ist
diesem Künstler sogar gelungen, den leisen Anklang von
Vulgarität, den Sadler's komische Bilder bisweilen an sich
haben, in der Übertragung aufzuheben. Von Mezzotintos
ist nur die Originalarbeit einer Landschaft von John Finnie
erwähnenswert, die zwar geschickt komponirt, in der Haupt-
sache aber zu schwer und dunkel gehalten ist, um erhöhten
Reiz auszuüben. Dagegen hat die obige Firma eine vor-
züglich gelungene Photogravüre von Carter's sehr beliebtem
akademischen Bilde „Ein Signal vom Leuchtturm" herstellen
lassen. Mr. Pratt's kompetente Hand übertrug Rosa Bon-
heur^s „Nach dem Sturme im Hochlande". Das vorliegende
Werk ist eine Kombination von Atzung und Punktirmanier,
und wenn auch diese Methode keine sehr künstlerische ist, so
erfüllt sie doch ausgezeichnet ihren Zweck, wo es sich, wie
hier, darum handelt, große Tiergruppen wiederzugeben.
James Dobie hat eine verdienstvolle Radirung nach dem
komischen Bilde Dendy Sadler's „Aus unserer Jugendzeit"
geliefert, und endlich hat Auguste Blanchard das bekannte
Bild Alma Tadema's „Eine Widmung für Bacchus" in Linien-
manier übersetzt. Der greise Künstler hat seine schwie-
rige Aufgabe in einer Weise gelöst, die seines bedeutenden
Rufes würdig ist. Die transparente Atmosphäre, das Meer,
die Bacchantinnen und Musiker sind im Geiste Alma Tadema's
und mit großer Treue aufgefasst. Sämtliche letztgenannten
drei Werke erschienen bei Lefevre in London. — Ein
junger, zu den besten Hoffnungen berechtigender Kupfer-
stecher, Mr. H. Lemon, hat Solomon's „Kassandra" recht
gelungen in Linienmanier im Auftrage von Cadbury, Jones
& Co. hergestellt. — Unter den anderen neuen Radirungen
befindet sich eine, welche noch zur weiteren Vervollstän-
digung der Meissonier-Serie beiträgt. Das ist Mr. Kratke's
Platte nach des Meisters „Solferino" im Luxembourg. Nie-
mand verlangt für dies offizielle Staatsbild einen hohen
Platz unter den Werken Meissonier's, denn es trägt zu sehr
den Stempel eines bestellten Bildes auf der Stirn, in wel-
chem einige Dutzend Generale und Prinzen für ihre Por-
trätsModcll stehen. Diesem Gemälde mangelt vollkommen die
stolze Kraft, welche andere Werken des großen französischen
Meisters auszeichnen. Mr. Kratke hat in diesem Falle ge-
than, was er konnte, aber Unmögliches kann niemand von
ihm verlangen. Die Verleger sind Boussod, Valadon & Co.
— Mr. Francis Walker giebt uns nach seinem eignen Bilde
eine Originalradirung von Shakespeare's Haus in Strafford,
vom Garten aus gesehen, ein Sujet, das wohl auch außer-
halb Englands nicht ohne Interesse betrachtet wird. Die
Kunsthandlung von Lucas hat das hübsche, poetisch ge-
haltene Blatt herausgegeben. Eine schöne Vermehrung zu
der Liste der Reproduktionen nach Romney, deren Nach-
frage bei Lebzeiten des Meisters nur gering war,'aber zur
Zeit ungemein wächst, ist in Mezzotinto nach dem berühm-
ten Porträt von „Charlotte Clive" durch Mr. Wehrschmidt
geschaffen. Auf der akademischen Ausstellung im Jahre
1892 erregte das Gemälde die allgemeinste Bewunderung,
denn es giebt wenig Romney's, die schöner, würdevoller,
oder lieblicher sind als dieses hier. Namentlich ist die
Komposition wohl diejenige, die Romney von all seinen
Gemälden am besten gelang, und hat sich der Stecher voll-
kommen zu der Höhe des Originals aufgeschwungen und
sich bei dieser Gelegenheit als ein Meister ersten Ranges in
seinem Fache bewiesen. (Herausgeber: Colnaghi & Comp.)
Die „Art-Union" traf ebenso wie im vorigen, auch in
diesem Jahre eine ausgezeichnete Wahl in dem für ihre
 
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