Literatur
525
LITERATUR
Königsresidenzen in der Mark.
22 Aquarelle vonCarl Gr a eb nach Rau-
ten preußischer Könige in Rerlin, Pots-
dam und Charlottenburg, hrsg. von der
Direktion der National-Galerie, wieder-
gegeben von der Reichsdruckerei. Ver-
lag der Reichsdruckerei, Berlin 1925.
Carl Graeb (1816—84) ist der heutigen
Generation ziemlich unbekannt, und doch
war er in der Mitte des vorigen Jahrhun-
derts einer der angesehensten Archi-
tekturmaler, zugleich Hofmaler und Mit-
glied der Akademie. Es ist ein Verdienst
der Nationalgalerie, ihn in der vorlie-
genden Publikation der Vergessenheit zu
entreißen, die er sicher nicht verdient.
Seine Aquarelle sind zwar anspruchslos,
aber sauber und peinlich gemalt, ohne
deshalb ins Kleinliche und Pedantische
zu verfallen, mit flottem Pinselstrich und
großer Liebe zu Papier gebracht. Und
wie die Einleitung mit Recht hervorhebt,
demjenigen, dem die Bauten und Ände-
rungen Friedrich Wilhelms IV. unver-
ständlich geblieben sind, dem bietet sich
in diesen Aquarellen ein Weg zum Erleb-
nis. »So sah man damals das friderizia-
nische Potsdam und aus dieser Anschau-
ung heraus fügte man Bauten, Marmor-
schmuck und Gartenanlagen hinzu,« —
Überflüssig zu bemerken, daß die Repro-
duktionen der Reichsdruckerei wie immer
mustergültig sind. -th
*
Jürgen Brandt, Altmecklenbur-
gische Schlösser und Herrensitze.
Berlin 1925, G. Wasmuth.
Das vorliegende sehr gut und vornehm
ausgestattete Buch ist ein Abbildungs-
werk. Es enthält 228 Aufnahmen der
besten zum großen Teil noch niemals
veröffentlichten Bauten Mecklenburgs
aus dem 16.—18. Jahrhundert, ferner
Innenräume, einige Öfen und Möbel.
Unter diesen Abbildungen würde man
allerdings gernmoderneVorbauten (S. 47)
und das gar völlig aus dem Rahmen des
übrigen fallende Salonrokoko der Zeit
um 1850 (S. 190) entbehren und an dessen
Stelle lieber einige Aufnahmen des doch
verhältnismäßig bedeutenden Schlosses
Fürstenberg, das jetzt ganz fehlt, sehen.
Der Wert des Buches liegt in dem reichen
neuen Material, das hier der künftigen
Forschung erschlossen wird, um so wich-
tiger, weil das mecklenburgische Denk-
mälerwerk von Schlie die Zeit des 17. und
18. Jahrhunderts sehr stiefmütterlich be-
handelt, so daß hier in der mecklenburgi-
schen Kulturliteratur stets eine große
Lücke bestand, die das vorliegende Buch,
soweit es die Abbildungen betrifft, sehr
dankenswert ausfüllt.
Aber es darf nicht verkannt werden,
daß das Buch wissenschaftlich nicht dem
entspricht, was man erwartet hatte. Der
etwas zusammengewürfelte Text mit
einem leider nicht bis zum Ausgabe-
datum fortgeführtenLiteraturverzeichnis
ist lediglich Begleittext und bringt, wde
es der Verfasser auch selbst im Vorwort
sagt, keinerlei neue wissenschaftliche
Ergebnisse. Der Verfasser hat geglaubt,
wegen eines erwarteten negativen Er-
folges von allem Aktenstudium absehen
zu dürfen, und doch hätte gerade dieses
erst dem Buch die wissenschaftliche Be-
deutung gegeben. Es ist zweifellos, daß
sich z. B. in Bothmer, Ivenack und in
den Archiven des Grafen Hahn viel In-
teressantes über manche dieser ja noch
niemals bearbeiteten Bauten gefunden
hätte, wie durch Zufall schon einiges Be-
deutsame zutage gekommen ist. Auch
zeigt der Text, daß es nicht Sache eines
Architekten ist, kunsthistorische Ver-
bindungslinien zu ziehen, oder das Wesen
und die Eigenart gerade dieser Bauten,
deren Charakter schließlich mit dem All-
gemein - Norddeutschen zusammenfällt,
zu definieren, so wennz. B. gesagt wird,
daß man in ITohen-Luckow nicht das
gleiche erreicht habe wie im Schlosse zu
Berlin oder Schleißheim. Das ist selbst-
verständlich. Der Besitzer von Hohen-
Luckow war nicht nur nicht Kurfürst
von Bayern, er hatte auch ganz andere
Bauziele und eine andere Baugesinnung,
und sein Baumeister eine andere Schu-
lung als die süddeutschen Hofarchitek-
ten. Das Wesen dieser verschiedenen
Richtungen näher zu bestimmen, ist erst
Sache kunstwissenschaftlicher Einstel-
lung, ohne die sich ein kunstgeschicht-
liches Werk nicht schreiben läßt.
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LITERATUR
Königsresidenzen in der Mark.
22 Aquarelle vonCarl Gr a eb nach Rau-
ten preußischer Könige in Rerlin, Pots-
dam und Charlottenburg, hrsg. von der
Direktion der National-Galerie, wieder-
gegeben von der Reichsdruckerei. Ver-
lag der Reichsdruckerei, Berlin 1925.
Carl Graeb (1816—84) ist der heutigen
Generation ziemlich unbekannt, und doch
war er in der Mitte des vorigen Jahrhun-
derts einer der angesehensten Archi-
tekturmaler, zugleich Hofmaler und Mit-
glied der Akademie. Es ist ein Verdienst
der Nationalgalerie, ihn in der vorlie-
genden Publikation der Vergessenheit zu
entreißen, die er sicher nicht verdient.
Seine Aquarelle sind zwar anspruchslos,
aber sauber und peinlich gemalt, ohne
deshalb ins Kleinliche und Pedantische
zu verfallen, mit flottem Pinselstrich und
großer Liebe zu Papier gebracht. Und
wie die Einleitung mit Recht hervorhebt,
demjenigen, dem die Bauten und Ände-
rungen Friedrich Wilhelms IV. unver-
ständlich geblieben sind, dem bietet sich
in diesen Aquarellen ein Weg zum Erleb-
nis. »So sah man damals das friderizia-
nische Potsdam und aus dieser Anschau-
ung heraus fügte man Bauten, Marmor-
schmuck und Gartenanlagen hinzu,« —
Überflüssig zu bemerken, daß die Repro-
duktionen der Reichsdruckerei wie immer
mustergültig sind. -th
*
Jürgen Brandt, Altmecklenbur-
gische Schlösser und Herrensitze.
Berlin 1925, G. Wasmuth.
Das vorliegende sehr gut und vornehm
ausgestattete Buch ist ein Abbildungs-
werk. Es enthält 228 Aufnahmen der
besten zum großen Teil noch niemals
veröffentlichten Bauten Mecklenburgs
aus dem 16.—18. Jahrhundert, ferner
Innenräume, einige Öfen und Möbel.
Unter diesen Abbildungen würde man
allerdings gernmoderneVorbauten (S. 47)
und das gar völlig aus dem Rahmen des
übrigen fallende Salonrokoko der Zeit
um 1850 (S. 190) entbehren und an dessen
Stelle lieber einige Aufnahmen des doch
verhältnismäßig bedeutenden Schlosses
Fürstenberg, das jetzt ganz fehlt, sehen.
Der Wert des Buches liegt in dem reichen
neuen Material, das hier der künftigen
Forschung erschlossen wird, um so wich-
tiger, weil das mecklenburgische Denk-
mälerwerk von Schlie die Zeit des 17. und
18. Jahrhunderts sehr stiefmütterlich be-
handelt, so daß hier in der mecklenburgi-
schen Kulturliteratur stets eine große
Lücke bestand, die das vorliegende Buch,
soweit es die Abbildungen betrifft, sehr
dankenswert ausfüllt.
Aber es darf nicht verkannt werden,
daß das Buch wissenschaftlich nicht dem
entspricht, was man erwartet hatte. Der
etwas zusammengewürfelte Text mit
einem leider nicht bis zum Ausgabe-
datum fortgeführtenLiteraturverzeichnis
ist lediglich Begleittext und bringt, wde
es der Verfasser auch selbst im Vorwort
sagt, keinerlei neue wissenschaftliche
Ergebnisse. Der Verfasser hat geglaubt,
wegen eines erwarteten negativen Er-
folges von allem Aktenstudium absehen
zu dürfen, und doch hätte gerade dieses
erst dem Buch die wissenschaftliche Be-
deutung gegeben. Es ist zweifellos, daß
sich z. B. in Bothmer, Ivenack und in
den Archiven des Grafen Hahn viel In-
teressantes über manche dieser ja noch
niemals bearbeiteten Bauten gefunden
hätte, wie durch Zufall schon einiges Be-
deutsame zutage gekommen ist. Auch
zeigt der Text, daß es nicht Sache eines
Architekten ist, kunsthistorische Ver-
bindungslinien zu ziehen, oder das Wesen
und die Eigenart gerade dieser Bauten,
deren Charakter schließlich mit dem All-
gemein - Norddeutschen zusammenfällt,
zu definieren, so wennz. B. gesagt wird,
daß man in ITohen-Luckow nicht das
gleiche erreicht habe wie im Schlosse zu
Berlin oder Schleißheim. Das ist selbst-
verständlich. Der Besitzer von Hohen-
Luckow war nicht nur nicht Kurfürst
von Bayern, er hatte auch ganz andere
Bauziele und eine andere Baugesinnung,
und sein Baumeister eine andere Schu-
lung als die süddeutschen Hofarchitek-
ten. Das Wesen dieser verschiedenen
Richtungen näher zu bestimmen, ist erst
Sache kunstwissenschaftlicher Einstel-
lung, ohne die sich ein kunstgeschicht-
liches Werk nicht schreiben läßt.