Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 25,2.1912

DOI Heft:
Heft 7 (1. Januarheft 1912)
DOI Artikel:
Rundschau
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.9026#0064
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
volle Vokale legt, ein „i" oder „u"
einzusetzen, oder einen freiliegen-
den gehaltenen Ton in konsonanten-
gespickte Silben zu zerteilen. An
einem Notenbeispiel möchte ich die-
sen Fall gleichzeitig mit der hän»
figen Vergewaltigung der musikali-
schen Ursorm aufzeigen, die in Ver-
schiebung der richtigen Akzente, Zer-
störung der Phrase im ganzen Auf-
bau wie durch die beliebten „Flick-
noten" ausgeübt wird. Es findet
sich in der allbekannten Sterbeszene
des Valentin in Gounods „Mar-
garete" — im oberen System stehen

Originalnoten und -text nebst einem
Abersetzungsvorschlag, darunter die
übliche Form der Klavierauszüge.
Die französische Partitur malt uns,
wie der todwunde Valentin sich em-
porrichtet bis zu dem nach einer
Pause der Anspannung ganz frei
herausgestoßenen drohenden: »'boi!"
— und dann zusammenbricht. In
der deutschen Fassung schwächen die
in die Pausen eingeschobenen Flick-
worte, schwächt die ganze Weit-
schweifigkeit überhaupt die dra-
matische Wirkung der Stelle aufs
empfindlichste ab.

^—



-L-,-^-O-M







. —_/_ ^^^^_

, ^ ^^ ^





Wohl trifft uns alle einft der Tod, wie es je°dem be°stimmt ist durch Gottes Ge°

^ ^« « « «-._«^__- - .—






__—I__j_^








-:—^

—^^

Dem ei - nen ist's hier wohl, dem an-dern weh, die Stnnde kommtja

*) (aussteigenber Gang des Orchesteri!)

Ebenso wird man gut tun, die
ganz sinnlose Verwünschung Valen-
tins: „weil du lebst, sei verslucht"
wortgetreu zu ändern in:

„öleur8! bt 8i vieu te pLrctonue
80l8 mauäite iei bas!"

„Stirb! And mag Gott dir ver-
geben, hienieden sei verflucht!"

Endlich noch ein Beispiel aus der
zahllosen Schar derer, denen man
den Merkspruch vorsetzen muß:
„Vernunft wird Unsinn." Hier wird
der Inhalt der Vorlage bis zur
Rnkenntlichkeit entstellt, auch in sein
gerades Gegenteil verkehrt (wie soll
sich dann der Darsteller mit solchen

Momenten abfinden?) — man weiß
nicht, ob in Liederlichkeit oder Un-
wissenheit des Abersetzers der Grund
dafür zu suchen ist! Wieder „But-
terfly"! Die arme verlassene Geisha
singt zu ihrem Kinde:

„Lä a!Ie Impiet08l1e geuti
la msn tremLnte Msncker^

Zrickancko: uckite .. uckite
1a tri8te mia eanron.

un inkelice msckrs
la carita muovetevi a pietL ....

L Lutterkl^, orribile cke8tino,
ckanrerL per te
e coms kscs §iL
1a Oei8ba canterL ....

50

Kunstwart XXV, 7
 
Annotationen