Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 23,1.1909

DOI Heft:
Heft 2 (2. Oktoberheft 1909)
DOI Artikel:
Polenske, Karl: Sachlichkeit und Sachenrecht
DOI Artikel:
Lose Blätter
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.8818#0119
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Staat und Gemeinde zu bewegen, allgemein ihre Ländereien an den
Grenzen dichtbewohnter Gebiete derart an die einzelnen zu über-
lassen, daß sie den Boden nur als Werk- und Wohnstätte benutzen
dürfen, werden dann auch diese dem Boden Wiederzugeführten ihn so
benutzen, daß auf ihm gesund und schön gewohnt und viel und gut ge-
wirkt wird?

Bei den Erfolgen, die der Geist der Sachlichkeit und Ausdrucks-
pflege schon jetzt überall hat, wird man diese Frage froh bejahen
dürfen. Aber man muß auch umgekehrt gestehen: Wenn wir die
rührige städtische Hälfte des deutschen Volkes nicht wieder boden-
ständig machen, bleiben mit ihr all die zarten Pflänzlein künstle-
rischen, wirtschaftlichen, politischen und sonstigen Erwachens, die wir
in seine Seele senken, wurzellocker. Karl Polenske

Lose Blätter

Aus dem„FröhlichenBuch"von Ferdinand Avenarius

fDas ^Fröhliche Buch" erscheint als drittes der „Hausbücher" des
Kunstwarts in diesen Tagen. Was es bringt, davon möge auch an dieser
Stelle scin Vorwort sprechen:

„Günstiger Leser, nimmst du dies Buch in die Hand, so nimm's auch
schon mit dcm, was es dir bringcn will — nimm's mit Humor! Denn
siehe, nur dann könnte dir's trotz all der losen Schrauben darin mög-
licherweise gefallen, was aber hast du davon, wenn's dich ärgert?...

Eigentlich wär ich mit dem Vorwort nun fertig, da wir aber in deutschen
Landen leben, wo jeder vor allem einmal ausweisen muß, daß er, wie
der Bayer sagt, eine Bildung hat, so fange ich nun erst an.

Haben wir bereits einen aus dcr ganzen Fülle des dcutschen Dichter-
humors gesammeltcn Blumenstrauß für solche Leser, die im Theater nicht
schon bei Blumenthal und Kadelburg zufrieden sind? Bescheiden gesagt:
jedenfalls bei weitem in den meisten, die ich kenne, spukt um die Wiesen-
blumen der Volksschwänke oder auch ganz für sich allein der hochbeliebte
»Knallerbsen-« und »Lachpastillen«-Geist; oder sie tun, als schäume der
deutsche Poetenhumor wenigstens zu drci Vierteln mit Bierschaum und
Anekdotenrauch, währcnd das letzte Ouart sich mit Pointen in die Luft
verspritzt. Nun erscheint ja wirklich vielen Guten als der höchste heitere
Gcnuß die uncrmüdet gepriescne »Zwcrchfellerschütterung«. Aber so vielen,
daß man eine fröhliche Lese nicht nur aus einzelnen Gebieten, nein, aus
dem Vollen für anspruchsvollere Leute gar nicht versuchen durfte? Eine
Lese brauchcn wir nicht nur des lachenden Humors, sondern auch des
verhaltenen, keuschen, der nur so leise wie die Sonne in der Träne blinkt,
und des starken, der das Auge von aller Tränerei freimacht, indem er
fest in diese Wahrheit zu sehen lehrt, die deshalb, weil sie uns fatal
sein mag, noch lange nicht aufhört, als große Regiererin des Alls das
Allcrschönste auf der Welt zu sein. Ich meinerseits möchte glauben:
man wird schon nach ein paar Iahren kaum begreifen, daß das vorliegende
»Fröhliche Buch« der früheste Versuch war, auf seine Weise den Humor
als Seelsorger ins deutsche Haus zu laden.

2. Oktoberheft l9B 89
 
Annotationen