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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 9.1898

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Borrmann, Richard: Moderne Keramik, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4886#0179
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MODERNE KERAMIK

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klarer erkannt und
zum Ausdruck ge-
bracht als Dela-

herche selber.
„Mehrere meiner
Arbeiten, die ich
fortgeworfen habe
als nicht würdig,
einen Platz unter
meinen Erzeugnis-
sen zu behaupten
und meineSignatur
zu tragen, waren
thatsächlich be-
merkenswert. Un-
ter der Einwirkung
des Brandes waren
reiche und phan-
tastische Farbtöne
entstanden,und ich
hatte oftMühe,dem
Drängen von Lieb-
habern zu wider-
stehen, die von der
erzielten Wirkung
entzückt waren.
Aber das ist keine
Kunst.«1) Freilich
redet er auf der
anderen Seite mit
der Begeisterung
des Keramikers
denWirkungen des
Feuers das Wort.
„Welche Wunder können diese 1200 Grad Hitze zu
Wege bringen! Welcher Triumph, wenn man so glück-
lich ist, ein schönes Stück zu stände zu bringen, voll-
kommen und zufriedenstellend bis in die kleinsten
Einzelheiten sowohl wie als Ganzes. Ich ver-
sichere Sie, man fühlt sich dann reich belohnt
für alle Sorge, denn auch der Pinsel des
geschicktesten Koloristen ist nimmer im stände,
die Glut und Leuchtkraft, die Tiefe und Far-
benpracht dieser Emails zu erreichen.« Er
gesteht damit indirekt zu, dass ein Gerät
auch durch etwas anderes als durch kunstvolle
Form und Verzierung, allein in seiner tech-
nischen Vollendung, Anspruch auf Kostbar-
keit erheben darf.

Delaherche steht vollkommen auf dem
Boden der neuen Richtung, aber er ist zu
sehr Keramiker, um den willkürlichen und

Thongefäss von Prof. M. Läuoer, Karlsruhe
(gesetzlich geschützt).

gesuchten Formen mancher neueren nachzugehen, die
aus dem Topf ein plastisches Werk machen wollen!
In seinen Arbeiten lebt etwas von gotischem Form-
gefühl; manche seiner Gefässe erinnern, ohne dass
man auf bestimmte Vorbilder hinweisen könnte, an
mittelalterliche Bronzen. — Auch für das Baugewerbe
arbeitet er mit den Mitteln des art du feu durch die
Herstellung von Fliesen, Kaminbekleidungen und Thür-
umrahmurigen.

Wie Delaherche ist auch Dalpayrat*) in Paris von
Haus aus Keramiker, aber in manchem Betracht der
künstlerische Widerpart von jenem. Auch Dalpayrat's
Specialität bilden die gres flammes. Man erkennt ihn
leicht an den tieffarbigen, stumpfen, opaken Schmelz-
flüssen von eigentümlicher Patina, deren Aussehen die
Frage nahe legt, ob man es mit emailliertem oder mit
bemaltem Thon zu thun hat. Mit Vorliebe verwendet er
tiefblaue, rot und gelb gefleckte Emails, neuerdings bringt
er ein mehr entwickeltes Rot mit gelblichen Flüssen,
auch reine Rotglasuren. Anderseits ist Dalpayrat der
Hauptvertreter jener phantastischen Thonplastik, die
in den modernen Zinnarbeiten der Franzosen ihr
Gegenstück findet. Durch die gewagte Verbindung
von Menschenleibern und Tierkörpern erhalten
seine Formen oft etwas Gesuchtes und Willkürliches
und verleugnen den Charakter des Geräts. Auf der
Pariser keramischen Ausstellung sah man gut stili-
sierte Vasen mit Elefantenköpfen neben Gefässen,
deren Motiv ein Seekrebs inmitten bewegter Meeres-
wellen darstellte. Das Berliner Kunstgewerbemuseum
besitzt eine Vase, auf deren Schultern zwei prächtig
modellierte Panther.kauern. Derartige Arbeiten haben
auch im Auslande Schule gemacht. — Schaustücke
wie meterhohe Vasen en gres flammes, in den dunklen
satten Tönen alter Emailarbeiten geben Zeugnis von
der hohen technischen Leistungsfähigkeit der Fabrik.

1) Über Dalpayrat vgl. Revue illustree, Decembre 18

1) Diese Äusserungen des berühmten Kera-
misten sind einem Aufsatze im Studio XII, No-
vember 1897, entlehnt.

Thongefässe von Prof. M. Läuoer, Karlsruhe (gesetzlich geschützt).
 
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