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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 12,1.1898-1899

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Heft 8 (2. Januarheft 1899)
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Volkskunst
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Schultze-Naumburg, Paul: Etwas über Technik in bildender Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.7957#0281

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des Gedcihens zu erwerben, dient eben, so glauben wir, nichts besser, als die
»Volkskunst«". —

Und nun, was die Fabel lehrt. Forderungen dieser Art waren es, uber
deren Nioderschrift eine der angesehensten Autoritäten des damaligen Kunst-
gewerbes, cben Jlg, seiner Zeit Ausdrücke wie „Geschwätz"', „Plunder", „Jammer-
blüttchen", „albern", „elend", „miserabel", „armfelig", „phrasenhaft", „un-
verschämt", „schmachvoll", „schofel", „läpperig" in eine einzige Besprechung zu-
sammengoß. Und jetzt? Der Namc „VolkSkunst" war eben ein Name, welcher
der sachlichen Grundsätze aber, die in diesem Programm ausgesprochen liegen,
das samt den „Kämpen des Kunstwarts" damals von den Hochmögenden so
stolz verachtet wurde, ist heute nicht anerkannt? Sio sind Forderung aller
geworden, die man überhaupt noch ernst nimmt, und auch an den leitenden
Stellen dcr Sammlungen stehcn zumeist schon Männer, die sie verfechten. Aber
Schwindrazheims „Beiträge" sind längst unbeachtet eingegangen, ihn selbst hat
man noch nicht einmal irgendwohin als Lehrer berufen, unser „Kunstgewerbe"
mußte auch den Kampf ausgeben, und der „Kunstwart" selbst ward nur durch
die Opferfreudigkeit seines Verlegers über Wasser gehalten, bis das deutsche
Volk in seinem elften Kampfesjahre cntdeckte, daß er da sei. Die Entdeckung
aber, daß auch Leutc wio Schwindrazheim und ihre Arbeit da sind und vor
allem: daß sie da waren, schon lange, che die „neue Mode" kam, hat man
noch heute nicht gcmacht. Man hatte ja zu viel nach England oder Frankreich
zu sehen. Dort nämlich verfochten ein paar Jahre nach den ersten deutschen
Äünstlern Fremde üasselbe wi: sic. Nun warL „weit her", nun durste mans
beachten.

Ltwas über tlecbnik in bildender lirunst.

Die Bedcutung der Technik in der bildenden Kunst ist lange Zeit sehr
unterschätzt worden, eine Untcrlassung, die gar manche Schäden gezeitigt hat,
auf welche dann eine Reaktion eintreten mußte. Man glaubte lange, die
Kunst als solche hätte mit Technik als solcher nichts zu thun. Aber der
Zusammenhang zwischcn der geistigen und der handwcrklichcn Seite ist sehr
intini und die Wechselbezichungcn der beidcn sind sehr mannigfaltig: die geistig
feinsten Künstler sind zumeist auch vorzügliche Techniker gewesen, eine ausge-
bildete Technik kann auch die geistigen Krästc der Kunst erweitern, indcm sie
ihre Ausdrucksmittel, ihre Sprache, verbcssert. Gcrade in dcn letztcn Jahren
ist nun mit der erncuten regercn Entfaltung der Kunst in jugendstarkcm
Wachstum cin eindringlicheres Studium der Technik Hand in Hand gegangen.
Wird es dcn kunstliebcndcn Leser intcressicren, in kurzcn Worten etwas darüber
zu hören?

Was man bei uns Oclmalerei nannte, war wenig systematisch ausgebaut,
die wisscnschaftliche Grundlage war wohl cinigen bekannt, doch bci wcitem den
meisten der Ausübenden nicht. Der Lehrgang auf Akademiccn und Privat-
anstalten schloß eine Fakultät für Technik nicht cin, und wo einc vorhanden
war, bcstand sie mehr auf dein Papier, als in der Wirklichkcit. Rtan kaufte
die Oelsarben in irgend einer Handlung und malte dann halt drauflos, bis die
Leinwand ungefähr so aussah, wie man sie haben wollte. Schade nur, daß
man dadurch nicht allein die Haltbarkeit dcr so gemaltcn Arbeiten in ciner

2. Ianuarheft ^899
 
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