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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 6.1895

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https://doi.org/10.11588/diglit.5782#0115

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Sammlungen und Auastellungen.

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will Ich daher einen bleibenden Ehrenschmuck für Meine
Haupt- und Residenzstadt Berlin stiften, welcher die Ent-
wickelung der vaterländischen Geschichte von der Begrün-
dung der Mark Brandenburg bis zur Wiederaufrichtung des
Reichs darstellen soll. Mein Plan geht dahin, in der Sieges-
allee die Marmorstandbilder der Fürsten Brandenburgs und
Preußens, beginnend mit dem Markgrafen Albrecht dem
Bären und schließend mit dem Kaiser und König Wilhelm L,
und neben ihnen die Bildwerke je eines, für seine Zeit be-
sonders charakteristischen Mannes, sei er Soldat, Staatsmann
oder Bürger, in fortlaufender Reihe errichten zu lassen. Die
Kosten der Gesamtausführung will ich auf Meine Schatulle
übernehmen. Indem Ich Mir die weiteren Bestimmungen
vorbehalte, freue Ich Mich, dem Magistrat und den Stadt-
verordneten an Meinem heutigen Geburtstag Kenntnis zu
geben.

Berlin, den 27. Januar 1895.

Wilhelm R.

SAMMLUNGEN UND AUSSTELLUNGEN.

%* An der diesjährigen großen Berliner Kunstausstel-
lung werden sich auch die Münchner Sezessionisten unter
den vor zwei Jahren gewährten Bedingungen — eigene Jury
und eigene Räume — beteiligen.

%* An der internationalen Kunstausstellung in Venedig
können sich auch nicht direkt eingeladene Künstler betei-
ligen. Aus ihren Einsendungen sollen aber nur 200 Werke
ausgewählt werden. Die hierfür erforderlichen Anmelde-
zettel sind von dem Schriftführer des Ausstellungskomitees,
Professor Antonio Fradeletto (Venedig, Municipio) zu haben
und sind ausgefüllt sobald als möglich, spätestens bis An-
fang Februar, wieder einzusenden.

%* Die Künstlergenossensckaft in Stuttgart hat be-
schlossen, im Sommer 1S96 eine große internationale Kunst-
ausstellung zu veranstalten.

A. R. Dem verstorbenen ersten Präsidenten der Mün-
chener „Sex£ssion", Bruno Piglhein, hat nicht München, son-
dern die Direktion der Berliner Nationalgalerie eine Ehrung
in großem Stile dargebracht. Die Münchener Sezessionisten
haben zwar einiges gethan, indem sie dem Katalog ihrer
vorjährigen zweiten Ausstellung eine Reproduktion des „Mo-
ritur in Deo" vorausschickten und etwa ein halbes Dutzend
Bilder aus Piglheins Nachlass, die gerade zu haben waren,
ausstellten. Im Grunde genommen war er auch nicht ein
Mann nach dem Herzen der Sezessionisten, obwohl er, wie
einer seiner Leichenredner behauptet hat, in den letzten
Jahren seines Lebens mit der Absicht umgegangen ist,
seinen Stil zu ändern und zu einer größeren Unabhängig-
keit des Ausdrucks, d. h. zu der leichtfertigen Mache
der naturalistischen Skizzenfabrikanten hinabzusteigen. Er
ist, wenn er es wirklich wollte, nicht dazu gekommen,
und so steht das Bild seiner künstlerischen Persönlichkeit
vor uns geschlossen da. Dass gerade die Direktion der
Berliner Nationalgalerie es übernommen hat, dieses Bild
festzustellen, erklärt sich daraus, dass jenes Werk Piglheins,
das seinen Ruf begründet hat — „Moritur in Deo", der Hei-
land am Kreuz, der von einem Engel getröstet wird — als
Geschenk des Geh. Kommerzienrats Krupp an den Kaiser in den
Besitz der Nationalgalerie gekommen ist Es wird die Erinne-
rung an Piglhein am längsten lebendig erhalten; denn das an-
dere Hauptwerk seines Lebens, das Panorama der Kreuzigung
Christi, ist im April 1892 in Wien durch Brand zu Grunde ge-
gangen und nur noch in einem Entwurf enthalten. — Der Katalog
der Piglhein-Ausstellung, dem Prof. von Donop ein Lebens-

bild des Verstorbenen voraufgeschickt hat, enthält nur 75
Nummern, von denen 43 verkäuflich sind. Daraus ist nicht
etwa zu schließen, dass es Piglhein hat an Studienfleiß und
Arbeitsamkeit fehlen lassen. Ein Teil seiner Lehrjahre ging
darauf, weil er anfangs Bildhauer werden wollte und sich
als solcher auch bis zu Anfang seiner zwanziger Jahre weid-
lich quälte, um vorwärts zu kommen. Dann entschied er
sich erst, unter dem Eindruck einer italienischen Reise, für
die Malerei, und auch in dieser Kunst hatte er noch Schwan-
kungen durchzumachen, ehe er zu einer Offenbarung seines
eigenen Wesens kam. In seinen ersten Werken kreuzen sich
verschiedene Einflüsse: das Kniestück einer Holländerin ist
ganz in der derben Art des Frans Hals gemalt, ein Selbst-
bildnis vom Jahre 1874 hat im Tone viel von der Feinheit
des Velazquez, in dem Entwürfe zu einem Bacchanal be-
gegnen uns die gebrochenen, müden Töne, die wir aus
Makarts Abundantiabildern kennen, und in zwei großen
figurenreichen Kompositionen für dekorative Zwecke, Grup-
pen von Bildnisfiguren in den Trachten des 16. und 17.
Jahrhunderts, „Familienglück" betitelt, suchte Piglhein die
durch das Studium Tizians, Frans Hals' und Makarts ge-
wonnenen Eindrücke zu verschmelzen. In den melancholi-
schen Strandlandschaften „Centauren am Meer" und „Cen-
taurenpaar am Meeresstrande" zeigen sich die von Feuer-
bach und Böcklin empfangenen Einflüsse, aber doch schon
in jener eigenartigen Durchbildung des Kolorits, die sich in
dem sterbenden Christus am Kreuz, mehr noch aber in dem
gewaltigen Panorama der Kreuzigung Christi zu voller Reife
entwickeln sollte. Diese ernst gestimmte, fast elegische
Art der Färbung behielt er auch später für religiöse Dar-
stellungen z. B. für die 1889 gemalte Grablegung Christi in
der Neuen Pinakothek zu München und für eine nicht über
den Ölentwurf hinausgekommene Flucht nach Ägypten bei.
Auch das große Bild des blinden, durch ein Mohnfeld schrei-
tenden, syrischen Mädchens, das nach Nordamerika verkauft
worden ist, während der farbigere Entwurf in den Besitz
der Neuen Pinakothek gelangt ist, ist auf diesen ernsten
Ton gestimmt. Wie leicht ihm aber auch der Ausdruck
vollster Farbigkeit war, zeigen die prächtigen Studien nach
Nubiern und Nubierinnen, die er in München während des
dortigen Aufenthalts einer Nubiertruppe gemalt hat, vor
allem aber seine Damenbildnisse, seine Kinderbildnisse in
Ol und Pastell, die Figuren einer sitzenden, halbnackten
Schwerttänzerin und die in der Modellirung meisterhaften
Pastellzeichnungen der im Grase ruhenden nackten Nymphe,
die mit einem Schmetterlinge tändelt, und der Rückenan-
sicht eines nackten, weiblichen Modells „Im Atelier". Auch
die ersten Pastellzeichnungen sind nicht ganz von fremden
Einflüssen, besonders von französischen frei. Einige der
weiblichen Studienköpfe und Figuren atmen sogar einen ge-
wissen Patschuliduft, der nicht nach jedermanns Geschmack
ist. Auch gehört es zu Piglheins minder erfreulichen Eigen-
tümlichkeiten, dass er seinen Kinderfiguren und seinen Bild-
nissen einen müden, fast blasirten Zug zu geben pflegte. Eine
weiche, für alle Eindrücke empfängliche Natur, gab er sich
allen neuen Erscheinungen der modernen Kunst williger hin,
als es seiner Eigenart dienlich war. Ein Interieur, ein jun-
ges Mädchen im Maleratelier, erinnert sogar ganz an die
Lichteffekte, die Piglheins Schüler Josef Block in den letzten
Jahren zum Hauptgegenstande seiner Studien gemacht hat.
So kam es, dass Piglhein eigentlich nur selten, am meisten
noch in dem untergegangenen Rundbilde, zur vollen Ent-
faltung seiner reichen natürlichen Gaben gekommen ist.

Dresden. Die Hofkunsthandlung von E. Arnold (A. Gut-
bier) hat eine Ausstellung von Bildern moderner holländischer
 
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