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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 15.1904

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Schubring, Paul: Die kunsthistorische Ausstellung in Düsseldorf
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https://doi.org/10.11588/diglit.5900#0249

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KUNSTCHRONIK

WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST UND KUNSTGEWERBE

Verlag von E. A. SEEMANN in Leipzig, Querstr. 13
Neue Folge. XV. Jahrgang 1903/1904 Nr. 30. 8. Juli

Die Kunstchronik erscheint als Beiblatt zur »Zeitschrift für bildende Kunst« und zum »Kunstgewerbeblatt« monatlich dreimal, in den Sommer-
monaten Juli bis September monatlich einmal. Der Jahrgang kostet 8 Mark und umfaßt 33 Nummern. Die Abonnenten der »Zeitschrift für bildende
Kunst« erhalten die Kunstchronik kostenfrei. — Für Zeichnungen, Manuskripte etc., die unverlangt eingesandt werden, leisten Redaktion und Ver-
lagshandlung keine Gewähr. Alle Briefschaften und Sendungen sind zu richten an E. A. Seemann, Leipzig, Querstraße 13. Anzeigen 30 Pf. für
die dreispaltige Petitzeile, nehmen außer der Verlagshandlung die Annoncenexpeditionen von Haasenstein 81 Vogler, Rud. Mosse u. s. w. an.

Die nächste Nummer der Kunstchronik erscheint am 12. August. — Der Kunstmarkt erscheint erst wieder

am 15. Juli.

DIE KUNSTHISTORISCHE AUSSTELLUNG IN
DÜSSELDORF

Die kunsthistorische Ausstellung, welche Düssel-
dorf vor zwei Jahren veranstaltet hatte, gab eine Über-
sicht über die kirchliche Kunst des frühen und hohen
Mittelalters am Rhein, mit der Beschränkung auf die
Groß- und Kleinplastik und das Kunstgewerbe jener
Zeit. Raummangel verbot damals die Übersicht auch
auf die Malerei auszudehnen. Dies wird von der
diesjährigen Ausstellung nachgeholt und zwar in
glänzender Weise. Das Thema ist absichtlich mög-
lichst umfassend formuliert: Man begnügte sich
nicht mit den Bildern der altrheinischen und alt-
westfälischen Schule des 15. und 16. Jahrhun-
derts, sondern hat zeitlich und geographisch stark
übergegriffen. Eine reiche, über 100 Nummern
zählende Sammlung von Miniaturkodexen gibt eine
seltene und vielseitige Übersicht über die rhei-
nische Buchmalerei des 9. bis 16. Jahrhunderts.
Der kölnischen Malerschule tritt die mittelrheinische,
oberrheinische und niederrheinische Malerei zur Seite;
auch die Altniederländer sind in einigen charakter-
vollen Proben vertreten. Vor allem aber sollte diese
Ausstellung dem altgehegten rheinischen Privatbesitz
Gelegenheit geben, seine Truhen zu öffnen und seine
reichen Schätze zu zeigen; Bestände, die, wie bei einer
kulturell so bevorzugten Provinz leicht erklärlich, den
deutschen Durchschnittsbesitz weit überbieten, und
dank des am Rhein früh erwachten Sammlertriebes
teilweise direkt bis in die Blütezeit der vlämisch-hol-
ländischen Schule des 17. Jahrhunderts zurückreichen.
Diese dritte Abteilung bot insofern besonderes Inter-
esse, als sie viel Verstecktes, Unbekanntes und Seltenes
ans Licht zog.

Einige Zahlen über die Aussteller werden eine
Vorstellung von der Mühe geben, die es kostete,
das alles herbeizuschaffen. 85 private Besitzer, 28
Kirchen, 23 Museen und Bibliotheken hatten ihre
Schätze hergeliehen; im ganzen waren nicht weniger
als 136 Stellen zu bearbeiten. Die Privaten hatten
372 Bilder beigesteuert; also durchschnittlich 4,5 Bilder
geschickt. Von diesen Sammlern stand der Herzog
von Arenberg aus Brüssel mit 37 Nummern quan-

titativ und qualitativ obenan; ihm folgte der Ham-
burger Konsul Weber mit 34 Nummern. Die etwas
einseitige Sammlung des verstorbenen Düsseldorfer
Malers Werner Dahl zählte 27, die des Freiherrn von
Brenken in Wewer 24 Nummern. Hervorragend
waren die 21 Bilder des Fürsten Salm-Salm zu An-
holt und die 19 Stücke, die Frau von Carstanjen aus
Berlin gesandt hatte. Geographisch greift die Aus-
stellung insofern über das Rheinland herüber, als sie
die am Rhein gesammelten, aber jetzt verzogenen
Bilder mit vorführt. Die öffentlichen Sammlungen
hatten nur ausnahmsweise, und zwar nur die fernen
(Berlin, Dresden, Freiburg), beigesteuert. Dem Kölner
Wallraf-Richartz-Museum hatte man kein Stück ent-
lehnt, da die geschlossene Darbietung der altrheinischen
Schule in den Sälen dieses Museums nicht verzettelt
werden durfte und diese Galerie jedem Besucher Düssel-
dorfs ohne weiteres erreichbar war. Den Besitzern,
die mit so viel Selbstlosigkeit ihre kostbaren Schätze
sandten, gebührt großer Dank; fast alle haben der
klug vorbereiteten Bitte entsprochen. Der Spiritus
rector der Ausstellung, Professor Paul Clemen in
Bonn, darf mit stolzer Genugtuung auf das gelungene
Werk blicken. Vergleicht man das von ihm Zusammen-
gebrachte mit ähnlichen Gruppen der letzten Aus-
stellungsjahre, oder mit den heurigen Ausstellungen
der primitiven Franzosen und Altsienesen, so muß
man Düsseldorf den Vorzug geben. Reichhaltigkeit,
Qualität und Rarität wird auch der Verwöhnteste
dieser Sammlung zusprechen müssen.

Eine Lücke freilich fand sich auch in dieser Fülle.
Derjenige, welcher gehofft hatte, die noch immer
streitigen Punkte der altkölnischen Schule, die auch
Aldenhoven der Diskussion lassen mußte, würden
hier ihre Erledigung finden, wurde ein wenig ent-
täuscht. Das hier in Frage kommende Material war
klein und meist bekannt. Nur die Stephan Lochner-
frage trat durch die Konfrontierung seiner Madonna
aus dem Kölner Diözesanmuseum mit der Straßburger
Tafel des Konrad Witz und Schongauers Kolmarer
Madonna lebhaft hervor. Denn nun wurde klar,
was der vom Bodensee stammende * Maler aufgab,
als er nach dem Rhein pilgerte und wie schnell er
in die weichere Typik der Kölner Schule einlenkte.
 
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