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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 23,1.1909

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Heft 4 (2. Novemberheft 1909)
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Unsre Bilder und Noten
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https://doi.org/10.11588/diglit.8818#0345
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recht intcressant, schon auf den seelischen Gehalt hin dieses Werk mit
Friedrich Kallmorgens „An die Arbeit" Zu vergleichen, von dem wir
kürzlich (XXII, 2() eine Duplexnachbildung brachten. Der Schauplatz
beider Bilder ist gar nicht fern voneinander, und ihre Staffage ähnelt
sich so, datz der kleine Dampfer auf Grethes Bild einer aus der Kall--
morgenschen Dampferschar sein könnte. Aber für Grethe war die Poesie
der Farbeder Ausdruck des Wasserlebens da, in desseu violette Ge-
sänge der gelbe Dampfer, im Abendlicht orange, wie eine Trompeten-
fanfare tönt. So taucht alles Linzelne der Formen in Farbe unter.
Bei Kallmorgen bleibt es, denn bei seinem „An die Arbeit" stand ihm
das Gegenständliche weit mehr im Vordergrunde des Bewutztseins. Selbst
ein paar Gesichter auf den Schiffen kann man immer noch deutlich
genug sehn, um den Lindruck von Mcnschentypen zu erhalten. Uns
ist, als schallte übers Wasser die gewaltige Hafcnshmphonie, die kürzlich
einen jungen Schriftsteller zu so begeistertem Preisen erregt hat (vgl.
K'w. XXII, i?. im Leiter). Auf beiden Bildcrn, aber auf jedem ganz
anders.

Wir fahren vorbei und zur See hinaus. Und immer weiter, über
die Nordsee in den Ozean. Daher stammt Karl Leipplds Bild.
Die Einsamkeit der Wasserwüste, die wir nur noch mehr ' empfinden,
weil dahinten, verloren im -Raume, ein Segler dämmert. Die be-
rühmten „laugen", die weit voneiuander cntfernten grotzen, ruhigen, ge-
lassenen Wogen der Hochsee. Eine wogende Wüste, wenn man Wogendes
Wüste nennen kann. Ls ist schon Größe in diesem Bild — wir wollen
uns den Namcn des Malers, der jetzt noch ein „neuer" Name ist, merken.

Wäreu wir aber mit Kallmorgens Hamburger Arbeiterdampfer ge-
landet, wir wären bald Bildern begegnet wie dem von Erich Kuit-
han, das wir im Terte bringen. Das ist nur eine Illustration, aber
endlich einmal cine künstlerische. Sie stellt das Einsetzen cines Glas-
hafens in den Schmelzofen dar und ist dem bei Eugen Diederichs in
Iena erschienenen und auch sonst sehr interessanten Buche von Zschimmer
über „die Glasindustrie in Iena" entnommen. Wir dcnken bald einmal
wiedcr über Illustratiou zu sprechen und sagen dann einiges Prinzipielle
zur Sache. Hier ist dcr Vorgang nicht nur mit dem Stifte „beschrieben",
hier ist er „dargestellt" — er gibt nicht Referat, er gibt Lrlebnis.

Zu der Illustrationsbeilage vom Neubau der Münchner Uni-
versität wird in der Rundschau dieses Heftes gesprochen. A

"H? nsrc Notenbeilage bringt diesmal als einen Vorklang der Weihuachtszeit
^ein fränkisches Volkslieb, an dcm man so rccht crfühlen mag, wie laute,
helle Festesfreude in schlichter, aber darum nicht weniger überzeugender
Form volkstümlichen Ausdruck finden kann. Wir entnehmen sic als
Kostprobe den drci Heften dcr „Dcutschen Weihnacht", die Georg Winter
(Leipzig) im Rahmen der Hausmusik des Kuustwarts soebeu herausgegcben
hat. Ste enlhalten einen Schatz ausgewählter Weihnachtsvolkslieder aus den
Alpen, aus Franken und Schtesien, unö in jedem hat sich cchte, phrasen-
lose dcutsche Weihnachtsstimmung in Wort und Weise verdichtet. Zur
Vergleichung mag ein polnisches Weihnachtslied dienen, das
Reinhard Oppel (München) für dcn Kunstwart gesetzt hat. Quelle:
30 slawischc geistliche Melodien aus dem (6. und (7. Iahrhnndcrt, hcraus-
gegeben vou G. Döring (Leipzig (863). Die Melodie bleibt durch die ver-
schiedenen Strophen gleich, ist aber, um ihr größere Mannigfaltigkeit zu
geben, nicht nur im Satz verschieden behandelt, sondern auch in höhere
oder tiefere Tonarten gerückt worden. Dis letzte Seite füllten wir mit
einem zur Begleitung der Gitarre eingerichteten altdeutschen Liedchen
„Für sufzehn Pfennige". B

Herausgeber: vr. b. c. Ferb. Avenarius in Drcsdcn-Blascwitz; vcrantwortl.: dcr Herausgcber —
Berlag von Georg D- W. Lallwcy, Druck von Kastncr L Lallwey, k. tzosbuchdruckerei in Wünchen
— In Ssterreich-Ungarn für Herausgabe nnd Schriftleitung vcrantwortl.: Hugo Hcller in Wien I

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