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Literatur
beeinflußt. Eine ganze Reihe seiner Gemälde, Bildwerke, Bronzen, Me-
daillen, Plaketten hätten einen sehr erwünschten Zuwachs unserer Mu-
seumsammlungen bilden können; Frau Hainauer hatte uns daher zuge-
sagt, im Falle eines Verkaufs, zu dem sie bald gezwungen sein würde, sich
zunächst mit uns in Verbindung zu setzen. Aber auch das wurde verhin-
dert, und die Art wie es geschah, bewies uns, in welchem Grade Amerika
damals schon Trumpf im ganzen Kunsthandel war. Ich hatte 1906 im
Frühjahr meinen regelmäßigen Ausflug nach London gemacht und besuchte
dort u. a. auch Sir Joseph Duveen. Er fragte mich sehr angelegentlich, wie
lange ich diesmal in London bleiben würde, und war augenscheinlich sehr
erfreut, als ich ihm mitteilte, ich würde fast eine Woche bleiben und dann
noch nach Paris gehen. Den Grund seines Interesses erfuhr ich einige Tage
später durch ein Telegramm von Frau Hainauer, in dem sie mir erklärte,
sie hätte leider ihr Versprechen, nicht ohne Rücksprache mit mir über den
Verkauf ihrer Sammlung sich zu entscheiden, nicht halten können. Die
Firma Duveen Bros, habe plötzlich ein so außerordentlich hohes Gebot ge-
macht (für die Sammlung allein 4 Millionen Mark, nachdem bisher das
höchste Gebot von deutschen Händlern, für die Sammlung einschließlich
von Villa und Garten nur 1V4 Million Mark gewesen sei), daß sie schließlich
auf Duveens strenge Forderung, ich dürfe von dem Verkauf absolut nichts
erfahren, hätte eingehen müssen, da sie die Sammlung nicht länger halten
könne. Sowohl Frau Hainauer wie Sir Joseph Duveen haben sich dann
doch Mühe gegeben, die Museen für diese Überrumpelung durch das Ge-
schenk verschiedener, wenn auch nicht der Hauptwerke, aber für unsere
Sammlungen wertvoller Bilder und Bronzen zu entschädigen. Der geschickte
Vertrieb der Hainauer-Sammlung in Amerika hat aber der Vorliebe der
Amerikaner für das Quattrocento, für die »Primitiven« solche Nahrung ge-
geben, daß seither fast jedes wertvolle Stück der Zeit, das in den Handel
kommt, über den Atlantik wandert!
LITERATUR
Friedrich Perzyhski, Japanische
Masken. Nö und Kyögen. Berlin und
Leipzig 1925, Walter de Gruyter & Co.
2 Bände.
In der von Jahr zu Jahr steigenden
Flut europäischer Veröffentlichungen
über die Kunst des fernen Ostens sind
Bücher über Japan selten geworden. Sich
mit japanischer Kunst zu befassen, gilt
als ein Zeichen rückständiger Gesinnung.
Japanische Kunst ein wenig von oben
herab zu behandeln, als etwas, das kaum
der Mühe wert sei, neben der großen
Kunst Chinas eines Blickes gewürdigt zu
werden, ist heute fast allgemeiner Brauch
geworden. Selbst chinesische Kunstwerke
in japanischem Besitz — es pflegen die
besten zu sein, die uns erhalten sind —■,
werden mit Mißtrauen betrachtet, angeb-
lich weil schon die alten Kenner und
Sammler Japans die wahre Größe chine-
sischer Kunst nicht verstanden hätten.
Ist diese Einstellung gegenüber der
Kunst des fernen Ostens verhältnismäßig
jungen Datums, so ergibt sich aus ihr die
Literatur
beeinflußt. Eine ganze Reihe seiner Gemälde, Bildwerke, Bronzen, Me-
daillen, Plaketten hätten einen sehr erwünschten Zuwachs unserer Mu-
seumsammlungen bilden können; Frau Hainauer hatte uns daher zuge-
sagt, im Falle eines Verkaufs, zu dem sie bald gezwungen sein würde, sich
zunächst mit uns in Verbindung zu setzen. Aber auch das wurde verhin-
dert, und die Art wie es geschah, bewies uns, in welchem Grade Amerika
damals schon Trumpf im ganzen Kunsthandel war. Ich hatte 1906 im
Frühjahr meinen regelmäßigen Ausflug nach London gemacht und besuchte
dort u. a. auch Sir Joseph Duveen. Er fragte mich sehr angelegentlich, wie
lange ich diesmal in London bleiben würde, und war augenscheinlich sehr
erfreut, als ich ihm mitteilte, ich würde fast eine Woche bleiben und dann
noch nach Paris gehen. Den Grund seines Interesses erfuhr ich einige Tage
später durch ein Telegramm von Frau Hainauer, in dem sie mir erklärte,
sie hätte leider ihr Versprechen, nicht ohne Rücksprache mit mir über den
Verkauf ihrer Sammlung sich zu entscheiden, nicht halten können. Die
Firma Duveen Bros, habe plötzlich ein so außerordentlich hohes Gebot ge-
macht (für die Sammlung allein 4 Millionen Mark, nachdem bisher das
höchste Gebot von deutschen Händlern, für die Sammlung einschließlich
von Villa und Garten nur 1V4 Million Mark gewesen sei), daß sie schließlich
auf Duveens strenge Forderung, ich dürfe von dem Verkauf absolut nichts
erfahren, hätte eingehen müssen, da sie die Sammlung nicht länger halten
könne. Sowohl Frau Hainauer wie Sir Joseph Duveen haben sich dann
doch Mühe gegeben, die Museen für diese Überrumpelung durch das Ge-
schenk verschiedener, wenn auch nicht der Hauptwerke, aber für unsere
Sammlungen wertvoller Bilder und Bronzen zu entschädigen. Der geschickte
Vertrieb der Hainauer-Sammlung in Amerika hat aber der Vorliebe der
Amerikaner für das Quattrocento, für die »Primitiven« solche Nahrung ge-
geben, daß seither fast jedes wertvolle Stück der Zeit, das in den Handel
kommt, über den Atlantik wandert!
LITERATUR
Friedrich Perzyhski, Japanische
Masken. Nö und Kyögen. Berlin und
Leipzig 1925, Walter de Gruyter & Co.
2 Bände.
In der von Jahr zu Jahr steigenden
Flut europäischer Veröffentlichungen
über die Kunst des fernen Ostens sind
Bücher über Japan selten geworden. Sich
mit japanischer Kunst zu befassen, gilt
als ein Zeichen rückständiger Gesinnung.
Japanische Kunst ein wenig von oben
herab zu behandeln, als etwas, das kaum
der Mühe wert sei, neben der großen
Kunst Chinas eines Blickes gewürdigt zu
werden, ist heute fast allgemeiner Brauch
geworden. Selbst chinesische Kunstwerke
in japanischem Besitz — es pflegen die
besten zu sein, die uns erhalten sind —■,
werden mit Mißtrauen betrachtet, angeb-
lich weil schon die alten Kenner und
Sammler Japans die wahre Größe chine-
sischer Kunst nicht verstanden hätten.
Ist diese Einstellung gegenüber der
Kunst des fernen Ostens verhältnismäßig
jungen Datums, so ergibt sich aus ihr die