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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 8.1897

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505 Nekrologe. — Personalnachrichten. — Preisverteilungen. — Denkmäler. — Sammlungen und Ausstellungen. 50fi

NEKROLOGE.

Jacob Burckhardt ist am 11. August im Alter von
79 Jahren zu Basel gestorben. Mit ihm ist einer jener echten
Kunsthistoriker hingegangen, derenWerke mit hohem Genüsse
zu lesen sind, weil sich ein reichausgestatteter Geist darin
ausspricht, der mit Anmut einen ungeheuren Stoff nicht nur
bewältigt, sondern auch in kunstvolle Form bringt. Man
preist seit Jahren die großartige Auffassung seines Werkes
über die Zeit Constantins, man bestaunt den lapidaren Stil
der Kultur der Renaissance, man bewundert noch heute die
Fülle von Feinheiten in der Anleitung zum Genuss der Kunst-
werke Italiens, die unter dem Titel „Der Cicerone" zuerst
1855 in Basel erschien. Ja, es darf ruhig ausgesprochen
werden: die Leistungen Burckhardt's haben in der kunstge-
schichtlichen Litteratur kaum ihresgleichen. Sie stehen wie
Leuchttürme in einem Häusermeere, und das notwendige
Bearbeiten der alten Auflagen ist hier ein noch undankbareres
Geschäft als anderswo. Diese feingemeißelten Sätze ausein-
anderzureißen, die wie Zellen eines Organismus von einer
schönen Ganzheit beherrscht sind, war für die empflndungs-
vollen Bearbeiter allezeit ein missliches Geschäft gewesen.
Aber es war nötig, da Burckhardt selbst nie eingriff: er
wollte nie leimen und schnitt immer aus ganzem Holze.
So wie ihm ging es übrigens auch andern Meistern der Dar-
stellung, die ihr Material nicht mosaikartig zusammensetzen,
sondern wie Bronze gießen. Anton Springer seufzte auch
einst: 0, wie verstehe ich Burckhardt! Wenn man anfängt
zu streichen und zuzusetzen, fehlt es an allen Ecken. Solche
Künstler der Darstellung, wie Burckhardt war, sind sehr
selten geworden. In der jüngeren Generation suchen nur
wenige den hohen, schwer erreichbaren Standpunkt zu ge-
winnen, den Burckhardt inne hatte. Seine synthetische
Kraft war das Resultat einer unablässigen Arbeit; bei einer
außergewöhnlichen Konzentrationsfähigkeit besaß Burckhardt
eine Weite des Blickes und einen Reichtum der Intuition, die
staunenswert waren. Sie verliehen ihm eine souveräne Macht
über den Stoff, der, sonst starr und schwerfällig, unter
Burckhardt's geistigem Griffe flüssig und bildsam wurde.
Erscheinungen seines Schlages sind auf allen Gebieten selten,
und ihr Verlust macht sich doppelt fühlbar.

*„* Der Landschaftsmaler Professor August Leu, einer
der Romantiker aus der Düsseldorfer Schule, dessen Specia-
lität die Gebirgslandschaft nach Motiven aus Norwegen, der
Schweiz, den deutschen Alpen, Ober- und Mittelitalien war,
ist am 20. Juli in Seelisberg am Vierwaldstätter See im Alter
von 78 Jahren gestorben.

%* Der Geschichtsmaler Eduard von Engcrth, der frühere
langjährige Direktor der Kaiserlichen Gemäldegalerie des
Belvedere in Wien, ist am 28. Juli am Semmering bei Wien
im 80. Lebensjahre gestorben. Vor der Übersiedelung der
Galerie nach dem neuen Hofmuseum verfasste er noch einen
dreibändigen Katalog der Galerie, der zwar vielfach die
wissenschaftliche Kritik herausgefordert hat, aber wegen der
Fülle des in ihm aufgespeicherten Materials für lange Zeit
unentbehrlich bleiben wird. Von seinen Gemälden haben
sich nur seine anmutigen Bilder aus „Figaro's Hochzeit" im
Kaisersalon des Wiener Opernhauses eines dauernden Erfolges
zu erfreuen gehabt.

*** Der Oeschichtsmaler Josef von Trenkioald, der lange
Jahre Direktor der Kunstakademie in Prag und Professor
an der Wiener Kunstakademie gewesen und hauptsächlich
auf dem Gebiete der kirchlichen Kunst (Fresken in der
Votivkirche zu Wien und die Kartons zu den Glasgemälden
daselbst) thätig gewesen war, ist am 28. Juli in Perchtolds-
dorf bei Wien im 74. Lebensjahre gestorben.

PERSONALNACHRICHTEN.

*,* Der Stilllebenmaler Vbllon ist an Stelle des ver-
storbenen Landschaftsmalers Francais zum Mitglied der
Akademie der schönen Künste in Paris gewählt worden.

*„* Der Begierungsbaumeister Ludwig Borchlinnlt in lierlin
ist wegen seiner Verdienste um die Erforschung altägyptischer
Kunstdenkmäler von der philosophischen Fakultät der Uni-
versität Berlin zum Ehrendoktor ernannt worden.

— Professor Dr. Joseph in Brüssel hat die Leitung der
Sektion für Archäologie und Kunstgeschichte am internatio-
nalen Institut für Bibliographie übernommen.

PREIS VERTEILUNGEN.

*„* Auf der internationalen Kunstausstellung in München
sind folgende Künstler mit Medaillen ausgezeichnet worden:
I. Medaille. Malerei: Prof. Stuck, Prof. Habermann, Prof.
Oberländer, Adam Kunz, Prof Firle, Sorolla y Bastida, Tito
Lessi, Josselin de Jong, Breitner, Bastert, John Swan, Burne
Jones, Charles Shannon, Verstraete, Rumpier, Cazin, Weeks,
Hodler, Csök. Architektur: Cuypers. II. Medaille. Malerei:
Hierl-Deronco, Landenberger, Heyden, Kirchner, Faber du
Faur, Karl Kaider, Slevogt, Gräßl, Küstner, Raphael Schuster-
Woldan, Rob. Schleich, Prof. Holmberg, Hans Petersen,
Rettig, Buchbinder, Prof. Simm, Ekenaes, Böhme, Pernat,
Friese, Walther Petersen, Walther Gay, Mac Ewen, Stewart,
Mayne, Gilsoul, Brangwyn, Muhrmann, Greifenhagen, Pepper-
corn, Reid Murray, Hamilton, Brough, Menard, Gandara,
Fromuth, Smits, Van der Weele, Koldewey, Grosso, Luigi
Bazzani, Temple, Mose, Isid. Kaufmann, Stäbli, Giron,Burnand,
Menendez Pidal, Fortuny, Cubells, Ebner, Flesch-Bruningen,
Pasternak, Endoguroff. Bildhauerei: Prof. Christ. Roth,Netzer,
Habich, Otto Lang, Balth. Schmitt, Ad. Beermann, Karl
Kiefer, Hugo Kaufmann, Peter Breuer, Giuseppe Renda,
Rathausky, Stirling Lee, Jean Herain. Architektur: Prof.
Em. Seidl, Dülfer, Hocheder. Graphik: Overbeck, Hall.
Kleinkunst: Gallö.

DENKMÄLER.

%* Ein Denkmal Baffacl's soll in seiner Geburtsstadt
Urbino errichtet werden. Dazu hat sich unter dem Protek-
torat des Königs von Italien ein Komitee gebildet, das bereits
1200C0 Lire gesammelt hat. Jetzt wendet sich das Komitee
auch an das Ausland, namentlich an die Magistrate der
größeren Städte, die Besitzer von Werken Raffael's u. s. w.
Mit der Ausführung des Denkmals ist der Bildhauer Belli
beauftragt worden.

SAMMLUNGEN UND AUSSTELLUNGEN.

D. J. Der neue Jordacns im Museum xu Brüssel. Wie
wir schon kurz gemeldet haben, ist für das Kgl. Museum in
Brüssel ein figurenreiehes Gemälde von Jacob Jordaens für
300C0 Franks in Paris erworben worden, das eines der vom
Künstler oft behandelten Bohnenfeste, und zwar den feier-
lichen Moment „Der König trinkt" darstellt. Es ist eine
Schöpfung von 25 Figuren, ungerechnet Hunde, Katze und
Papagei. Wir sind Zeugen einer wüsten Orgie. In einem
Saale eine überreich besetzte Tafel, an welcher in der Mitte
der schmerbäuchige König Platz genommen hat. Das ge-
krönte Haupt mit dem aufgedunsenen roten Gesicht lehnt
sich im Rausche rückwärts, die Rechte hält das gefüllte
Glas erhoben zum Trünke bereit. Dahinter steht der gri-
massenschneidende Hofnarr in seiner Harlekinkleidung. Um
den Tisch herum gruppirt sich die Hofgesellschaft in unge-
 
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