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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 8.1897

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https://doi.org/10.11588/diglit.5776#0196

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Vereine und Gesellschaften.

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Er ging von Göttingen nach Düsseldorf, lernte dort bei
W. Sohn seine Technik weiter ausbilden, und daneben machte
er seine Stadien am Soldatenleben im Frieden, am liebsten
bei der Kavallerie, aus der er sich wieder Kürassiere und
Ulanen als seine Lieblinge herausholte. Damit ging ein ein-
dringliches Studium des Pferdes in allen Gangarten, in allen
Bewegungen, in allen unvorhergesehenen Zufällen zusammen.
Nur wer den Bau und die Körperbeschaffenheit des Pferdes
so genau und tief ergründet hat, wie es die Pferdestudien
Rocholl's beweisen, der konnte es wagen, sich an die Schil-
derung der gewaltigen Reiterkämpfe des deutsch-franzö-
sischen Krieges, wie z. B. an die berühmten Kavalleriean-
griffe bei Vionville und Mars la Tour heranzumachen, die er
mit einer Bravour, einer glühenden Leidenschaftlichkeit wie-
dergegeben hat, wie es vor ihm nicht einmal Franz Adam
gelungen ist. In unserer Ausstellung ist der Angriff des
2. Hannoverschen Dragonerregiments auf französische Lan-
ciere und Kürassiere dafür ein glänzendes Beispiel. Rocholl's
malerische Darstellung ist breit und kräftig und steigert sich
bisweilen zu höchster koloristischer Wirkung, wobei er eben-
sowohl eine störende Detaillirung als eine billige dekorative
Mache vermeidet. Davor schützen ihn eben seine gründlichen
Naturstudien, die ihm gestatten, dasserauch bei der Ausführung
im Großen stets wahr und lebendig bleibt, niemals in hohle
Rhetorik oder gar in theatermäßiges Pathos verfällt. So
ist z. B. eine Episode aus der Schlacht bei Mars la Tour, wo
der Oberst des 57. Infanterieregiments von Cranach, hoch
zu Ross eine Fahne seines Regiments in der erhobenen Faust
haltend, die Trümmer der 38. Brigade um sich sammelt, um
sie aus der Schlacht zu führen, ein wahrhaft heroischer Hym-
nus auf die preußische Tapferkeit, erschütternd und erhebend
zugleich. Freilich hat man vor allen Rocholl'schen Bildern
die Empfindung, dass der Maler auch bei den von Regi-
mentern bestellten Bildern seinem künstlerischen Tempera-
ment freien Lauf lassen konnte, während seine Berliner Kol-
legen in ähnlichen Fällen durch allerlei kleinliche Bedenken
und kritische Zwischenreden ihrer Auftraggeber an der freien
Entfaltung jeden künstlerischen Schwunges fast immer ge-
hemmt werden. Ist diese koloristische Behandlung dem
Charakter der Bilder großen Stils durchaus angepasst, so
zeigt sich Rocholl in einigen kleinen Reiterbildnissen rhei-
nischer Offiziere auch als eleganten Bildnismaler, der in der
subtilen Durchbildung aller Einzelnheiten bei kühler Ton-
stimmung Vollendetes leistet. Zwei neuerdings entstandene
Bilder erinnern übrigens an Rocholl's Herkunft aus dem alten
romantischen Land. Das eine Bild zeigt uns einen Zug von
Panzerreitern aus der Zeit des 30jährigen Krieges, der nach
gewonnener Schlacht eine Anhöhe hinaufreitet, die von einem
Wäldchen gekrönt ist. Auf dem anderen enteilen tscher-
kessische Reiter, deren einer vor sich auf dem Sattel ein I
geraubtes Weib umklammert hält, auf schmalem Bergpfade
ihren Verfolgern.

R. Kl. Aus Düsseldorf. — Im Schulte'schen Kunstsalon fes-
selte der Nachlass des in Weimar verstorbenen Landschafters
Brendel die Aufmerksamkeit der Kunstfreunde, ihnen die
Bedeutung dieses Mannes aufs neue wachrufend. Brendel, der
in Fontainebleau studirt hatte, war äußerster Fortschrittsmann
für seine Zeit und schuf Werke von bleibendem Wert. Seine
Schafbilder gehören zum Plastischsten, Natürlichsten, was
damals in Deutschland auf diesem Gebiet geleistet worden,
und in einigen kleinen Landschaftsbildern, schlichten Aus-
schnitten weiter Ebenen mit hohem Himmel erreicht er eine
Stimmung, die heute noch neben dem Besten nicht verblasst.
In einigen größeren Bildern, Wettrenn- und Fahrscenen offen-
bart uns sein naiver Realismus ganz den Geist seiner Zeit,

den man an den damals üblichen Opernmaschinen nur in
ihren Nachteilen rückschließend studiren kann. Ein zweiter
Nachlass, der des verstorbenen Düsseldorfer Landschafters
Munthe, interessirt nur in einigen Studien und frühesten
Bildern. Die Manirirtheit seiner Technik, welch letztere im
Lauf der Jahre immer schmalziger und talgiger wurde, sichert
seinen Bildern bei weitem nicht das Unvergängliche, das
denen Brendel's eigen ist. Munthe fühlte noch zu sehr den
Hang, die Landschaft durch Knalleffekte wirken zu lassen,
der Sinn für die durch Einfachheit erhöhte Stimmung war
ihm noch versagt. — Ein neues Bild von K v. Gebhardt
bedeutet für Düsseldorf immer ein Ereignis. Seine durch
Originalität und Vertiefungsvermögen auffallenden Bilder
sind augenblicklich das Beste, das in Düsseldorf geleistet wird.
Die Originalität seines jetzigen Bildes ist nun nicht ganz neu,
nicht ganz Gebhardt's Eigentum: die Jünger zu Emaus, ein
erstaunter Alter und ein sinnender Jüngling, in dessen Ant-
litz etwas wie von einem inneren Vorwurf zehrt, schauen in
die Höhe, dem von ihrem Tische entschwundenen Christus
nach. Bekanntlich hat Rembrandt die Scene in einer Ra-
dirung ebenfalls in dem Augenblick festgehalten, da Christus
vor den Augen der Jünger entschwunden ist, während es im
allgemeinen üblich ist, die Jünger ihn beim Brechen des Brotes
erkennen zu lassen. — Von München sandte Fran% Stuck
einen Cyklus seiner dekorativen Federzeichnungen, die mehr
durch ihre technische Geschicktheit als durch jenen neuen
Geist auffielen, mit dem die Modernen das Kunstgewerbe neu
zu beleben suchen.

VEREINE UND GESELLSCHAFTEN.

*** Der Verein Berliner Künstler hielt am 4. Mai seine
ordentliche Monatsversammlung ab. Dabei fand eine leb-
hafte Debatte über verschiedene die diesjährige große Ber-
liner Kunstausstellung betreffende Angelegenheiten statt.
Das Bemerkenswerteste hierbei war, dass die Mehrzahl der an-
wesenden Mitglieder des Vereins die Wahl des Plakates für
die Ausstellung, das von dem Glasmaler Melchior Lechter
herrührt, als eine wenig glückliche ansah und sich nicht
damit einverstanden erklärte. An die ordentliche schloss
sich eine außerordentliche Hauptversammlung, die sich mit
dem neuen Künstlerhause beschäftigte, dessen von Hoffacker
ausgearbeitete Pläne einstimmig angenommen wurden, so
dass nunmehr mit der Bauausführung begonnen werden kann.

Die Aprilsitzung der Archäologischen Oesellschaft inBerlin
erfreute sich einer besonders großen Zahl von Gästen, zu denen
die gegenwärtig in Berlin weilenden Mitglieder der Centrai-
direktion des Archäologischen Instituts, die Herren Michaelis
(Straßburg), Löschke (Bonn) und Körte (Rostock) gehörten.
Nachdem der Vorsitzende, Herr B. Schöne, die eingegangenen
Schriften vorgelegt und im Anschluss daran Herr Trendelen-
burg auf die im Saale ausgehängten schönen Tafeln aus dem
eben erschienenen Prachtwerke von C. Weichhardt „Pompeji
vor der Zerstörung" aufmerksam gemacht hatte, eröffnete
Herr Pomtow die Reihe der Vorträge mit einer Besprechung
der Baugeschichte des Apollotempels zu Delphi, wie sie sich
auf Grund der Ergebnisse der französischen Ausgrabungen
gestaltet. Herr Conxc gab dann unter Vorlage zahlreicher
Abbildungen einen anziehenden Bericht über seine im vorigen
Jahre ausgeführte Reise in Kleinasien und verweilte beson-
ders bei den Ruinen von Pergamon, den österreichischen
Ausgrabungen bei Ephesus und den vom Berliner Museum
unternommenen Aufdeckungsarbeiten bei Priene. Zum Schluss
erläuterte Herr B. Sauer aus Gießen seine Untersuchungen
der Giebel des sogenannten Theseions zu Athen an Zeich-
 
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