Ich weiß nicht, wie mir ist ....
Als ob ich weinen müßt'I
N)as gab ich auch mein Bübchen hin,
Daß ich nun so alleine bin,
Ls dorten und ich hier —
Ach Gott, bebüt' ihn mir!
Anna Ritter.
(Gedichte, Leipzig, Liebeskind.)
Stimme im Regen.
„Lin seiner Regen strichelt um mich her —
mir ist das Herz von ^eimweh krank und schwer —
so wandle ich auf unbekannten kvegen
dem Nichts entgegen.
Vom l)ut tropft mir das Wasser ins Gesicht —
ein grauer Nebel rings — mehr seh' ich nicht —
kein lNenschenlaut, kein Leben, kein Bewegen —
nur Regen . . Regen . .
Ls kämxft mein Fuß im schlüxfrig weichen Grund,
in Wölkchen damxft der Atem mir vom Mund,
der Regen scheint sich tief in alle Poren
mir einzubohren.
Der nadelfeine Regen macht mir Schmerz;
ich fühle: er durchdringt mich bis ans kserz.
Mein lscrz ist müde, und es ruhte gerne
o in die Ferne —I
kscut ist's ein Iahr, daß du und ich uns sanden —
und sind gctrennt, in sremden, kalten Landen.
Aönnt' ich mein kserz in deine 6ände legen!"
— Ls rauscht dcr Regen . . .
Max Bruns („Aus mcinem Blutc",
Minden, I. L. L. Bruns).
ll^undscbau
Litcratuv.
*Verzeichnen ivenigstcns müssen
doch auch wir Bismarcks „Gcdanken
und Erinncrungen". Dic eigentliche Bc-
sprechung dcs Buchs gehört selbstver-
ständlich nicht in den Kunstwart,
selbst das wird Sache des Kulturhi-
storikers sein: das merkwürdige Ver-
halten unserer Presse gegenüber dieser
ungcheurcn Zertrümmerung histo-
rischer Mythen zu untersuchen. Wir
haben uns nur mit der Form des
Werks zu bcschästigen, von dcr abcr darf
auch der Kunstfreund reden, denn sie ist
bewunderungswürdig und dabei zum
Staunen charakteristisch für Bismarck.
Wie hicr innerhalb des Stiles sach-
lichster Relation Menschen und Dinge
ost nur mit zwei Worten in volles
Leben gesetzt werden, das ist zum
Entzücken, auch schon rein technisch.
Wir glauben nicht, daß die deutsche
Literatur ein zweites Buch hat, das
mit so vollkommcn sicherer Üebcrlegen-
heit aristokratisch reservierte und demo-
2. Dezemberheft tky8
207
Als ob ich weinen müßt'I
N)as gab ich auch mein Bübchen hin,
Daß ich nun so alleine bin,
Ls dorten und ich hier —
Ach Gott, bebüt' ihn mir!
Anna Ritter.
(Gedichte, Leipzig, Liebeskind.)
Stimme im Regen.
„Lin seiner Regen strichelt um mich her —
mir ist das Herz von ^eimweh krank und schwer —
so wandle ich auf unbekannten kvegen
dem Nichts entgegen.
Vom l)ut tropft mir das Wasser ins Gesicht —
ein grauer Nebel rings — mehr seh' ich nicht —
kein lNenschenlaut, kein Leben, kein Bewegen —
nur Regen . . Regen . .
Ls kämxft mein Fuß im schlüxfrig weichen Grund,
in Wölkchen damxft der Atem mir vom Mund,
der Regen scheint sich tief in alle Poren
mir einzubohren.
Der nadelfeine Regen macht mir Schmerz;
ich fühle: er durchdringt mich bis ans kserz.
Mein lscrz ist müde, und es ruhte gerne
o in die Ferne —I
kscut ist's ein Iahr, daß du und ich uns sanden —
und sind gctrennt, in sremden, kalten Landen.
Aönnt' ich mein kserz in deine 6ände legen!"
— Ls rauscht dcr Regen . . .
Max Bruns („Aus mcinem Blutc",
Minden, I. L. L. Bruns).
ll^undscbau
Litcratuv.
*Verzeichnen ivenigstcns müssen
doch auch wir Bismarcks „Gcdanken
und Erinncrungen". Dic eigentliche Bc-
sprechung dcs Buchs gehört selbstver-
ständlich nicht in den Kunstwart,
selbst das wird Sache des Kulturhi-
storikers sein: das merkwürdige Ver-
halten unserer Presse gegenüber dieser
ungcheurcn Zertrümmerung histo-
rischer Mythen zu untersuchen. Wir
haben uns nur mit der Form des
Werks zu bcschästigen, von dcr abcr darf
auch der Kunstfreund reden, denn sie ist
bewunderungswürdig und dabei zum
Staunen charakteristisch für Bismarck.
Wie hicr innerhalb des Stiles sach-
lichster Relation Menschen und Dinge
ost nur mit zwei Worten in volles
Leben gesetzt werden, das ist zum
Entzücken, auch schon rein technisch.
Wir glauben nicht, daß die deutsche
Literatur ein zweites Buch hat, das
mit so vollkommcn sicherer Üebcrlegen-
heit aristokratisch reservierte und demo-
2. Dezemberheft tky8
207