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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 12,1.1898-1899

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Heft 7 (1. Januarheft 1899)
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Schultze-Naumburg, Paul: Kunstpflege im Mittelstande, [11]: Gebrauchsgegenstände
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Lose Blätter
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https://doi.org/10.11588/diglit.7957#0249

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schön seien, verleiten läßr, sein ganzes Leben lang das Schrciben mit Störungen
zu vcrbinden. Vielleicht bringt man auch hier nicht ganz mit Unrecht die Aus-
redc: es gibt eben nichts anders. Aber da halte ich es immer noch für weit
besser, sich zu dem schlichten Bureaumaterial etwa von Soennecken zu retten,
als sich mit Trivialitäten des Galanteriewarenhändlers zu befassen. Es ist
schade, daß sich solche Firmen, die sachliche Forderungen in geradezu raffi-
nierterWeise befriedigen, da, wo es fich um verfcinerte Formen für den Haus-
gebrauch handelt, nicht mit wirklichen Künstlern in Verbindung setzen, sondern
dem ästhetischen Genüge geleistet zu haben glauben, wenn sie z. B. dem vor-
her einwandfreien Tintenfaß einen schlechten Akanthus aus gestanztem Blech
auf den Kopf gesetzt und rechts und links Gelegenheit zum Wehthun gegeben
haben, anstatt in der Verfeinerung der Linie des eigentlichen KörperS die
Aufgabe zu erblicken. Jch kann bis heut nur raten, ruhig die praktischen
und gänzlich unverzierten Gegenstände zu kaufen, sie können gür mein Em-
pfinden selbst in der üppigsten Einrichtung keinen störenden Fleck bildcn.

Dasselbe odcr ähnliches gilt vom Rauchzeug und all den petits riens,
von denen ich ebenfalls neulich schon sprach. Wollte ich noch von all dem
einzelnen reden, das einem beim Durchgehen von Wohnungen einfällt, so käme
ich vom Hundertsten ins Tausendste. Jch kann noch erinnorn an das Massen-
aufgebot von Photographieen Verwandter und Bekannter, die ja für den Be-
sitzer Stimmungswert haben, die diesen Wert jedoch nicht verlieren würden,
wenn man sie anstatt unschön, geschmackooll anordnete. Ein Heer von kleinen
gepreßten Rahmen ist sicherlich nicht geschmackvoll, besser schon sind die als
Reiseetuis bekannten Ledertäschchen zum Zusammenklappen, und recht ausbau-
fähig erscheint mir die heute manchmal angewandte Jdee, Glasrahmen in ge-
eigncter Weise mit Möbeln zu.verbinden, hinter denen man dann ganz passabel
Wechselausstellungen von Photographieen machen kann. Allerdings kann das,
falsch oder sinnlos gemacht, sich ebenfalls ins Schlimme wenden.

Schultze-Naumburg.

Lose Vlütter.

Aus Vjörnstjcrnc Bjövnsons „spnul Lange uud Tora ^arsberg".

Vorbemerkung. Das neue Werk von Björnson — ich meine den
Vater — ist in der dcutschen Ausgabe soeben bei Langen in München er-
schienen. Es handelt durchaus von Politik, aber nicht eigentlich von der Po-
litik irgend eines Einzelfalls. „Politischer Stücke" habcn wir ja eine Anzahl,
meist aber sind sie Jntriguenstückc, wo das Vergnügen an den Verschlingungen
der Handlung cben eines Einzclfalls die Hauptsachc ist. Bei Björnsons
neuem Werke dagegcn hat, wie etwa bei Jbsens „Volksfeind", die politische
Handlung selbst nur die Bedcutung des Symptoms oder, wenn man will, des
Symbols: die Politik als solche, das „Charakterverderbende" ihres Trei-
bcns soll beleuchtet wcrden, dic gcfährliche Verderbtheit dcr politischen Moral.

Jm Mittelpunktc steht der eben zurücktretende Minister Paul Lange.
Dcr König läßt ihn bitten, für seinen alten Ministerpräsidenten noch einmal
im Parlament cinzutreten — zur Entschädigung für den etwaigen Verlust
einer „politischen Chance" dadurch bietet er ihm einen Gesandtenposten. Langes
Abneigung gegen „öffentliche Abstrafungen"' deckt sich mit des Königs Wunsch,

z. Ianuarheft

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