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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 23,1.1909

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Heft 1 (1. Oktoberheft 1909)
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.8818#0047
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Bcdeutung wie für den Maler
und den Musiker die Lechnik der
Farben- und die dcr Tongebung.

Wie kourmt es nun aber, daß
die Welt anderer Meinung ist?
Daß immer von der Sprache der
Dichter gar so viel Aufhebens ge-
machtwird? Ichglaube: das kommt
davon, daß uns die Dichtcr, vor
allem die griechischen und römi-
schen Dichtcr, von den Sprachgc-
lehrten vermittelt wordcn sind.

Carl Spitteler

siebenerlei Straßen in die Welt
hinausgeweht, nach seltsam fähr-
lichen Verwicklungen wieder zn-
sammen- und zur Ruhe ins Vater-
haus geführt. Echte Naivität vcr-
biudet sich in dieser Erzählung mit
so viel Weisheit, wie nötig ist,
um der Wald-, Prinzessin-, Räu-
ber- und Königs-Poesie einigen
sinnbildlichen Untergrund zu ver-
leihen, also daß die unlogischenFabu-
lierungsreste des richtigen Märchens
auch hier reizvoll stehenbleiben.

„Die vier Fichten" umfassen
ebenfalls ein keck und innig abson-
derliches Waldmärchen mit Welt-
all-Untertönen. Zwischen Märchen
und Novelle vermitteln zwei wei-
tere Stücke. Das eine erzählt von
einem Kind, das seinen Schlaf dem
schlaflosen Vater abgibt, das andre
von einem Verwitweten, dcn seine
abgeschiedenen Lieben, Weib und
Kind, durch einen zart-geisternden
„Besuch" bald nach sich ziehen.
„Der Dickkopf und das Peterlein"
schildert wirklichkeitsmäßig die rüh-
rende Freundschaft zwischen einem
Verkommenen und einem gütigen
Kind. Im „Pfarrkranz" werden
Kinderstreiche behaglich zum besten
gegeben.

„Ein rasches Ende" heißt eine
spannungsreiche Episode aus den
Kriegen mit der ersten französischen
Republik; das tragische Ende über-
zeugt da nicht ganz, das im Titel
festgelegte Programm wird ein biß-
chen zu prompt durchgeführt und
variiert. Im Gegensatz dazu bringt
„Die Frühglocke" den erfreulichsten
Ausgang einer bitterbös anheben-
den Sache: Ott Heinrich, der Pfalz-
graf bei Rheine, muß einen Stu-
denten, der beim Tanz einen er-
stochen hat, zum Tod verurteilen;
wenn am nächsten Morgen die
Frühglocke ausläutet, soll er er-
schossen werdcn. Das Mägdlein
aber, um das der Streit geschah,

Viererlei Novellen

^>ier Bände Novellen, die von
^-^vier Arten dcr Novelle Zeug-
nis geben: von der Geschichte klei-
neren Schlags, von der kultur-
geschichtlichen Novelle, der pshcho-
logisch-impressionistischen Skizze und
der romantischen Fabclteufelei. Na-
tnrlich sind da außerdem einzelne
vermischte Spielarten und Abcr-
gangsstücke, die zwischen zweicn
oder dreien der Bücher gewisse
Abereinstimmungen schaffen; doch
im wesentlichen bedeutet jedcr Band
eine andre Art.

Von Adolf Schmitthenner,
dem Heidclberger Pfarrer und Dich-
ter, wieder cinem zu früh vom Tod
Entführten, wird uns eine inner-
lich und äußerlich starke Samm-
lung vorgelegt, von deren einzelnen
Stücken hier zum Teil schon gespro-
chen ist: „Die sieben Wochen-
tage und andere Erzählungen"
(Stuttgart, Deutsche Verlags-An-
stalt).

Der Teil, der dem Ganzen den
Namen gab, ist ein Märchen. Sie-
ben Geschwistcr, armer Leute Kin-
der, geboren nach der Reihe an
sieben verschiedenen Wochentagen
und nach diesen benannt, werden
von einem alten Hcrrn Paten, der
schließlich als der liebe Gott zu
erkennen ist, mit absonderlichen
Merkmalen gezeichnet und auf

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