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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 12,1.1898-1899

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Heft 2 (2. Oktoberheft 1898)
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Avenarius, Ferdinand: Nochmals vom Urheberrecht
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Bartels, Adolf: Zukunftslyrik?
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https://doi.org/10.11588/diglit.7957#0049

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das aber ist die große Aufgabe, die nach und neben der Urheberrecht-
gesetzung gelöst werden muß. Es gilt, jede geistige Kraft im Volke zu
der Arbeit heranzuziehen, mit der sie der Allgemeinheit am besten
dienen kann. Schreibt ihr alle Blätter voll, tagt ihr in euren Vereinen,
beruft ihr eure internationalen Kongresse dem Autorrecht zu lieb, so
wird's euch Herren von der Feder keiner verdenken: ihr wahrt halt da-
mit, so gut wie alle übrigen Erwerbsstände, eure berechtigten Jnteressen.
Ob aber Sudermann, Fulda, Blumenthal u.s. w. auch in Holland und
Amerika noch ihre Tantiömen einstreichen u. s. w., für unsre geistige Kultur
ist das keine hochwichtige Frage. „Befreiung des gesamten dichterischen,
musikalischen und überhaupt künstlerischen Schaffens von der Abhängig-
keit vom Marktwerte", so haben wir bezeichnet, was jenseit des Urheber-
rechtes vor unsern Augen als Ziel liegt. Wir wollen das nächste
Mal von einem Wege reden, der vielleicht zu diesem Ziele führt. Gibt
es doch im ganzen Gebiet der Kunstpflege keine einzige Frage, die wich-
tiger wäre, nicht etwa nur für Künstler, nein, für die Kunst, für unser
geistiges Leben überhaupt. A.

Lußunktsl^rilr?

„Dor große Weg zur Natur zurück, dcn scit dcr Renaissance die Kunst
nicht mehr gegangen und den nach den allerdings noch nicht überall und völlig
überwundenen Ellcktizismen einer Jahrhunderte langen Epigonenzeit endlich
breit wieder gefunden zu habcn, einer der denkivürdigsten Glückszufälle unseres
Zeitalters bleiben wird, den in der Litcratur, eine Gencration vor uns, zuerst
der Roman betrat und dann, erst in unseren Tagen, endlich auch das Drama
— dieser Weg ist in der Lyrik noch nicht beschritten worden." Arno Holz, der
die vorstehenden Sähe geschrieben, „beschreitet" ihn jctzt: er gibt seinen „Phan-
tasus" heraus, in dem ihm, wic er glaubt, wenigstens in einzelnen Gedichten,
in kleinen Absätzen, oft nur in wenigen Zeilen, das geglückt ist, was ihm vor-
schwcbt, und er erläutert zugleich in einer Selbstanzcige der „Zukunst", was
er will. Das ist, kurz gesagt: der Reim muß weg, der Rhythmus im bis-
herigen Sinnc muß weg, jedes Gedicht soll lcdiglich durch einen Rhythmus
getragen werdcn, der nur durch das lebt, was durch ihn zum Ausdruck ringt,
die Worte sollen ihre „ursprünglichen Werte" behalten. Holz verzichtet also,
um mich meiner Sprache zu bedienen, auf jede überliefertc Form, er will,
daß der Jnhalt des Gedichtes in jcdem einzelnen Fall die Form bestimme,
und glaubt, daß ein durch absolutc Ehrlichkeit des Dichters dcn Worten gcgen-
über zu erreichcndes völligcS Zusammensallen von Jnhalt und Ausdruck eine
bcstimmte, besondere, gleichsam fcste Form ergebcn werde.

Eh ich weiterspreche, will ich aus dcm bci Sasscnbach in Berlin erschie-
ncnen crsten Hefte dcs „Phantasus" einige Stücke hcrsetzen, damit der Leser
bcim Folgendcn eine Anschauung der Sache vor sich habe.

Jch liege noch im Bett und habe ebcn Kaffce getrunkcn.

Das Feuer im Ofen knattert schon,
durchs Fenster,
das ganze Stübchen füllend,

Schneelicht.

Aunstwart

2. Vktol-erheft t8A8
 
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