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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 8.1897

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213

Personalnachrichten.

— Preisverteilungen.

214

nannt, als diejenigen Männer, „die kräftig und ernst das
Leben der Gegenwart wiederzuspiegeln suchten". Fontane
und Roquette, die so gar nichts gemein in ihrer Kunst
haben, bloß wegen ihrer Abkunft von den Hugenotten zu-
sammenzustellen, ist denn doch zu gewagt! Denselben
Fehler begeht Schultze in der Zusammenstellung von Johannes
Scherr mit Fr. Th. Vischer — bloß weil sie Schwaben waren!
Ein anderes Exempel. Schultze spricht von Anzengruber
und fügt hinzu: „Seinen Spuren folgten Ganghofer, Rosegger
und l'Arronge in seinen besten Produkten." Das ist nicht
richtig. Rosegger zunächst gehört schon darum nicht hier-
her, weil er nur einen einzigen dramatischen Versuch machte,
der bald verschwand („Am Tage des Gerichts"), er ist kein
Dramatiker; und Ganghofer ist als Dramatiker ein Abkömm-
ling des Münchener Hermann v. Schmidt, der nichts als das
bäuerische Kostüm mit Anzengruber gemein hat; 1'Allonge,
die bürgerliche Philister-Komödie, auf den Dichter des
„Meineidbauer" zurückzuführen, ist bis jetzt noch keinem
Menschen eingefallen. Solcher Beispiele für die mangelhafte
Originalanschauung Schultze's könnten wir noch viele an-
führen. Er folgt seinen paar Autoritäten, und dagegen
wäre am Ende auch nichts einzuwenden, wenn er sich nicht
so schneidig und grob gegen viele offenbar von ihm nicht sehr
genau gelesenen Dichter äußern würde; so zwar, dass man
sich sogar zu einer Verteidigung von Ebers herausgefordert
fühlt. Georg Ebers schlankweg „jegliche warme Unmittel-
barkeit" abzusprechen, geht denn doch nicht an. Er hat in
seinen ersten Werken, z. B. „Homo sum", ein sehr beachtens-
wertes Talent bekundet, und niemals wäre er ohne dieses zu
seinen Erfolgen gekommen! Schultze geht aber freilich auch
über ein Juwel unserer neueren Litteratur wie Scheff'el's
„Ekkehard" mit ein paar Worten rasch hinweg. Seine Fähig-
keit, Dichter, die er sogar verehrt, zu charakterisiren, ist
eben sehr gering. Wenn man über Keller nichts Bezeichnen-
deres zu sagen weiß als: „Der Kern aller seiner Schöpfungen
sind der Mensch und die menschlichen Probleme. Diese
werden mit aller Freiheit und großartiger Kühnheit bis in
die letzten Konsequenzen ausgebaut" — so sind das doch
nur Phrasen. Und von solchen Phrasen wimmelt Schultze's
Buch. Alles, was er über die Ziele und Wege sagt, welche die
Litteratur in Zukunft einzuschlagen hat, gehört in dieses
Genre. — Wir haben uns bei dem litterarischen Teil der
Schrift so lange aufgehalten, weil er im Gegensatz zu der
Ankündigung der Vorrede der größere ist und mehr Material
enthält. Aber in demselben Geiste ist auch Schultze's Uber-
sicht über die Malerei des ablaufenden Jahrhunderts gehalten,
nur ist sie noch viel flüchtiger. Zutreffend, so lange Schultze
sich an seine Vor-Denkor hält, schief und unklar, sobald er
über Meister und Werke aus unmittelbarer Anschauung zu
reden unternimmt. So schreibt er den Satz nieder: „Zweierlei
lehrten freilich die Nazarener (Overbeck, Veit, Führich,
Cornelius, Schnorr u. a.) wieder: „den Sinn für Farbe und
Kolorit und das warme Gefühl zur Kunst". Unmöglich kann
man doch diese Meister gerade als die Bahnbrecher für den
Wiedergewinn des koloristischen Sinnes bezeichnen. In der
historischen Übersicht, welche Schultze über die deutsche
Malerei im 19. J.ahrh. giebt, fehlt jede, auch nur bescheidene
Andeutung von der Existenz der Münchener Realisten und
Koloristen: Piloty und seiner Schüler, Makart u. a. Vielmehr
sagt Schultze: „Der Realismus, den Menzel beginnt, leitet den
Stoff der Malerei in die Gegenwart; der Impressionismus
(Schultze meint damit konsequent die Freilichtmaler, die
Pleinairisten, die doch nicht für identisch mit den Im-
pressionisten erklärt werden dürfen), die letzte große Kunst-
entwicklung bricht dann den Bann der Farbe, er giebt

unserer neuen Kunst eine selbständige Farbenanschauung,
den eigensten Natureindruck." In die Gegenwart haben uns
auch schon die Düsseldorfer Genremaler, dann die Knaus
und Vautier geführt; dazu bedurfte es nicht erst der „Im-
pressionisten". Überraschend ist auch folgende Zusammen-
stellung beim Absatz über das moderne Porträt: „Größer (als
Liebermann) stehen aber in diesem Gebiete Lenbach und
Gabriel Max da" . . . Max gerade als Porträtmaler zu feiern
und mit Lenbach zusammen zu stellen ist etwas kühn; Schultze
empfand es auch leise, denn er fügt sofort hinzu: „beide
freilich sehr verschieden voneinander". Das ist unbestreitbar.
Kurz, um unser Urteil über Schultze's Schrift zusammen-
zufassen: ein fleißiger Leser der vorhandenen kunstkritischen
Schriften vermag sich für seinen Privatgebrauch ein unge-
fähr zutreffendes Bild der Zustände in Kunst und Litteratur
zu schaffen. Wenn jemand aber in einer besonderen Schrift mit
einigen Ansprüchen darauf, respektirt zu werden, hervortritt,
um der Litteratur und Kunst ihre Wege und Ziele zu weisen,
dann muss er doch bekunden, dass er die Kunstwerke selbst
kennen lernte, von denen er spricht. Sonst spricht er nur
Anderen gläubig nach und wiederholt oft Gesagtes, ja es
passirt ihm auch leicht, dass er das gut Gemeinte unglück-
lich zum Ausdruck bringt. M. N—R.

PERSONALNACHRICHTEN.

*** Der spanische Maler Francisco de Pradilla, Direktor
des kgl. Museums in Madrid, ist zum ausländischen Ritter
des preußischen Ordens pour le nierite für Wissenschaften
und Künste ernannt worden.

PREISVERTEILUNGEN.

*»* In dem Wettbewerb um ein Gebäude für den Neubau
der Hochschule für die bildenden Künste und der Hochschule
für Musik in Berlin sind folgende Preise zuerkannt worden:
zwei erste Preise von je 8000 M. den Bauräten Kayser und
von Großheim und dem Regierungsbaumeister Adolf Härtung
in Berlin, zwei zweite Preise von je 5000 M. dem Geh. Bau-
rat Eggert und dem Baurat Franz Schwechten in Berlin, drei
dritte Preise von je 3000 M. dem Prof. S. Neckelmann in
Stuttgart, den Baumeistern Schulz und Schlichting in Berlin
und dem Baurat Th. Unger, den Architekten Heubach und
Th. Schlieben in Hannover, welche letzteren einen gemein-
schaftlich ausgearbeiteten Entwurf eingesandt hatten. Im
Ganzen waren 32 Entwürfe eingegangen.

*„* Der Wettbewerb zur Ergänzung der tanzenden
Mänade im Berliner Museum hat wiederum zu keinem
definitiven Ergebnis geführt, wie aus folgender Kabinetts-
ordre des Kaisers an den Kultusminister hervorgeht: „Die
bei der General-Verwaltung der königlichen Museen von
29 Künstlern und 3 Künstlerinnen rechtzeitig eingelieferten
Konkurrenzarbeiten zur Ergänzung des Torsos einer tanzen-
den Mänade haben die gestellte Aufgabe in vollem Umfange
nicht gelöst, so dass ich den in meinem Erlasse vom 27. Januar
vorigen Jahres aus meiner Schatulle ausgesetzten Preis von
3000 M. nicht habe zuerteilen können. Ich habe aber eine
Verteilung des Preises für die drei besten Arbeiten be-
schlossen und meine Schatullverwaltung angewiesen, den
Bildhauern Hans von Glümcr, Professor Ernst Hcrter und
August Kraus, sämtlich zu Berlin, je 1000 M. zu zahlen.
Zugleich bestimme ich, dass die drei genannten Künstler zu
einer engeren Konkurrenz für dieselbe Aufgabe veranlasst
werden, und behalte ich mir vor, falls aus dieser Konkurrenz
eine völlig befriedigende Arbeit hervorgehen wird, diese
 
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