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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 6.1895

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409

Kunstlitteratur. — Preisverteilungen,

— Sammlungen und Ausstellungen.

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Gymnasium die Festung einer verknöcherten, dem Ideale
gleichwie dem Zusammenhange mit den Bedürfnissen ent-
rückten Scholastik, — wird er da nicht als Banausos ver-
schrieen werden? Heim will in der Schule das kalligraphische
Zeichnen vom orthographischen abgelöst sehen, — das hat
jeder freidenkende, nicht verzopfte Lehrer längst gethan.
Gewiss soll auf das Zeichnen nach der Natur mehr Gewicht
gelegt werden, als die Lehrpläne in ihrem Wortlaute ge-
statten, obwohl sich im Rahmen derselben — wenigstens des
österreichischen für Realschulen und Gymnasien — bei einer
einsichtigen Fachinspektion, die wir glücklicherweise im
Interesse des Gegenstandes besitzen, dem genug Rechnung
tragen lässt. — Dass unter einem einseitig verknöcherten
Pädagogen auch der beste Lehrplan — in jeder Disziplin —
zum „Massenmorde des Talentes und der Natürlichkeit", um
mit Hirth zu sprechen, missbraucht werden kann, weiß auch
unsere Unterrichtsverwaltung längst, und sie hat durch
strenge Weisungen überall Directiven gegeben. Dem Autor
des Vortrages wird zu viel Ornament und Gipsabguss im
Schulzeichnen getrieben. Halb und halb hat er recht: die
ewigen Stilisirungen von Blättern und Blüten, besonders
der leidige Akanthusfetisch sind nur zu häufig Sterilisirun-
gen guter Anlagen und Talente. „Der Zeichenunterricht für
den Menschen überhaupt soll ganz anders sein, als der-
jenige an einer Kunstschule". Der Satz ist auch mit einer
kleinen Umstellung noch richtig: „Der Zeichenunterricht
an Kunstschulen soll für Menschen sein". Vom bloß kalli-
graphischen Arbeiten sehen auch wir gänzlich ab. Dass aber
die geometrischen Prinzipien der Ornamentirung, frühzeitig
an guten und interessanten Beispielen gelehrt und mit Strenge
gehandhabt, dem ganzen Wesen des Schülers den Begriff
von Ordnung und Harmonie beibringen — auf denen auch
alle Kunst beruht — dass die jungen Leute Maßhalten und
Raumeinteilung lernen, ist gewiss, und diese Erfolge kom-
men ihnen für jeden anderen Gegenstand auch noch zu statten.
Mrj6dQ dyrju>ijiizQTjXOq slaixa). Das alles lässt sich aber auch
im engsten Anschlüsse an die Natur üben, d. h. man bringe
Naturformen, die auf geometrischen Gesetzen und Grund-
formen basiren, Blätter und Blüten, Krystallkörper, Mu-
scheln etc. etc., an denen die geometrischen Gesetze studirt
und zugleich der Naturbeobachtung Rechnung getragen
werden kann. Dass man dabei, namentlich mit den besseren
Schülern, nicht zu ängstlich zu sein braucht, versteht sich von
selbst: die Jugend ist- gewöhnlich reifer, als das Alter gerne
glaubt. Von der ersten Stufe an individualisiren ist Grund-
bedingung jedes gedeihlichen Unterrichtes in jeder Disziplin,
— über einen Kamm scheren führt zur Langweile. „Tm Zeich-
nen liegt der wohlthätige moralische Zwang, bewusst zu
sehen, darum ist das Zeichnen die Schule des Sehens ....
Wir bedürfen dieser Schule dringend, um uns aus einer
schon bedeutenden Entwertung des Blickes wieder zu er-
heben . . . Das Zeichnen ist eine Weltsprache, die manche
Dinge besser sagen kann, als jede andere Sprache, und
deren wir immer reichlicher bedürfen. Möge eine einsich-
tige Reform nicht nur das Zeichnen, sondern vorerst dessen
Grundlage, das Sehenlernen berücksichtigen und die Be-
obachtungsgabe unserer Jugend heben zum Segen künftiger
Geschlechter". Wir empfehlen die lehrreiche, goldene
Schrift jedem Fachmanne, der sich nicht den Vorwurf der
Indolenz machen lassen will, zu eingehendem Studium und
zur weitesten Verbreitung in den Reihen maßgebender
Freunde und Gegner des Zeichenunterrichtes an Gymnasien.

RÜD. BOOK.

KUNSTLITTERATUR.

Geschichte der Baukunst in Mähren. Der mährische
Landtag hat dem Architekten und o. ö. Professor an der
technischen Hochschule in Wien, August Prokop, eine Sub-
vention von 5000 fl. als Beitrag zu den Kosten der Heraus-
gabe eines Werkes über die Geschichte der Baukunst Mäh-
rens gewährt. In dem interessanten Berichte des Finanz-
komitee's (erstattet von Dr. Zacek) heißt es unter anderem:
Es ist begreiflich, dass ein so kostspieliges wie das vor-
liegende Werk überhaupt nur bei ausgiebiger Unterstützung
maßgebender Faktoren herausgegeben werden kann. Der
Verfasser hat dieser Arbeit mehr als 17 Jahre gewidmet;
das Werk wird auch dem Lande Mähren zu Nutzen und
zur Ehre gereichen. — Der Beschluss wurde sowohl seitens
des Finanzausschusses als auch vom Landtage einstimmig
gefasst. Die Gesamtkosten der Herausgabe des Werkes be-
ziffern sich auf rund 32 000 fl. Exc. Freiherr v. Chlumetzky,
der dem Unternehmen die größte Sympathie entgegenbringt,
hat sich als mährischer Landtagsabgeordneter sowohl beim
Ausschusse als auch beim Landtage für die Gewährung einer
entsprechenden Subvention wärmstens eingesetzt. Die Heraus-
gabe des Werkes hängt aber noch von einer genügenden
Unterstützung auch seitens des Staates ab, der, wie wohl
nicht anders zu erwarten, dem glänzenden Beispiele des
mährischen Landtages bald folgen dürfte.

PREISAUSSCHREIBEN.

Neues Museum in Kairo. An dem von uns seinerzeit
gemeldeten, von der ägyptischen Regierung ausgeschriebenen
Konkurse für den Bau des neuen Museums haben sich Archi-
tekten aller Länder beteiligt. Die von der Regierung er-
nannte Jury besteht aus den Delegirten der Großmächte in
der ägyptischen Schuldenverwaltung, aus sieben Mitgliedern
der archäologischen Kommission und vier in ägyptischen
Staatsdiensten stehenden Architekten. Den Vorsitz der Jury
führt der ägyptische Unterrichtsminister Fakir Pascha. Der
erste Preis in diesem Konkurse beträgt 15 000 Francs, die
vier folgenden Preise beziffern sich zusammen auf 10 400
Francs. Der Konkurs ist am 1. März 1895 geschlossen.
In dem neu zu erbauenden Museum werden die gegenwärtig
im Haremspalaste von Gizeh ausgestellten Altertümer unter-
gebracht werden. —:—

SAMMLUNGEN UND AUSSTELLUNGEN.

0 Berliner Jubiläums - Kunstausstellung 1896. Die
Kaiserin Friedrich hat das Ehrenpräsidium der Ausstellung,
Kaiser Wilhelm II. das Protektorat über sie übernommen.

0 Auf der großen Berliner Kunstausstellung hat der
Kaiser folgende Ölgemälde angekauft: Die Insel Philae von
Ernst Körner, Im Treiben von Riehard Friese und Frischer
Schnee von Adolf Schweitzer in Düsseldorf. — Für das
Schlesische Museum der bildenden Künste in Breslau ist
A. v. Werner's Bild „der Kronprinz auf dem Hofball 1878"
angekauft worden.

*„,* Zur Beschickung der Akademischen Kunstausstellung
in Dresden, welche am 1. September auf die Dauer von
zwei Monaten auf der Brühl'schen Terrasse eröffnet wird,
hat die Ausstellungskommission an etwa 180 Künstler, die
sich in den letzten Jahren auf öffentlichen Ausstellungen der
verschiedenen Kunstrichtungen rühmlich hervorgethan haben,
persönliche Einladungen erlassen. Laut öffentlicher Be-
kanntmachung können sich jedoch auch andere Künstler an
der Ausstellung beteiligen. Umfangreiche Bildhauerarbeiten
 
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