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Kunstgeschichtliche Gesellschaft zu Berlin [Hrsg.]
Kunstchronik und Kunstmarkt: Wochenschrift für Kenner und Sammler — 59.1925/​1926 (Oktober-März)

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Nr. 28
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Aranowitch, D. M.: Moderne Kunst in Russland
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https://doi.org/10.11588/diglit.41232#0026

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Moderne Kunst in Rußland


Dies ist kurz geschildert das Schaffen der russischen Maler der alten Generation,
die in ihrer großen Mehrheit noch vor dem Kriege und vor der Revolution gemalt
haben. Seitdem sind jedoch mehr als 11 Jahre vergangen; eine neue Generation
wuchs heran und in gewissem Maße entstand auch eine neue Malerei. Noch
vor drei Jahren war diese Malerei äußerst linksstehend in ihrer Form und meist
gegenstandslos ihrem Inhalt nach. Aber im Jahre 1922 ging in der jungen russi-
schen Malerei eine Spaltung vor, die dadurch hervorgerufen war, daß als Gegensatz
zu den Kubisten und Futuristen sich eine neue bis jetzt bestehende realistische
Gruppe gebildet hatte, die den Namen »Assozitation der Künstler des revolutio-
nären Rußland« (ACHRR) erhielt. Die Aufgabe dieser Künstler bestand darin,
die realistische Genremalerei zwecks Widerspiegelung der russischen Gegenwart
des heutigen Tages wieder aufleben zu lassen. Die diesjährige »ACIJRR«-Ausstel-
lung war schon die siebente und dies gibt uns den Anlaß , über diese Genrerichtung
einige provisorische Feststellungen auszusprechen. Obwohl die letzte »ACIJRR«-
Ausstellung etwa 400 Werke von mehr als 100 Malern aufwies und eine große
Menge des Massenpublikums, das fast nach Hunderttausenden gerechnet werden
konnte, anzog, so entsprach trotzdem ihre äußerliche Großartigkeit lange nicht
ihrem inneren Wert. Der Grundfehler der »ACHRR«-Künstler besteht darin,
daß sie ihre ganzen Auf-
gaben ausschließlich auf
den Charakter des Themas,
des Inhalts beschränken.
Indem sie dieEreignisse der
Revolution, das Leben der
Arbeiter und der Roten Ar-
mee widerspiegeln, verges-
sen sie, daß der Wert des
inhaltlichen »was« in der
Malerei gänzlich durch das
künstlerische »wie« be-
stimmt wird, daß in der
wirklichen Kunst die Form
im wesentlichen untrenn-
bar vom Inhalt ist. Ihren
Worten nach erkennen es
auch die »ACIIRR«-Künst-
ler an, die in ihrer Pro-
klamation unter anderem
mit jugendlicher Offenheit
schreiben: »Man darf nicht
vergessen, daß die schöp-
ferische Ausdruckskraft in
der revolutionären Kunst
keine unfruchtbare und gei-
fernde Rührung angesichts
der Revolution ist«. Die
»ACIIRR« - Künstler ge-
stehen hierdurch ein, daß,
abgesehen von der Qualität
der Form, die Bilder der
Revolution nur in den mo-
numentalen Formen des
Perelman, Die junge Generation verallgemeinernden heroi-
 
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