KUNSTCHRONIK UND KUNSTMARKT
HERAUSGEBER ALFRED KUHN
NR. 29 17. OKTOBER 1925
M O N Z A
VON ALFRED GELLFIORN
Eine der populärsten Anlagen Italiens ist das Autodrom im riesigen Park
von Monza, und diese Popularität sowie den damit zusammenhängen-
den Fremdenverkehr galt es wohl auszunutzen, als man das ausgedehnte
Schloß für die zweijährig wiederkehrenden internationalen Kunstgewerbe-
ausstellungen bestimmte. Man machte sie dadurch international, daß
man die anderen Nationen eingeladen hat. Aber wenn man etwa den
Maßstab der diesjährigen kunstgewerblichen Weltausstellung in Paris
anwenden wollte, eines repräsentativen Wettbewerbs der Völker, eines
Anziehungspunktes für ganze Ströme von Besuchern aus aller Herren
Ländern, dann müßte man freilich die Ausstellung in Monza als eine sehr
lokale Angelegenheit bezeichnen. Selbst in Italien spricht man wohl von
den Autorennen dort, aber die Existenz der Ausstellung ist nicht recht
durchgedrungen, und das Interesse daran beschränkt sich wohl mehr auf
die Fachkreise, der Besuch auf diese und die nähere Umgebung. Wenn wir
uns also in Paris ausgeschaltet haben, eine Frage der Taktik, zu der dieser
Bericht nicht Stellung zu nehmen hat, so ist die Mitwirkung in Monza
natürlich nicht als irgendein Ersatz zu betrachten. Wir haben aber
zweifellos Italien eine Aufmerksamkeit und einen Dienst erwiesen. Die
meisten in Paris engagierten Länder sind ausgeblieben oder haben sich, wie
England und Frankreich, mit minimalen Räumen von geradezu beleidigen-
der Unzulänglichkeit begnügt. Ohne die deutsche Abteilung wäre die ganze
Ausstellung ziemlich erledigt, und so ist es zu verstehen, wenn die maß-
gebenden Kreise Italiens, vor allen Dingen seine Presse, des Lobes voll
sind. Man wird diesen Vorsprung, eine neue gute Beziehung wirtschaft-
licher Art zu dem einen Lande gefunden zu haben, auch selbstverständlich
kräftig ausnutzen müssen. Aber man wird doch diesen relativen Erfolg
nicht zu hoch einschätzen dürfen und sehr kritisch die tatsächlich vor-
handene Leistung zu betrachten haben.
Die östlichen Randstaaten bringen ebenso wie Italien und seine Kolo-
nien, Mexiko und Marokko nichts als Volkskunst. Man sieht viele leuch-
tende Farben, ein eigenartiges Goldgelb in den Textilien aus Calabrien, be-
malte Kleidungsstücke aus Sizilien, Spitzen aus den Abruzzen und schöne
1 öpfereien. Den weitaus größten Raum füllt daneben die italienische In-
Nr. 29. 17. X. 25
HERAUSGEBER ALFRED KUHN
NR. 29 17. OKTOBER 1925
M O N Z A
VON ALFRED GELLFIORN
Eine der populärsten Anlagen Italiens ist das Autodrom im riesigen Park
von Monza, und diese Popularität sowie den damit zusammenhängen-
den Fremdenverkehr galt es wohl auszunutzen, als man das ausgedehnte
Schloß für die zweijährig wiederkehrenden internationalen Kunstgewerbe-
ausstellungen bestimmte. Man machte sie dadurch international, daß
man die anderen Nationen eingeladen hat. Aber wenn man etwa den
Maßstab der diesjährigen kunstgewerblichen Weltausstellung in Paris
anwenden wollte, eines repräsentativen Wettbewerbs der Völker, eines
Anziehungspunktes für ganze Ströme von Besuchern aus aller Herren
Ländern, dann müßte man freilich die Ausstellung in Monza als eine sehr
lokale Angelegenheit bezeichnen. Selbst in Italien spricht man wohl von
den Autorennen dort, aber die Existenz der Ausstellung ist nicht recht
durchgedrungen, und das Interesse daran beschränkt sich wohl mehr auf
die Fachkreise, der Besuch auf diese und die nähere Umgebung. Wenn wir
uns also in Paris ausgeschaltet haben, eine Frage der Taktik, zu der dieser
Bericht nicht Stellung zu nehmen hat, so ist die Mitwirkung in Monza
natürlich nicht als irgendein Ersatz zu betrachten. Wir haben aber
zweifellos Italien eine Aufmerksamkeit und einen Dienst erwiesen. Die
meisten in Paris engagierten Länder sind ausgeblieben oder haben sich, wie
England und Frankreich, mit minimalen Räumen von geradezu beleidigen-
der Unzulänglichkeit begnügt. Ohne die deutsche Abteilung wäre die ganze
Ausstellung ziemlich erledigt, und so ist es zu verstehen, wenn die maß-
gebenden Kreise Italiens, vor allen Dingen seine Presse, des Lobes voll
sind. Man wird diesen Vorsprung, eine neue gute Beziehung wirtschaft-
licher Art zu dem einen Lande gefunden zu haben, auch selbstverständlich
kräftig ausnutzen müssen. Aber man wird doch diesen relativen Erfolg
nicht zu hoch einschätzen dürfen und sehr kritisch die tatsächlich vor-
handene Leistung zu betrachten haben.
Die östlichen Randstaaten bringen ebenso wie Italien und seine Kolo-
nien, Mexiko und Marokko nichts als Volkskunst. Man sieht viele leuch-
tende Farben, ein eigenartiges Goldgelb in den Textilien aus Calabrien, be-
malte Kleidungsstücke aus Sizilien, Spitzen aus den Abruzzen und schöne
1 öpfereien. Den weitaus größten Raum füllt daneben die italienische In-
Nr. 29. 17. X. 25