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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 8.1897

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https://doi.org/10.11588/diglit.5776#0227

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Sammlungen und Ausstellungen.

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Trachten- und Modenwelt" (Leipzig 1858), „Geschichte des
modernen Geschmacks" (Leipzig 1866), „Die Kunstindustrie
der Gegenwart" (1867), „Die Kunst im Hause" (Leipzig 1883),
„Hellas und Rom", kulturgeschichtliches Prachtwerk (Stutt-
gart 1879), „Kostümgeschichte der Kulturvölker" (Stutt-
gart 1880) u. s. w.

SAMMLUNGEN UND AUSSTELLUNGEN.

Düsseldorf. — In diesen Tagen trat ein junger Düssel-
dorfer Künstler Vincent Deckers mit einer wohl fünfzig
Nummern umfassenden Kollektion an die Öffentlichkeit, die,
leider inuss man es gestehen, wohl den Eindruck einer be-
gabten aber gebrochenen Persönlichkeit machte. Es hat den
Anschein, als sei diese immer traurige Erscheinung durch
unrichtige Schulung und steten Schulenwechsel hervorgerufen,
so dass keine sich in ihrer Art auswachsen konnte. Wir
sehen da Herrenbildnisse, die in der Erinnerung an Stevens,
Boldini, Sargent gemalt sind und zum Schluss ländliche
Scenen, die von Dhde inspirirt scheinen. Das sind „Dich-
tungen", die gewiss so entfernt sind wie die Himmelsrichtungen.
Die Bilder all dieser Richtungen verraten entschieden künst-
lerische Begabung, aber ebenso große Unvollkommenheiten.
Am vollkommensten in ihrer Art sind schließlich noch die
ländlichen Scenen. Der Maler war gewiss mehr künst-
lerisch begabt als mancher, der heute hier auf hohem Pferde
reitet, aber er ist wie so mancher, den es nicht friedlich am
heimatlichen Herde duldete, auf ehrlicher Suche gestrandet,
da er nicht .-stark genug war, das Ziel zu sehen und zu
suchen. Und so ist er in keiner Art ausgereift. — Allzu
starkes Lob ist für manchen jungen Künstler schon eine
gefahrliche Klippe gewesen. Tiefe, skeptische Naturen fördert
es, den Schwachen, leicht Zufriedenen, zu Dünkel Geneigten,
hat es das aufkeimende Talent schon oft geknickt. Dieses scheint
mir leider bei Schneidcr-Didam der Fall zu sein. Vor einigen
Jahren trat er mit etlichen Bildnissen an die Öffentlichkeit,
an die große Hoffnungen zu knüpfen nicht unberechtigt war.
Doch da kam ein Kritiker und rief ihn in einem hiesigen
Lokalblatt als den Porträtmaler der Zukunft aus — seitdem
hat Schneider-Didam nichts mehr geleistet, das jenen ersten
Bildern auch nur annähernd gleich käme. „Sprechend ähn-
lich" — allein mit diesem Prädikat ist ein Porträt doch
noch lange kein Kunstwerk — sind seine Bildnisse heute,
daneben aber geschmacklos und roh in Farbe und Auf-
fassung. Der malende Interpret bedeutender Leute zu sein,
scheint er nicht im mindesten berufen, und so erfüllt sich an
ihm jener, ich glaube von Lessing herrührende Satz: „Ein
Porträtmaler kann nie mehr in einen Kopf legen, als er
selbst darin hat." — Dies ist es, was Lenbach so groß
macht, von dem augenblicklich einige kleine Meisterwerke
hier zu sehen sind. Neben der bekannten ehernen Maske
Bismarck's, die diesmal wie immer fast nur die Verkörperung
der eminenten politischen Intelligenz ist und sich nicht an
die äußerliche Erscheinung des Fürsten hält, wie jeder weiß,
der ihn kennt, giebt er das entzückende Bild eines Kindes,
wenn ich nicht irre seiner Tochter Marion, und das einer
Mutter mit ihrem Kinde auf dem Arm. Abgesehen von der
eminenten Vergeistigung, von der Originalität und künst-
lerischen Leichtigkeit der Auffassung sind die Bilder auch
koloristisch bedeutend, und man wird sich, nun, da man die
Einseitigkeit des naturalistischen Kolorits überwunden und
sich frei den Harmonieen der Individualitäten überlässt, ab-
gewöhnen müssen, Lenbach den Vorwurf unwahren Kolorits
zu machen. Vor allem das Bildnis seiner Tochter ist kolo-
ristisch stark. Auf dem dunklen Grün des Hintergrundes
die wie ein heller jäher Geigenton wirkende weiße Seide mit

blutroten Flecken, das hat seinesgleichen nur bei Reynolds
und Gainsborough. RUDOLF KLEIN.

Wien. — Im Künstlerhaus hat Julius von Payer sein
neuestes Kolossalbild aus dem Cyklus der Nordpoldramen,
welche der glücklicheren Nansen-Expedition vorausgingen
und so viele Heldenopfer gekostet haben, zur Ausstellung ge-
bracht. Es ist„Derüntergang der Franklin-Expedition". Schon
vor etwa zehn Jahren hat der Künstler denselben Gegenstand
in etwas kleinerem Umfang gemalt und nannte das Bild da-
mals „Die Bai des Todes". Schon das erste Mal machte das Bild
in einer Hamburger Kunsthandlung einen tiefen, nachhaltigen
Eindruck auf mich; diesmal sind die Bedingungen der Beleuch-
tung noch günstiger, und so wurde auch der Eindruck ver-
stärkt. Es sind einige Veränderungen1 in der Komposition
eingetreten; das im Schnee steckende Boot verkürzte sich
auf dem ersten Bild etwas nach rechts, und von der linken
Seite kamen die Eisbären; diesmal kommt ein riesiger Bär
von rechts, und zwei andere stehen in ziemlicher Entfernung
auf dem Schnee. Auch sind mehr Figuren auf dem jetzigen
Bild vorhanden. Das Ganze ist von machtvollster Wirkung,
und nur die eigene Anschauung, die der Künstler auf seiner
Nordpolfahrt mit Weyprecht gewann, vermochte ihm die
realistische Grundlage für sein Werk zu bieten, das wohl —
auch eingerechnet das vielgerühmte „Nie Zurück" — seine
stärkste Leistung 'genannt werden muss. Es ist selbst-
verständlich, dass ein nörgelnder Spürsinn auch hier Kleinig-
keiten auszusetzen oder zu bezweifeln haben mag; soll ich
ein Bedenken aussprechen, so wäre es die „unwahrschein-
liche Reinlichkeit" einiger Figuren, ihre glattrasirten Ge-
sichter (z. B. bei Captain Crozier, dem einzigen, welcher an-
geblich entkam und zehn Jahre bei den Eskimo gelebt
haben soll); was Dr. Nansen uns von der „Schwierigkeit des
Waschens" in solchen verzweifelten Lagen erzählt, lässt
wenigstens darauf schließen, dass die äußere Erscheinung
der unglücklichen Opfer des Hungers und der Kälte (be-
kanntlich gingen die Lebensmittel der Expedition, weil sie
zum Teil gefälscht waren, früh zu Ende) noch verwahrloster
war, als sie hier dargestellt ist. Aber ich will mit dem
Künstler nicht rechten darüber; er muss wohl kompetent
sein, oder wenigstens seine Gründe gehabt haben. Dass
Payer sich selbstverständlich ganz außerhalb aller Tages-
fragen in der Malerei hält, braucht wohl nicht erst betont
zu werden. Ihm liegt nichts daran, plein-airistische Experi-
mente, impressionistische Farbenspielereien oder dekadente
Seelenmalerei. zu treiben. Die gewaltigen Kämpfe des
Menschen mit der unerbittlichen Natur der ewigen Eisfelder,
die uns einmal die Ohnmacht des Menschen, dann wieder
die allesbesiegende menschliche Energie und geniale Er-
findungskraft zum Bewusstsein bringen — das im Kunst-
werk festzuhalten, ist der Lebenszweck des Künstlers ge-
worden. Und wenn künftige Generationen auf die Geschichte
der arktischen Untersuchungen zurückblicken, so werden
Payer's Werke als Dokumente einen bleibenden Platz darin
beanspruchen und behaupten können. Bei diesem Bilde er-
innert man sich der Inschrift auf dem Franklin-Monument
in der Londoner Westminsterabtei:

„Mit Schnee und Eis schlug
sie der Herr an ihrem Ziele."

W. SCHÖLERMANN.
* Berlin, 8. Juni, — Der Kaiser hat aus Anlass der Berliner
Kunstausstellung den nachstehend bezeichneten Künstlern,
in Gemäßheit der Vorschläge der Preis-Jury, die große bezw.
die kleine goldene Medaille verliehen: Die große goldene
Medaille für Kunst: 1) dem Maler Max Liebermann in Berlin,
2) dem Maler Professor Richard Friese in Berlin, 3) dem
 
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