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M o n z a
dustrie, Möbel, Mosaiken, Glas- und Steinschneider, mehr Messe als Aus-
stellung, ohne Jury und von geringem Niveau. Nur die eigentümlich starr
geformten Kronleuchter von Murano, äußerst wirkungsvoll an den reichen
Stuckdecken hängend, sind schon so etwas wie eine neue Universalform.
Aber im übrigen scheint auch in den Kunstgewerbeschulen alles beim alten
zu bleiben. Man kennt den eigenartigen Schwebezustand der romanischen
Länder, die im Grunde das Barock der Ecole des Beaux Arts nur moder-
nisieren und noch nicht entschlossen scheinen, diese Sorte Jugendstil zu
überwinden. Die Architekturklasse Rigotti-Turin deutet wohl auf einen
neuen Willen. Aber der allgemeine Geschmack liebt Detail und Ornament.
Es wäre schon ein sehr schöner Erfolg der ganzen Ausstellung, wenn Ita-
liens junge Kräfte dadurch eine Stärkung im gewiß nicht leichten Kampf
um ihr Publikum erhielten.
Außer Deutschand sind nur noch wesentlich vertreten Ungarn, das
offensichtlich weit zurückgeblieben ist, und Belgien. Dieses mußte Bilder
und Graphik bringen, um mit seinem recht spärlichen Material die Räume
zu füllen. Dafür zeigt es freilich eine ausgesprochen moderne Gesinnung
in der an sich bescheidenen Gestaltung seiner Räume und in der Auswahl
eine energisch eingehaltene Richtung. Seine Architekturabteilung ist vor-
züglich und sollte unbedingt auch einmal nach Deutschland kommen. Man
sieht vor allen Dingen, daß dort, wo doch der auch in seinen modernen
Formulierungen antiquierte französische Geschmack regiert, die neue Bau-
kunst das Heft in die Hand bekommt und bereits auf die Gestaltung der
Einrichtungsstücke, insbesondere der Teppiche, anregend wirkt.
Dem gegenüber hält die deutsche Abteilung eine etwas sehr vorsichtig
abgewogene mittlere Linie. Die Raumgestaltung durch Schneck-Stuttgart,
die Möbel und Teppiche von Bruno Paul, die Majoliken von Schade sind
nicht sehr aufregend. Es ist ein gut bürgerliches Niveau. Man begegnet
meistens Stücken, die man schon aus den Auslagen der guten Magazine bei
uns kennt, was im übrigen kein Fadel ist, da ja gerade die Massen-
produktion der Maßstab der tatsächlichen Leistung eines Landes ist. Es
wäre sogar eher zu wünschen, daß noch viel mehr gerade die Alltagsware
herausgebildet würde. Bei all den zierlichen Kronleuchtern fehlt durchaus
noch ein absoluter Gestaltungswille, der alles Zufällige zugunsten des Ge-
meingültigen überwindet. Daher empfindet man bei den Messinggefäßen
gerade die ungesuchten Formen als die gesündesten und freut sich darüber,
auf wie einfachen Formelementen sich die Wirkungen der Plauener Spitzen
aufbauen. In diesem Sinne sind die von Kramer entworfenen eisernen
Öfen der Firma Graf in Frankfurt a. M., formklar und überzeugend mit
ihrem sauberen Messingunterbau, das Beste von allem.
M o n z a
dustrie, Möbel, Mosaiken, Glas- und Steinschneider, mehr Messe als Aus-
stellung, ohne Jury und von geringem Niveau. Nur die eigentümlich starr
geformten Kronleuchter von Murano, äußerst wirkungsvoll an den reichen
Stuckdecken hängend, sind schon so etwas wie eine neue Universalform.
Aber im übrigen scheint auch in den Kunstgewerbeschulen alles beim alten
zu bleiben. Man kennt den eigenartigen Schwebezustand der romanischen
Länder, die im Grunde das Barock der Ecole des Beaux Arts nur moder-
nisieren und noch nicht entschlossen scheinen, diese Sorte Jugendstil zu
überwinden. Die Architekturklasse Rigotti-Turin deutet wohl auf einen
neuen Willen. Aber der allgemeine Geschmack liebt Detail und Ornament.
Es wäre schon ein sehr schöner Erfolg der ganzen Ausstellung, wenn Ita-
liens junge Kräfte dadurch eine Stärkung im gewiß nicht leichten Kampf
um ihr Publikum erhielten.
Außer Deutschand sind nur noch wesentlich vertreten Ungarn, das
offensichtlich weit zurückgeblieben ist, und Belgien. Dieses mußte Bilder
und Graphik bringen, um mit seinem recht spärlichen Material die Räume
zu füllen. Dafür zeigt es freilich eine ausgesprochen moderne Gesinnung
in der an sich bescheidenen Gestaltung seiner Räume und in der Auswahl
eine energisch eingehaltene Richtung. Seine Architekturabteilung ist vor-
züglich und sollte unbedingt auch einmal nach Deutschland kommen. Man
sieht vor allen Dingen, daß dort, wo doch der auch in seinen modernen
Formulierungen antiquierte französische Geschmack regiert, die neue Bau-
kunst das Heft in die Hand bekommt und bereits auf die Gestaltung der
Einrichtungsstücke, insbesondere der Teppiche, anregend wirkt.
Dem gegenüber hält die deutsche Abteilung eine etwas sehr vorsichtig
abgewogene mittlere Linie. Die Raumgestaltung durch Schneck-Stuttgart,
die Möbel und Teppiche von Bruno Paul, die Majoliken von Schade sind
nicht sehr aufregend. Es ist ein gut bürgerliches Niveau. Man begegnet
meistens Stücken, die man schon aus den Auslagen der guten Magazine bei
uns kennt, was im übrigen kein Fadel ist, da ja gerade die Massen-
produktion der Maßstab der tatsächlichen Leistung eines Landes ist. Es
wäre sogar eher zu wünschen, daß noch viel mehr gerade die Alltagsware
herausgebildet würde. Bei all den zierlichen Kronleuchtern fehlt durchaus
noch ein absoluter Gestaltungswille, der alles Zufällige zugunsten des Ge-
meingültigen überwindet. Daher empfindet man bei den Messinggefäßen
gerade die ungesuchten Formen als die gesündesten und freut sich darüber,
auf wie einfachen Formelementen sich die Wirkungen der Plauener Spitzen
aufbauen. In diesem Sinne sind die von Kramer entworfenen eisernen
Öfen der Firma Graf in Frankfurt a. M., formklar und überzeugend mit
ihrem sauberen Messingunterbau, das Beste von allem.