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MODERNE KERAMIK
Thongefässe von Prof. M. Läuoer, Karlsruhe (gesetzlich geschützt)
bourg eine Gruppe von Thonarbeiten erworben hat,
ferner Vallgren, Rhobalbhen,') den Bildhauer Pierre
Roche u. a. Die Genannten haben wiederholt auf
Ausstellungen mit Werken eigener Erfindung Aner-
kennung gefunden. Es war geradezu Modesache ge-
worden, Töpfe zu bemalen.
Gleichzeitig jedoch mit Carries, zum Teil schon
früher, trat eine Reihe französischer Keramiker hervor,
denen ähnliche und noch weitere Ziele vorschwebten
und die zusammen eine scharf ausgeprägte künstle-
rische Gruppe darstellen. Gemeinsam ist ihnen die
Bevorzugung des. Steinzeugs (gres) als Material, und
was den Dekor anlangt, die Anwendung vielfarbiger,
gemischter und geflammter Glasuren unter Verzicht
auf ein eigentliches Ornament. Die ornamentale Tendenz
tritt vor der rein koloristischen zurück. Bei jenen
Glasuren spielt das im Brande schwer zu entwickelnde
Kupferrot die Hauptrolle. Die Franzosen bezeichnen
daher jene Arbeiten, die erst im Feuer und unter
Vgl. Art et decoration (1897) Nr. 5.
Ausnutzung chemischer Vorgänge
ihre Farbenpracht entfalten, mit dem
treffenden Ausdrucke art du feu.
! 1
Auf der vorjährigen exposition
ceramique im Ausstellungsgebäude
auf dem Marsfelde zu Paris war jene
Gruppe französischer Keramiker ge-
schlossen vertreten und hat auch
eine Ende April dieses Jahres er-
öffnete keramische Ausstellung im
Kgl. Kunstgewerbemuseum zu Ber-
lin beschickt. An sie muss man
sich halten, um über die Ziele und
Erfolge der neuen Richtung in Frank-
reich Klarheit zu gewinnen. Sie
stellt den Zusammenhang zwischen
den dilettantischen Einzelleistungen
und Versuchen der modernen Lieb-
habertöpferei und der Industrie
her; ihr ist es vorzugsweise zu
verdanken, dass die französische
Keramik der Jetztzeit an der Spitze
derjenigen aller anderen Länder
Europas, das einzige Dänemark aus-
genommen, schreitet.
. Auf der Basis reicher tech-
nischer Erfahrung arbeitet die rühm-
lichst bekannte Werkstatt von Au-
guste Delaherche in Paris. Bereits
auf der Pariser Weltausstellung
von 188g erregten Delaherche's gres
flammes gleichzeitig mit den ge-
flammten Rotporzellanen von Ernest
Chaplct Aufsehen, und hiermit be-
rühren wir wiederum vorgreifend ein Gebiet, das uns bei
der modernen Porzellanfabrikation näher zu beschäftigen
haben wird. Delaherche und Chaplet müssen daher
in einer Geschichte der modernen französischen Kunst-
töpferei mit an erster Stelle genannt werden. Die
roten und blauen Töne jener flammes beruhen auf der
Entwicklung des Kupferrots, dieser modernsten unter
den keramischen Farben. Doch gelangen Delaherche
auf Steinzeug mehr die bläulichen und violetten Ober-
gangsstufen, welche sich auf dem Wege eines chemischen
Prozesses im Brande darstellen, als die eigentliche, am
reinsten auf Porzellan in Erscheinung tretende Rot-
glasur. Einen besonderen Reiz haben diejenigen gres,
bei welchen das Kupferrot zwar entwickelt aber flockig
verstreut, gewissermassen gesprenkelt und getupft auf
der Fläche liegt. Auch hierbei spricht der geschickt
geleitete Brand, der art du feu, sehr wesentlich mit.
Oft ist dabei freilich die Wirkung mehr das Verdienst
des Zufalls als der Berechnung. Niemand hat übrigens
das für die Kunst Gefährliche, das in dem zufälligen
Erzielen blosser Farbeneffekte durch den Brand liegt,
MODERNE KERAMIK
Thongefässe von Prof. M. Läuoer, Karlsruhe (gesetzlich geschützt)
bourg eine Gruppe von Thonarbeiten erworben hat,
ferner Vallgren, Rhobalbhen,') den Bildhauer Pierre
Roche u. a. Die Genannten haben wiederholt auf
Ausstellungen mit Werken eigener Erfindung Aner-
kennung gefunden. Es war geradezu Modesache ge-
worden, Töpfe zu bemalen.
Gleichzeitig jedoch mit Carries, zum Teil schon
früher, trat eine Reihe französischer Keramiker hervor,
denen ähnliche und noch weitere Ziele vorschwebten
und die zusammen eine scharf ausgeprägte künstle-
rische Gruppe darstellen. Gemeinsam ist ihnen die
Bevorzugung des. Steinzeugs (gres) als Material, und
was den Dekor anlangt, die Anwendung vielfarbiger,
gemischter und geflammter Glasuren unter Verzicht
auf ein eigentliches Ornament. Die ornamentale Tendenz
tritt vor der rein koloristischen zurück. Bei jenen
Glasuren spielt das im Brande schwer zu entwickelnde
Kupferrot die Hauptrolle. Die Franzosen bezeichnen
daher jene Arbeiten, die erst im Feuer und unter
Vgl. Art et decoration (1897) Nr. 5.
Ausnutzung chemischer Vorgänge
ihre Farbenpracht entfalten, mit dem
treffenden Ausdrucke art du feu.
! 1
Auf der vorjährigen exposition
ceramique im Ausstellungsgebäude
auf dem Marsfelde zu Paris war jene
Gruppe französischer Keramiker ge-
schlossen vertreten und hat auch
eine Ende April dieses Jahres er-
öffnete keramische Ausstellung im
Kgl. Kunstgewerbemuseum zu Ber-
lin beschickt. An sie muss man
sich halten, um über die Ziele und
Erfolge der neuen Richtung in Frank-
reich Klarheit zu gewinnen. Sie
stellt den Zusammenhang zwischen
den dilettantischen Einzelleistungen
und Versuchen der modernen Lieb-
habertöpferei und der Industrie
her; ihr ist es vorzugsweise zu
verdanken, dass die französische
Keramik der Jetztzeit an der Spitze
derjenigen aller anderen Länder
Europas, das einzige Dänemark aus-
genommen, schreitet.
. Auf der Basis reicher tech-
nischer Erfahrung arbeitet die rühm-
lichst bekannte Werkstatt von Au-
guste Delaherche in Paris. Bereits
auf der Pariser Weltausstellung
von 188g erregten Delaherche's gres
flammes gleichzeitig mit den ge-
flammten Rotporzellanen von Ernest
Chaplct Aufsehen, und hiermit be-
rühren wir wiederum vorgreifend ein Gebiet, das uns bei
der modernen Porzellanfabrikation näher zu beschäftigen
haben wird. Delaherche und Chaplet müssen daher
in einer Geschichte der modernen französischen Kunst-
töpferei mit an erster Stelle genannt werden. Die
roten und blauen Töne jener flammes beruhen auf der
Entwicklung des Kupferrots, dieser modernsten unter
den keramischen Farben. Doch gelangen Delaherche
auf Steinzeug mehr die bläulichen und violetten Ober-
gangsstufen, welche sich auf dem Wege eines chemischen
Prozesses im Brande darstellen, als die eigentliche, am
reinsten auf Porzellan in Erscheinung tretende Rot-
glasur. Einen besonderen Reiz haben diejenigen gres,
bei welchen das Kupferrot zwar entwickelt aber flockig
verstreut, gewissermassen gesprenkelt und getupft auf
der Fläche liegt. Auch hierbei spricht der geschickt
geleitete Brand, der art du feu, sehr wesentlich mit.
Oft ist dabei freilich die Wirkung mehr das Verdienst
des Zufalls als der Berechnung. Niemand hat übrigens
das für die Kunst Gefährliche, das in dem zufälligen
Erzielen blosser Farbeneffekte durch den Brand liegt,