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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 6.1895

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Schölermann, Wilhelm: Die internationale Ausstellung des Hamburger Kunstvereins
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https://doi.org/10.11588/diglit.5782#0209

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Die internationale Ausstellung des Hamburger Kunstvereins.

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zu hell gehalten. Das ist kein Mondschein. Man
soll dem Publikum nicht derartige Unwahrheiten
vormachen. Das ist eine einfache Regenstimmung
mit stürmischer Luft bei Tage, aber kein Nacbtbild.

Der „Hofmaler" Carl Saltzmann gehört nicht
zu den ganz feinsinnigen Künstlern, aber er ist in
der Wahl der Motive praktisch und weiß doch
immer eine respektable Wirkung zu erreichen.
Zeichnung ist die Hauptsache. Seine „Ubergabe der
dänischen Linienschiffe „Christian VIII." und „Ge-
fion" an die deutschen Strandbatterien bei Eckern-
förde" imponirt durch die kräftige Art und den
frischen Windhauch, der aus dem Bilde herausweht.
Er hat es nicht ungeschickt verstanden, den un-
gleichen Kampf der kleinen Heldenschar in den
beiden winzigen Strandbatterien mit den großen
Schiffen zu veranschaulichen. Saltzmann „patrio-
tisirt" gut, innerhalb der erlaubten Grenzen, und zog
mich, als Holsteiner, natürlich doppelt an. Aber
auch abgesehen davon, rein künstlerisch, hat das
große Gemälde seine vortrefflichen Qualitäten.

Max Liebermann ist mit drei Gemälden und
einer Reihe von Radirungen und Zeichnungen er-
schienen. Liebermann rechnet die neue Schule
bereits zu dem Überwundenen. So schnell geht das
jetzt! Solche Hast kleidet nicht gut. Immer wird
er ein Eckpfeiler sein, und von ihm datirt eine Be-
wegung, die andere, „Schnellauffassende", vielleicht
auch Geschicktere, aufgegriffen und ausgearbeitet
haben. Aber die causa movens soll man darüber
nicht gering schätzen, und sie auch dann noch ehren,
wenn man, mit ihrer Hilfe, sich über sie hinweg-
geschwungen hat. Das mögen die Neuesten nicht
vergessen!

Einer von den geschickten „Vermittlern", der
es dadurch mit den Heißspornen zeitweilig ganz
verdarb, ist Hugo Vogel. Aber sein Porträt des
Hamburger Bürgermeisters Versmann gehört zu den
vielen alten Bekannten auf dieser Ausstellung, welche
ich deshalb übergehen zu können glaube, weil sie
schon oft von Freund und Feind gründlich durch-
gehechelt worden sind.

Bei Menzel fällt mir immer Klinger's geniale
Radirung ein. Er ist ein Fels, der sich herab-
drückend auf die Übermütigen legt, wenn sie über
die Schranken gehen wollen. Die National-Gallerie
hat der Hamburger Kunsthalle einen Teil der mir
von früher her bekannten Blätter aus dem Hand-
zeichnungen-Kabinett für die Dauer der Ausstellung
überlassen. Sie sind aus einer Mappe, „Das Kinder-
album" genannt, mit Genehmigung des Kaisers ge-

liehen und jedes Blättchen davon stellt den Wert
von — 1000 Mark dar. Für vierzigtausend Mark
Material zum Studiren.

Mit Menzel möchte ich die Berliner abschließen,
um zu den Münchenern überzugehen. Sie figuriren
gut, aber man merkt, dass sie ihre Hauptkräfte
wohlweislich für die eigenen Ausstellungen und für
Berlin reservirten. Julius Adam, August Dieffenbacher,
Otto Eckmann, Julius Exter, Carl Hartmann, Ku-
bierschlcy, Meyer-Basel, Rene Reiniclcc (Tuschzeich-
nungen), Strützel, Franz Stuck (.Kreuzigung" und
Pastelle), Victor Thomas, Walther Thor, Joseph Weng-
lein und Wilhelm Trübner. Letzterer mit interessanten
und höchst verzwickten Menschenknäueln: „Giganten-
schlacht" und „Kampf der Lapithen und Centauren",
worin sein starkes Compositionstalent frei sich be-
wegen kann.

Unter den andern deutschen Künstlern fand ich
Hans Thoma, Claus Meyer, Leopold von Kalchreuth, von
den jüngst Dahingegangenen: Hermann Baisch, Chr.
Ludwig Bokelmann, Bruno Piglhcin; zu ihnen ge-
sellte sich ein Klassiker, der früh geehrte und früh
vergessene: Anselm Feuerbach. Seine „Orpheus und
Eurydice" haben unter all' der modernen Gesell-
schaft etwas Sphinxartiges an sich, aus ihnen tönen
klagende Weisen, wie aus fernen, fernen Zeiten zu
uns herüber. — Wer übrigens klassische Formen in
lebendigster Anmut sehen, wer die Linien weib-
licher Schönheit bis in die Nuancen verfolgen will,
die Modulationen des Fleisches, der gönne sich eine
ruhige halbe Stunde ungestörter Vertiefung vor den
„Drei Grazien" des Dresdeners: Paul Kießling.

Die Düsseldorfer haben meist ältere Sachen ge-
schickt, wie Arthur Kampf mit seinem „Todeskuss".
Unter den Landschaftern vermisste ich schmerzlich
Olaf Jernberg, der sich hier gewiss ganz wohl gefühlt
haben würde.

Von den Ausländern sind die Dänen numerisch
stark und qualitativ auch besser vertreten, als im
Vorjahr. Ich traf Namen wie Peter Severin Kröger,
L. Tuxen, Julius Paulsen, Nils Mols, Carl Heisted,
Michael Ancher, Henrik Jespersen und andere. Als
brillante Studie in Freilichtwirkung fiel mir der im
frischen Grase liegende „Dänische Student" von
Waldemar Irminger auf.

Die Belgier sind durch Franz von Leemputten
und die Holländer durch einen der drei Brüder
Maris, den Landschafter Wilhelm Maris vertreten.

Von London haben sich James Whistler und Walter
Grane beteiligt. Man muss diesen inventor of wael-
I paper-designs auch als ein Ganzes, nicht an einem
 
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