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Kunstgeschichtliche Gesellschaft zu Berlin [Hrsg.]
Kunstchronik und Kunstmarkt: Wochenschrift für Kenner und Sammler — 59.1925/​1926 (Oktober-März)

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Nr. 36/37
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Wilhelm von Bode zum 80. Geburtstag
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https://doi.org/10.11588/diglit.41232#0149

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KUNSTCHRONIK UND KUNSTMARKT
HERAUSGEBER ALFRED KUHN
NR.36/37 5./12. DEZEMBER 1925
WILHELM VON BODE ZUM 80. GEBURTSTAG
Als Wilhelm Bode geadelt werden sollte, fand er,1 daß' eine alte nieder-
sächsische Bauernfamilie eigentlich auf diesen neuen Glanz -verzichten
könne. Wie der- Friese Arndt mochte er glauben, von Gottes Gnaden zu
sein, weil er sehr deutlich empfand, wo die Quellen seiner besonderen Kräfte
strömten.
Davon blieb ihm inmitten der städtischen Kultur und innerhalb der
Wissenschaft, die er erst mitbegründet, jene natürliche und fast unbewußte
Überlegenheit, die den aus ländlichem Blut Stammenden im Verhältnis zu
Dingen und Personen auch in anderen komplizierteren Verhältnissen treu
zu sein pflegt. Sie sehen durchdringend und vereinfachend. Probleme exi-
stieren für sie wenig, weil ihre Kraft unaufhaltsam nur zum Ziel hindurch
will. Wohl aber ist ihnen Problematisches an Widerständen und Gegnern
willkommen; denn sie wissen es mit natürlichem Instinkt als schwache
Stelle des Durchbruchs zu nützen.
Aber dank dieser Vereinfachung kommt ihre Gabe ins Spiel, Menschen,
Verhältnisse und Dinge nach ihrer Anschauung zu gruppieren und zu be-
wegen, sie gleichsam mit dem Fluidum ihrer Energie zu durchströmen und
in ihrem Weltsystem zu lenken. Was würden alle die neuen Richtungen
bedeuten, die Bode der Forschung wies, die Gebiete, che er erschloß, die
Menschen, deren Kräfte und Gaben er zu finden wußte, die Beziehungen, in
denen er die Möglichkeiten für seine Pläne spürte, wenn nicht die besondere
Kraft von Anfang an in ihm gelegen hätte, dieses alles mit Leben zu er-
füllen und zueinander in bewegte Beziehung zu setzen.
Sein heller Instinkt sah die Dinge, an denen andere ihr Handwerk
erprobt und nie so tief geforscht hatten wie er, sofort in ihrer lebendigen
Umwelt. Er orientierte sich in jedem Gelände und aus der Spur sprang
ihm das verfolgte Wild auf.
Für persische Teppiche hat er fast zuerst den historischen und wer-
tenden Blick gehabt, weil er sie zu Füßen der Madonnen und auf dem
Tisch in Porträts zu beachten gewohnt war. Auch andere haben Bilder
und Teppiche gesehen. Nur er hat diese beiden Welten des Wissens als
eine einzige des Lebens empfinden müssen.
In der Photographie einer Auferweckung des Lazarus ahnte er des
damals ganz unbekannten Aelbert Ouwater berühmtestes Bild, das Karel
 
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