Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 8.1897

DOI Artikel:
Verschiedenes / Inserate
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.5776#0252

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
491

Nekrologe.

492

fasser des vorliegenden Werkes, Herr Olof Granberg, dem die
Kunstgeschichte schon manchen wichtigen Beitrag verdankt,
und der in seltener und anerkennenswerter Weise die That-
sachen vorurteilsfrei sprechen lässt, versucht es nun in einem
„Catalogue raisonnee" die Herkunft der Bilder der Königin
Christine nachzuweisen und, soweit dies möglich ist, auch
den gegenwärtigen Standort derselben zu konstatiren. Gran-
berg veröffentlicht zu diesem Zwecke eine Reihe von Inven-
taren, die, wenn auch schon zum Teil von Beda Dudik 1852
und 1867 und von Campori 1870 publizirt, hier durch ein
bisher nicht veröffentlichtes viertes Inventar eine wichtige Er-
gänzung erfahren. Es sind dies: 1. Das Inventar aus dem Be-
sitze des Grafen Nils de Brahe zu Stokkloster, welches wahr-
scheinlich nach Anordnung des Grafen Königsmark im Jahre
1648 abgefasst wurde und ein Verzeichnis der Kunstkammer
Kaiser Rudolfs bildet. 2. Das Inventar vom Jahre 1652 der
Kgl. Bibliothek in Stockholm, von Marquis Du Fresne, dem
Intendanten der Königin Christine, redigirt. Es nennt 511
Gemälde, ist aber so jämmerlich abgefasst, dass nur wenig
daraus zu entnehmen ist. 3. Das Inventar des Archivio Pala-
tino zu Rom, unmittelbar nach dem Tode der Königin in
Rom 1689 aufgenommen. 4. Das Inventar der im Jahre 1721
noch vorhandenen Gemälde des Nachlasses der Königin
Christine im British-Museum. Auf Grund dieser und der ge-
samten Litteratur gelang es Granberg, einen Katalog von
235 Gemälden zu rekonstruiren, welcher eine deutliche Vor-
stellung von den Galerieschätzen der Königin giebt. und von
welchenderHerausgeberöOinReproduktionen nach denStichen
der Orleans - Galerie u. a. dem Leser deutlicher veranschau-
licht. Nicht jedermann weiß sogleich, dass es sich hier um
die kostbarsten Meisterwerke handelt, deren Provenienz aus
der Rudolfinischen Sammlung allein für die meisten ein
Attest ihres hohen Wertes abgiebt. Nach dem Inventar
von 1652 stammten 393 Bilder von 511 der Sammlung Chri-
stinens aus Prag. — Es ist interessant, das fernere Schicksal
dieser Sammlung kennen zu lernen. Die Königin Christine
nahm einen großen Teil der Bilder mit sich nach Rom, und
die Sammlung blieb so ziemlich unberührt, mit Ausnahme
jener zwei herrlichen Dürer-Bilder: Adam und Eva, welche
Kaiser Rudolf seiner Zeit gekauft hatte, und welche Christine
nun an König Philipp IV. von Spanien schenkte, und die
sich gegenwärtig in Madrid befinden, und jener neun Gerard
Dow's, welche sie sämtlich von dem Gönner dieses Malers,
dem kunstsinnigen Spierings, dem schwedischen Residenten
im Haag, zum Geschenke erhalten hatte, und welche sie bei
ihrer Abdankung diesem zurück gab. Christine testirte ihre
ganze Sammlung dem von ihr hochverehrten Kardinal Decio
ÄXKolini, der sich dieses angeblich erschlichenen Besitzes
nicht lange freuen konnte, denn er starb im selben Jahre
wie Christine 1689. Die Gemälde erbte sein Neffe Pompeo
Azxolini, der sie an den Neffen des Papstes Innocenz XL,
Livio Odesealchi, verkaufte; von diesem erbte sie Baldassare
Odesealehi-Erba, der sie nach langen Unterhandlungen an
den Herzog Philipp von Orleans verkaufte, der sie seiner
Galerie im Palais Royal einverleibte. Von diesem erbte sie
sein blöder Sohn, der einige der kostbarsten Bilder, wie die
Leda des Corregio, verstümmelte, und dann die Sammlung
an Philipp Orleans d'Egalite vererbte. Dieser musste sich
1793 entschließen, die Galerie zu verkaufen, um seine Billard-
schulden zu bezahlen, und verkaufte die italienischen und
französischen Gemälde für 750 000 Livres an den Banquier
Walkuers in Brüssel, der sie für 900000 Franks sofort an
jenen M. Laborde de Mereville verkaufte, dem der billard-
spielende Herzog so viel Geld schuldig gewesen. M. Laborde
musste vor den Gefahren der Revolution nach England

flüchten; er nahm seine Bilder mit, kehrte aber ohne die-
selben nach Frankreich zurück, wo er guillotinirt wurde.
Die in London deponirten Gemälde wurden nun an ein Syn-
dikat verkauft, welches aus dem Herzog von Bridgewater,
dem Grafen Garlisle und Grafen Gower (später Marquis Staf-
ford) bestand, und welches deji Kunsthändler Bryan vorschob.
Dieses Konsortium wählte für 39 000 Guineen was ihm ge-
fiel; der Rest ward durch sechs Monate bei Bryan ausge-
stellt, und 1798 ein Theil davon unter der Hand für 31 000
Guineen verkauft; der letzte Rest brachte noch bei Peter
Göxe, Burreil und Foster in London 10000 £. Die nieder-
ländischen und deutschen Gemälde verkaufte Philipp Egalite
1792 an Lord Kinnaerd und M. MorlandSHammersteij durch
den Antiquitätenhändler T. M. Slade für 350 000 Franks.
Slade aber hatte die größte Mühe, die Bilder vor den Gläu-
bigern des Herzogs aus Paris fortzuschaffen. Es gelang ihm
erst 1793 heimlieh bei Nacht; in London wurden sie sämtlich
unter der Hand verkauft. Aus der Orleans-Galerie, behauptet
E. Engerth in seinem Kataloge der Kais. Museen, kamen einige
Bilder wieder in die Galerie in Wien zurück. Ein solches
wäre nach Engerth's Ansicht das herrliche Bild von Rubens,
welches die vier Weltströme darstellt. Engerth sagt über
dasselbe: „Gekauft aus der Orleans-Galerie, wohin es mit
der Sammlung der Königin Christine gekommen. Im In-
ventar der Königin ist es Nr. 11: P. P. Bubens Li quatro
fiumi con tigri e coccodrillo. Figure del vero. 1718 war es
in Prag." War das Bild im Jahre 1718 in Prag, wie kann
es dann aus der Orleans-Galerie erworben sein, in welche
es erst 1722, also vier Jahre später, gekommen sein kann?
In dem Orleans-Galeriewerke ist allerdings derselbe Gegen-
stand gestochen, aber diese Stiche wurden erst 1786 und
später publizirt, zu welcher Zeit das Wiener Bild ruhig in
der Stallburg oder im Belvedere weilte. Es muss auch weit
länger im Besitze der Wiener Galerie sein, und ist wahr-
scheinlich schon seit ungefähr 1660 in der Kaiserlichen Samm-
lung. Die Geschichte einzelner Bilder zu verfolgen, bietet
große Schwierigkeiten, und der Kunsthistoriker kann dem
Verfasser des vorliegenden Buches, dem dies bei nahezu
235 Gemälden gelungen ist, in der That zu Danke ver-
pflichtet sein. _ Ä. v. WURZBACH.

Herr Professor Dr. M. Sehmid in Aachen hat über die
Plakataus Stellung, die in jüngster Zeit dort stattgefunden hat,
einen Katalog veröffentlicht, der sich in der Einleitung des
weiteren über die Technik, das Format und die Geschichte
des Plakats auslässt; es folgen dann nach Druckfirmen ge-
ordnet, da die Künstler nicht immer bekannt waren, 195
nur deutsche Plakate und schließlich ein Verzeichnis der
Künstler; das kleine Buch giebt in ansprechendem Rahmen
ein klares Bild des jetzigen Standes der deutschen Plakat-
kunst.

NEKROLOGE.

\* Der Genremaler Max Stieler, der älteste Sohn des
berühmten Porträtmalers Joseph v. Stieler (f 1858), ist am
23. Juni in München in hohem Alter gestorben. Mehr als
durch seine Genrebilder hat er sich durch Kopieen von
Bildnissen seines Vaters bekannt gemacht.

0 Der Maler Heinrich Ludwig ist Ende Juni in Rom
gestorben. Er hat sich weniger durch künstlerische Schöp-
fungen als durch seine auf die Technik der Ölmalerei ge-
richteten Forschungen und durch seine Versuche, die moderne
Technik durch Ergründung des Verfahrens der alten Meister zu
verbessern, bekannt gemacht. Die Ergebnisse seiner Forsch-
ungen hat er in dem Werke „Die Grundsätze der Ölmalerei und
 
Annotationen