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Deutscher Altphilologenverband [Hrsg.]
Mitteilungsblatt des Deutschen Altphilologenverbandes — 28.1985

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Nr. 1
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Buchbesprechungen
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[Rezension von: Helmuth Vretska (Hrsg.), Tacitus, Historien. Lateinisch/Deutsch]
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[Rezension von: Werner Ekschmitt, Die Sieben Weltwunder - Mathilde Schleiermacher, Römische Reitergrabsteine]
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https://doi.org/10.11588/diglit.33085#0033

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Karten. Wer, wie der Rez., mit seinen Schülern gerade die Germania und die Annalen im Unter-
richt behandelt hat und die vorhandenen Hilfsmittel gesichtet hat, wird das informative Nach-
wort dieser Ausgabe (S. 721 - 765) besonders zu schätzen wissen: es bietet die spärlichen Quel-
len zur Biographie des Tacitus, seine Äußerungen zur Abfolge der Werke; die Historien werden
im Hinblick auf Wahrhaftigkeit und Objektivität und auf ihre Zugehörigkeit zur tragischen oder
rhetorischen historiographischen Schule untersucht. Es wird dabei deutlich, daß Tacitus nicht
nur ein Meister szenischen Gestaltens ist, der Erschütterung, Mitleid oder (sehr selten) Lust im Le-
ser erwecken will, sondern auch bei der Deutung von Charakteren psychologische Meisterstücke
liefert, um die Motive und Entschlüsse der Handelnden (z. B. durch Reden) zu erklären. Ein nicht
unerheblicher Teil seiner Kompositionskunst besteht darin, daß Widersprüche, Gegensätze nicht
übertüncht werden, daß Illusion und Wirklichkeit aufeinanderprallen. Die Ausführungen berück-
sichtigen auch die staatsrechtliche Komponente und Tacitus' Verhältnis zu anderen Geschichts-
schreibern.

Werner Ekschmitt: Die Sieben Weltwunder. Sonderband der Kulturgeschichte der antiken Welt.
Philipp von Zabern, 1984, 277 S. mit 94 Textabb., 28 Färb- und 50 Schwarzweißtafeln,
geb. DM 68,—
Der Verfasser behandelt die hängenden Gärten und die Stadtmauern von Babylon (ein originelles
Bewässerungssystem, eine gewaltige Lehmziegelanlage), den Artemis-Tempel von Ephesus (ein
grandioses Marmorgebäude), die Goldelfenbein-Statue des Zeus von Olympia, das Mausoleum
von Halikarnaß (berühmt wegen seiner Marmorbildwerke), den Koloß von Rhodos (das größte
Bronzewerk), den Leuchtturm von Alexandria und die ägyptischen Pyramiden (wobei die
Cheopspyramide mit 146,56 m Höhe und einer Grundfläche von 230 x 230 m als das gewaltigste
Bauwerk von Menschenhand nach der chinesischen Mauer angesehen werden kann). Die Liste
ist sehr wahrscheinlich im kleinasiatischen Raum, im Seleukidenreich, zu dem auch Babylon ge-
hörte, entstanden; der älteste Beleg stammt von dem Dichter Antipatros von Sidon (2. Jh. v. Chr.;
Anthol. Pal. IX, 58). Die Vielfalt in Materialeinsatz und Bautechnik, Kostbarkeit oder Monumen-
talität, künstlerische Vollendung oder technisches Raffinement dürften in hellenistischer Zeit
Auswahlkriterien für die theämata (Sehenswürdigkeiten, miracula, mirabilia) gewesen sein. Da es
außer dem Tusculumheft von Theodor Dombart (1967) und einer Arbeit der österreichischen Ar-
chäologin Maria Dawid (1968) keine zusammenfassende, ausführliche Darstellung gibt, ist ein
Sonderband der Kulturgeschichte der antiken Welt durchaus gerechtfertigt, zumal wenn er über
so exzellentes Bildmaterial und eine aktuelle Bibliographie verfügt. Der Band liefert nicht nur die
literarischen Quellen, sondern auch die kulturgeschichtlichen und historischen Zusammenhän-
ge, Ausgrabungsbefunde, Rekonstruktionen (z. T. in Details), Übersichtspläne, Grundrisse,
Schnitte und vergleichbare Nachfolgebauten. Seit den 60er Jahren sind neue Hypothesen über
die Lage der hängenden Gärten aufgestellt, Nachgrabungen am Kern des babylonischen Turms
vorgenommen, die Werkstatt des Phidias freigelegt, durch österreichische Ausgrabungen bedeu-
tende Entdeckungen an Skulpturen und Kultanlagen in Ephesus gemacht, eine glaubhafte Theo-
rie über die sog. vielbrüstige Artemis aufgestellt (Gerard Seiterle, 1978) und — vor allem durch
dänische Ausgrabungen und die systematische Untersuchung aller Plastikfunde im Britischen
Museum — neue Erkenntnisse zur sicheren Rekonstruktion des Mausoleums gewonnen worden.
Ekschmitt bietet den neuesten Wissensstand, ob er nun von der umstrittenen Echtheit der
Phidias-Signatur oder den Gründen, warum sein Zeus und nicht die Athena Parthenos zu den
Weltwundern zählt, handelt. Der Untertitel „Ihre Erbauung, Zerstörung und Wiederentdeckung"
schließt auch den ganzen Bereich der Entdeckungsgeschichte mit ein, die im Falle des Arte-
misions langatmig, sonst aber i. a. fesselnd geschildert ist und mit der Person Koldeweys einen ih-
rer Glanzpunkte aufweist.
Das Buch sollte — wie die meisten der Reihe — in jeder Schulbibliothek zu finden sein.

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