Bildende Kunst
als das jetzige Anternehmen, das
den Namen Volks--Ausgabe, wie
wir wohl nachgewiesen haben, mit
Unrecht trägt. A. Witting
Bayreuther Theaterzettel
esucher Bahrenths senden uns
mit Entrüstung und Spott die
Theaterzettel, die am Bühnenfest--
spielhause verteilt werden. Diese
enthalten oben kurz die nötigen
Personenangaben und auf der
Nückseite den Plan des Hauses
mit den Platznummern — im übri--
gen aber Inserate auf Inserate.
Dem Geist, der eben beim Bühnen--
weihspiel Parsifal geweilt, wird
zugemutet, sich sofort darauf mit
französischer Küche, Autotouren-
Wagen, Selzerbrunnen-Großkarben
usw. zu beschäftigen. Dazu ist der
Zettel sehr geschmacklos gesetzt.
Natürlich ist das unschön und
Bayreuths uuwürdig. Nur ist es
ebenso falsch, ohne weiteres „Wahn--
fried" hierfür verantwortlich zu
machen, wie etwa für die wider--
wärtige „Bayreuthnummer", die
eine Spekulation ganz sicher nicht
„Wahnfrieds", sondern der Leip-
ziger „Illustrierten Zeitung" ist.
Wir vermuten, die Bewohner
Wahnfrieds hatten einfach zu viel
Wichtigeres im Kopf, als daß sie
an diese Nebensachen dachten. Aber
eigentlich sollte bei diesen Spielen
so wenig wie auf der Bühne auch
außerhalb ihrer etwas nebensächlich
scin — das ist richtig. Es wäre
wünschenswert, daß man durch Ab°
hilfe, wo sie angeht, und durch
klaren Protest, wo sie nicht angeht,
die Einheitlichkeit Bayreuther Fest-
geistes vor solchen Störungen
schützte.
Antikes Nokoko
as Meisterwerk antiker Nokoko-
kunst, das unsre Beilage zeigt,
steht in keinem unsrer Museen,
sondern in der Abguß-Sammlung
der Prager Deutschen Aniversität.
Dieser seltsame Tatbestand weist
darauf hin, daß seine Wiedergewin-
nung sich auf recht ungewöhnlichem
Wege vollzogen haben wird. And
gab zugleich den Anlaß, mir als dem
Leiter dieser Sammlung das Wort
zu erteilcn, nicht um die künstlerische
Bedeutung des Werkes ins rechte
Licht zu stellen, von der die Ab-
bildung allein dem Betrachter übcr-
zeugend sprechen kann, sondern um
zu berichten, wie es zustande kain.
Den Gelehrtenkreisen war seit
mehr als zwanzig Iahren die hier
abgebildete Münze von Khsikos
bekannt, deren beide Figuren sich
leicht als Abbildungen zweier in
zahlreichen Exemplarcn in unsern
Antikensammlungen vorhandenen
Gestalten erkennen ließen und deren
Schätzung im Altertum damit er-
wiesen war. Der Satyr war aus
dem Florentiner Exemplar, das
in der Rcnaissance zu einem
Beckenschläger ergänzt ward und
seinen Ehrenplatz in der Tribuna
der Uffizien erhielt, geradezu welt-
bekannt geworden. Etwas weniger
bekannt blieb die reizvolle sitzende
weibliche Gestalt, die sich an ihrem
Schuhwcrk zu schaffen macht und
als Qucllnymphe erklärt wurde,
welche im Begriffe sei, ein Bad zu
nehmen. Danach mochte es freilich
scheinen, als ob die Begegnung
dieser beiden Gestalten auf dem
Münzenbilde eine bloß zufällige
gewesen wäre, von der man am
besten kcine Notiz zu nehmen habe.
Der Anschauung, daß hier ein
großes Kunstwerk, das beide Ge-
stalten zu lebendigem Zusammen-
wirken vereint, anzunehmen sei,
konnte erst Bahn gebrochen wer-
den, wenn dieses sclbst wieder er»
stand. Die erste Vorbcdingung da-
zu war, beideu Gestalten die rich-
tigen Köpfe zuzuweisen und diese
56
Kunstwart XXIII, s
als das jetzige Anternehmen, das
den Namen Volks--Ausgabe, wie
wir wohl nachgewiesen haben, mit
Unrecht trägt. A. Witting
Bayreuther Theaterzettel
esucher Bahrenths senden uns
mit Entrüstung und Spott die
Theaterzettel, die am Bühnenfest--
spielhause verteilt werden. Diese
enthalten oben kurz die nötigen
Personenangaben und auf der
Nückseite den Plan des Hauses
mit den Platznummern — im übri--
gen aber Inserate auf Inserate.
Dem Geist, der eben beim Bühnen--
weihspiel Parsifal geweilt, wird
zugemutet, sich sofort darauf mit
französischer Küche, Autotouren-
Wagen, Selzerbrunnen-Großkarben
usw. zu beschäftigen. Dazu ist der
Zettel sehr geschmacklos gesetzt.
Natürlich ist das unschön und
Bayreuths uuwürdig. Nur ist es
ebenso falsch, ohne weiteres „Wahn--
fried" hierfür verantwortlich zu
machen, wie etwa für die wider--
wärtige „Bayreuthnummer", die
eine Spekulation ganz sicher nicht
„Wahnfrieds", sondern der Leip-
ziger „Illustrierten Zeitung" ist.
Wir vermuten, die Bewohner
Wahnfrieds hatten einfach zu viel
Wichtigeres im Kopf, als daß sie
an diese Nebensachen dachten. Aber
eigentlich sollte bei diesen Spielen
so wenig wie auf der Bühne auch
außerhalb ihrer etwas nebensächlich
scin — das ist richtig. Es wäre
wünschenswert, daß man durch Ab°
hilfe, wo sie angeht, und durch
klaren Protest, wo sie nicht angeht,
die Einheitlichkeit Bayreuther Fest-
geistes vor solchen Störungen
schützte.
Antikes Nokoko
as Meisterwerk antiker Nokoko-
kunst, das unsre Beilage zeigt,
steht in keinem unsrer Museen,
sondern in der Abguß-Sammlung
der Prager Deutschen Aniversität.
Dieser seltsame Tatbestand weist
darauf hin, daß seine Wiedergewin-
nung sich auf recht ungewöhnlichem
Wege vollzogen haben wird. And
gab zugleich den Anlaß, mir als dem
Leiter dieser Sammlung das Wort
zu erteilcn, nicht um die künstlerische
Bedeutung des Werkes ins rechte
Licht zu stellen, von der die Ab-
bildung allein dem Betrachter übcr-
zeugend sprechen kann, sondern um
zu berichten, wie es zustande kain.
Den Gelehrtenkreisen war seit
mehr als zwanzig Iahren die hier
abgebildete Münze von Khsikos
bekannt, deren beide Figuren sich
leicht als Abbildungen zweier in
zahlreichen Exemplarcn in unsern
Antikensammlungen vorhandenen
Gestalten erkennen ließen und deren
Schätzung im Altertum damit er-
wiesen war. Der Satyr war aus
dem Florentiner Exemplar, das
in der Rcnaissance zu einem
Beckenschläger ergänzt ward und
seinen Ehrenplatz in der Tribuna
der Uffizien erhielt, geradezu welt-
bekannt geworden. Etwas weniger
bekannt blieb die reizvolle sitzende
weibliche Gestalt, die sich an ihrem
Schuhwcrk zu schaffen macht und
als Qucllnymphe erklärt wurde,
welche im Begriffe sei, ein Bad zu
nehmen. Danach mochte es freilich
scheinen, als ob die Begegnung
dieser beiden Gestalten auf dem
Münzenbilde eine bloß zufällige
gewesen wäre, von der man am
besten kcine Notiz zu nehmen habe.
Der Anschauung, daß hier ein
großes Kunstwerk, das beide Ge-
stalten zu lebendigem Zusammen-
wirken vereint, anzunehmen sei,
konnte erst Bahn gebrochen wer-
den, wenn dieses sclbst wieder er»
stand. Die erste Vorbcdingung da-
zu war, beideu Gestalten die rich-
tigen Köpfe zuzuweisen und diese
56
Kunstwart XXIII, s