KUNSTCHRONIK UND KUNSTMARKT
HERAUSGEBER ALFRED KUHN
NR. 40/41 9./16. JANUAR 1926
ZUR REFORM DER ÖFFENTLICHEN KUNSTPFLEGE
IN PREUSSEN
In kurzer Zeit wird die Auseinandersetzung mit der Krone stattgefunden
haben, eine Reihe altberühmter Schlösser voll des wertvollsten Kunst-
gutes wird in den Besitz des Staates übergegangen sein; denn so viel ist
ja kaum zweifelhaft, daß Bauwerke, wie Sanssouci, das neue Palais in Pots-
dam, das Potsdamer Stadtschloß, das Berliner Schloß und die Schlösser in
Wilhelmshöhe, Kassel, Breslau und Königsberg in irgendeiner Form an den
Staat gelangen werden. Wie wird die Verwaltung dieses Kunstgutes dann
vor sich gehen?
Nach der Revolution wurde das Finanzministerium zum Treuhänder
der Krone bestimmt und alle Schlösser seiner Verwaltung unterstellt, sogar
jene, die sofort für reine Musealzwecke verwandt wurden, wie das Kron-
prinzenpalais, in dem man einen Teil der Nationalgalerie unterbrachte, und
das Berliner Schloß, in dem die Schätze des Kunstgewerbemuseums Auf-
stellung fanden. Mit dieser reinen Tatsache hat es aber nicht sein Bewenden
haben können. Die Verwaltung wurde aktiv: der vortreffliche Kunstreferent
des Finanzministeriums, Ministerialrat Hübner, begann in Gemeinschaft mit
Charles Förster eine großzügige Inventarisation des gesamten ihm unter-
stellten Kunstgutes zu dem endlichen Zweck, die Schlösser wieder in ihren
alten historischen Zustand zu versetzen, Dinge zu entfernen, die später un-
organisch hineingekommen, oder solche an die Stelle zurückzuführen, für
die der Erbauer sie bestimmt. So entstand eine neue selbständige Kunst-
verwaltung.
Sie vermehrte diejenigen, die durch eine unglückliche Entwicklung in
den preußischen Verwaltungen schon bis dahin nebeneinander bestanden.
Befinden sich doch die Angelegenheiten der Baukunst in dem Geschäfts-
bereich von sechs Ministerien! Die Idochbauverwaltung liegt beim Finanz-
ministerium, die Baugewerkschulen und die Klassen für Innenarchitektur
bei den Handwerker- und Kunstgewerbeschulen unterstehen dem Handels-
ministerium, die Architekturabteilungen der technischen Hochschulen und die
Klassen für Architektur an den Kunstakademien dem Kultusministerium,
die Akademie des Bauwesens und die staatliche Hochbauverwaltung dem
Finanzministerium. Nicht minder verzwickt liegen die Dinge auf dem Ge-
biete des Kunstgewerbes. Die gewerblichen und kunstgewerblichen Fach-
HERAUSGEBER ALFRED KUHN
NR. 40/41 9./16. JANUAR 1926
ZUR REFORM DER ÖFFENTLICHEN KUNSTPFLEGE
IN PREUSSEN
In kurzer Zeit wird die Auseinandersetzung mit der Krone stattgefunden
haben, eine Reihe altberühmter Schlösser voll des wertvollsten Kunst-
gutes wird in den Besitz des Staates übergegangen sein; denn so viel ist
ja kaum zweifelhaft, daß Bauwerke, wie Sanssouci, das neue Palais in Pots-
dam, das Potsdamer Stadtschloß, das Berliner Schloß und die Schlösser in
Wilhelmshöhe, Kassel, Breslau und Königsberg in irgendeiner Form an den
Staat gelangen werden. Wie wird die Verwaltung dieses Kunstgutes dann
vor sich gehen?
Nach der Revolution wurde das Finanzministerium zum Treuhänder
der Krone bestimmt und alle Schlösser seiner Verwaltung unterstellt, sogar
jene, die sofort für reine Musealzwecke verwandt wurden, wie das Kron-
prinzenpalais, in dem man einen Teil der Nationalgalerie unterbrachte, und
das Berliner Schloß, in dem die Schätze des Kunstgewerbemuseums Auf-
stellung fanden. Mit dieser reinen Tatsache hat es aber nicht sein Bewenden
haben können. Die Verwaltung wurde aktiv: der vortreffliche Kunstreferent
des Finanzministeriums, Ministerialrat Hübner, begann in Gemeinschaft mit
Charles Förster eine großzügige Inventarisation des gesamten ihm unter-
stellten Kunstgutes zu dem endlichen Zweck, die Schlösser wieder in ihren
alten historischen Zustand zu versetzen, Dinge zu entfernen, die später un-
organisch hineingekommen, oder solche an die Stelle zurückzuführen, für
die der Erbauer sie bestimmt. So entstand eine neue selbständige Kunst-
verwaltung.
Sie vermehrte diejenigen, die durch eine unglückliche Entwicklung in
den preußischen Verwaltungen schon bis dahin nebeneinander bestanden.
Befinden sich doch die Angelegenheiten der Baukunst in dem Geschäfts-
bereich von sechs Ministerien! Die Idochbauverwaltung liegt beim Finanz-
ministerium, die Baugewerkschulen und die Klassen für Innenarchitektur
bei den Handwerker- und Kunstgewerbeschulen unterstehen dem Handels-
ministerium, die Architekturabteilungen der technischen Hochschulen und die
Klassen für Architektur an den Kunstakademien dem Kultusministerium,
die Akademie des Bauwesens und die staatliche Hochbauverwaltung dem
Finanzministerium. Nicht minder verzwickt liegen die Dinge auf dem Ge-
biete des Kunstgewerbes. Die gewerblichen und kunstgewerblichen Fach-