Ludwig Persius als Architekt
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An- und Ausbauten, Höfen und Treppen, Pergolen und Säulenstellungen,
ihren Baikonen, Altanen und Loggien, ihren Türmchen, Erkern und weit-
vorspringenden Dächern, und ferner jene Zierbauten in Park und Garten
(Abb. 3), Stibadien, Pavillons, kleine Tempel und verwandte Anlagen mit
den sprudelnden und in Becken gefaßten Wassern, mit graziösen Statuen,
mit lauschigen Ruhesitzen, laubenartig von Blattwerk umrankt, von Gebüsch
und Gesträuch umhegt — zwei Baugattungen, wechselnd in den Stilformen,
bald in antikem Gewände, bald in italienischem Landhausstile, bald in mittel-
alterlich anmutender Burgengestalt (Abb. 4), die, Schinkelsche Bestrebungen
fortsetzend, stets von neuem die starke Begabung des Künstlers für freie,
malerische, mit der landschaftlichen Umgebung innig verbundene und zu-
sammen empfundene Architektur offenbaren: die ganze Zartheit und Emp-
findsamkeit der Persiusschen Kunst machen gerade diese Bauten so liebenswert.
Sein künstlerisches Bekenntnis hat Persius selbst in Worte gefaßt: den
Baustil betreffend wird am häufigsten die heitere Bauweise der Italiener,
wie solche während ihrer Blüte im 15. und 16. Jahrhundert mit der archi-
tektonisch gehaltenen nächsten Umgehung in gegenseitige Beziehung tritt, maß-
gebend sein. Auch die Motive, welche das antike Haus der Hellenen und der
Römer darbietet, werden nicht unbeachtet bleiben. Andere Baustile dürfen
dessen ungeachtet nicht ausgeschlossen werden, selbst die byzantinische oder
gotische Bauweise in der Art, wie sie das
Mittelalter in Deutschland und England
charakteristisch ausgebildet hat.... Wir
betrachten die strengen Regeln der Sym-
metrie als ganz abgekommen und müs-
sen uns gegen dieses Prinzip, das in der
Tat zeither großes Unheil angerichtet
hat und in vielen Fällen der freien Ent-
wicklung in der Architektur unseres Zeit-
alters beklagenswerte LIemmnisse ent-
gegengestellt hat, durchaus feindlich er-
klären. ... Alles Ornamentale wird sich
notwendig schon deshalb unterordnen,
da es vorzugsweise darauf ankommen
muß, der ganzen baulichen Anlage eine
von allen Seiten ausgebildete architek-
tonische Gestalt zu geben, und auf eine
sorgfältige Abwägung entsprechenderVer-
hältnisse wird hauptsächlich das Augen-
. Abb. 4.
merk gerichtet sein müssen. Entwurf zu einem Dampfmaschinenhaus
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An- und Ausbauten, Höfen und Treppen, Pergolen und Säulenstellungen,
ihren Baikonen, Altanen und Loggien, ihren Türmchen, Erkern und weit-
vorspringenden Dächern, und ferner jene Zierbauten in Park und Garten
(Abb. 3), Stibadien, Pavillons, kleine Tempel und verwandte Anlagen mit
den sprudelnden und in Becken gefaßten Wassern, mit graziösen Statuen,
mit lauschigen Ruhesitzen, laubenartig von Blattwerk umrankt, von Gebüsch
und Gesträuch umhegt — zwei Baugattungen, wechselnd in den Stilformen,
bald in antikem Gewände, bald in italienischem Landhausstile, bald in mittel-
alterlich anmutender Burgengestalt (Abb. 4), die, Schinkelsche Bestrebungen
fortsetzend, stets von neuem die starke Begabung des Künstlers für freie,
malerische, mit der landschaftlichen Umgebung innig verbundene und zu-
sammen empfundene Architektur offenbaren: die ganze Zartheit und Emp-
findsamkeit der Persiusschen Kunst machen gerade diese Bauten so liebenswert.
Sein künstlerisches Bekenntnis hat Persius selbst in Worte gefaßt: den
Baustil betreffend wird am häufigsten die heitere Bauweise der Italiener,
wie solche während ihrer Blüte im 15. und 16. Jahrhundert mit der archi-
tektonisch gehaltenen nächsten Umgehung in gegenseitige Beziehung tritt, maß-
gebend sein. Auch die Motive, welche das antike Haus der Hellenen und der
Römer darbietet, werden nicht unbeachtet bleiben. Andere Baustile dürfen
dessen ungeachtet nicht ausgeschlossen werden, selbst die byzantinische oder
gotische Bauweise in der Art, wie sie das
Mittelalter in Deutschland und England
charakteristisch ausgebildet hat.... Wir
betrachten die strengen Regeln der Sym-
metrie als ganz abgekommen und müs-
sen uns gegen dieses Prinzip, das in der
Tat zeither großes Unheil angerichtet
hat und in vielen Fällen der freien Ent-
wicklung in der Architektur unseres Zeit-
alters beklagenswerte LIemmnisse ent-
gegengestellt hat, durchaus feindlich er-
klären. ... Alles Ornamentale wird sich
notwendig schon deshalb unterordnen,
da es vorzugsweise darauf ankommen
muß, der ganzen baulichen Anlage eine
von allen Seiten ausgebildete architek-
tonische Gestalt zu geben, und auf eine
sorgfältige Abwägung entsprechenderVer-
hältnisse wird hauptsächlich das Augen-
. Abb. 4.
merk gerichtet sein müssen. Entwurf zu einem Dampfmaschinenhaus
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