Die Sammlung Oskar Hainauer
603
über Venedig habe er ein eigenes Coupe für sie zwei genommen und 24
kleine Flaschen bayrisches Bier hineinpacken lassen. Zu seinem Schrecken
habe sie Gedon schon auf den Fahrt über den Apennin sämtlich ausgetrunken,
und in Bologna hätte er den sinnlos Trunkenen durch zwei Facchini von
einem Zuge nach dem andern tragen lassen müssen. Man denke sich den
eleganten Hainauer dabei! Die Künstler hatten seither als Berater völlig
bei ihm ausgespielt.
In den folgenden Jahren traf ich Hainauer wiederholt in Italien. Das
kam seinen Absichten, aber ebensosehr auch unseren Sammlungen zustatten.
Im Jahre 1880 kauften wir gemeinsam Bardinis große Plakettensammlung,
die der Stock für unsere jetzt fast 2000 Stück zählende Sammlung italie-
nischer und deutscher Plaketten wurde. Eine unserer besten frühen vene-
zianischen Bronzen, der große Petrus, gelangte bald darauf als Geschenk
Hainauers an unsere damals noch sehr bescheidene Sammlung von Bronze-
statuetten. Neben hervorragenden Bildwerken, in Marmor wie in Ton und
Stuck, erwarb Hainauer bei diesen gemeinsamen Aufenthalten, namentlich
in Florenz, eine kleine Zahl vorzüglicher Wandteppiche um oder kurz nach
1500, zum Teil aus Seide und mit Gold durchwirkt. Im Anfang der
achtziger Jahre trafen wir auch wiederholt auf Versteigerungen in Paris
zusammen, auf denen Hainauer mit besonderem Glück eine Reihe tüchtiger
primitiver Bilder erwarb, für deren Erwerb in Italien damals weniger Ge-
legenheit war: in der Versteigerung Odiot u. a. ein Profilporträt des Piero
Pollajuolo; in der ersten Versteigerung des durch Händlerintrigen, übertriebene
Sammelleidenschaft und ungünstige Zeitverhältnisse zur Veräußerung seines
riesigen Bilderbestandes gezwungenen Baron de Beurnonville: die köstliche
Anbetung des Kindes vom Meister des Bartholomäusaltars, die Anbetung
der Könige von Daret, die zwei großen burgundischen Stifterbddnisse von
etwa 1460, die Altartafeln von M. Schaffner und so fort; stets zu Preisen von
wenigen tausend Franken. Die letzte Gelegenheit, seine fast allzu vielseitigen
Sammlungen der Kleinkunst zu vervollständigen, bot ihm schließlich die
Versteigerung der umfangreichen Sammlungen seines Freundes F. Spitzer
1893, kurz vor seinem eigenen allzu frühen Tode.
Mag Oskar Hainauer seine Sammlungen der Kleinkunst etwas gar zu
vielseitig und schablonenhaft nach der damaligen Pariser Sammlermode an-
gelegt haben, mag er durch Spitzer unter seinen Silberstatuetten und
Elfenbein-, Email- und Eisenarbeiten einzelne Fälschungen oder stark arran-
gierte Stücke mit erworben haben: seine Sammlung war im allgemeinen
von hoher künstlerischer wie kunsthistorischer Qualität. Ihr Vorbild hat
auf die Sammler in Berlin aufs günstigste eingewirkt, und auch unsere
Museumsleiter hat sein Qualitätssinn und sein Geschmack sicher fördernd
603
über Venedig habe er ein eigenes Coupe für sie zwei genommen und 24
kleine Flaschen bayrisches Bier hineinpacken lassen. Zu seinem Schrecken
habe sie Gedon schon auf den Fahrt über den Apennin sämtlich ausgetrunken,
und in Bologna hätte er den sinnlos Trunkenen durch zwei Facchini von
einem Zuge nach dem andern tragen lassen müssen. Man denke sich den
eleganten Hainauer dabei! Die Künstler hatten seither als Berater völlig
bei ihm ausgespielt.
In den folgenden Jahren traf ich Hainauer wiederholt in Italien. Das
kam seinen Absichten, aber ebensosehr auch unseren Sammlungen zustatten.
Im Jahre 1880 kauften wir gemeinsam Bardinis große Plakettensammlung,
die der Stock für unsere jetzt fast 2000 Stück zählende Sammlung italie-
nischer und deutscher Plaketten wurde. Eine unserer besten frühen vene-
zianischen Bronzen, der große Petrus, gelangte bald darauf als Geschenk
Hainauers an unsere damals noch sehr bescheidene Sammlung von Bronze-
statuetten. Neben hervorragenden Bildwerken, in Marmor wie in Ton und
Stuck, erwarb Hainauer bei diesen gemeinsamen Aufenthalten, namentlich
in Florenz, eine kleine Zahl vorzüglicher Wandteppiche um oder kurz nach
1500, zum Teil aus Seide und mit Gold durchwirkt. Im Anfang der
achtziger Jahre trafen wir auch wiederholt auf Versteigerungen in Paris
zusammen, auf denen Hainauer mit besonderem Glück eine Reihe tüchtiger
primitiver Bilder erwarb, für deren Erwerb in Italien damals weniger Ge-
legenheit war: in der Versteigerung Odiot u. a. ein Profilporträt des Piero
Pollajuolo; in der ersten Versteigerung des durch Händlerintrigen, übertriebene
Sammelleidenschaft und ungünstige Zeitverhältnisse zur Veräußerung seines
riesigen Bilderbestandes gezwungenen Baron de Beurnonville: die köstliche
Anbetung des Kindes vom Meister des Bartholomäusaltars, die Anbetung
der Könige von Daret, die zwei großen burgundischen Stifterbddnisse von
etwa 1460, die Altartafeln von M. Schaffner und so fort; stets zu Preisen von
wenigen tausend Franken. Die letzte Gelegenheit, seine fast allzu vielseitigen
Sammlungen der Kleinkunst zu vervollständigen, bot ihm schließlich die
Versteigerung der umfangreichen Sammlungen seines Freundes F. Spitzer
1893, kurz vor seinem eigenen allzu frühen Tode.
Mag Oskar Hainauer seine Sammlungen der Kleinkunst etwas gar zu
vielseitig und schablonenhaft nach der damaligen Pariser Sammlermode an-
gelegt haben, mag er durch Spitzer unter seinen Silberstatuetten und
Elfenbein-, Email- und Eisenarbeiten einzelne Fälschungen oder stark arran-
gierte Stücke mit erworben haben: seine Sammlung war im allgemeinen
von hoher künstlerischer wie kunsthistorischer Qualität. Ihr Vorbild hat
auf die Sammler in Berlin aufs günstigste eingewirkt, und auch unsere
Museumsleiter hat sein Qualitätssinn und sein Geschmack sicher fördernd