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Deutscher Altphilologenverband [Hrsg.]
Mitteilungsblatt des Deutschen Altphilologenverbandes — 28.1985

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Nr. 4
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Kopmeier, Franz: [Leniter nives cadunt]
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Aufsätze
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Fitzek, Alfons: Eine lateinische Laudatio auf Johann Sebastian Bach aus dem Jahre 1738
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https://doi.org/10.11588/diglit.33085#0099

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Leniter nives cadunt,
Lacus iam constricti sunt;
Sollemniter silva splendet:
Christus mox adveniet!

Leise rieselt der Schnee,
still und starr ruht der See;
weihnachtlich glänzet der Wald:
Freue dich, Christkind kommt bald!

Corda paulatim calent,
Maeror et angor silent;
Sollicitudo cedet:

In den Herzen ist's warm,
still schweigt Kummer und Harm;
Sorge des Lebens verhallt:
Freue dich, Christkind kommt bald!

Christus mox adveniet!

Mox erit sancta nox,
Sonat angelorum vox;
Chorus tarn dulcis placet:
Christus mox adveniet!

Bald ist heilige Nacht,
Chor der Engel erwacht;
hört nur, wie lieblich es schallt:
Freue dich, Christkind kommt bald!

Franz Kopmeier, Goethe-Gymnasium Dortmund

Aufsätze

Eine lateinische Laudatio auf Johann Sebastian Bach aus dem Jahre 1738
Auf Anregung des Europäischen Parlaments hatten Europarat und Europäische Ge-
meinschaft beschlossen, 1985 als das „Europäische Jahr der Musik" zu erklären. Es ist
dem Gedenken der berühmten europäischen Musiker Johann Sebastian Bach (1685-
1750), Georg Friedrich Händel (1685-1759) und Domenico Scarlatti (1685-1757) ge-
widmet. Dieses Jubiläumsjahr mag Grund genug sein, auf eine lateinische Laudatio auf
Johann Sebastian Bach aus dem Jahre 1738 hinzuweisen.
Bach war seit 1723 Kantor an der bekannten Schola Thomana, der Thomasschule in
Leipzig, an der er bis zu seinem Lebensende tätig war. Im Jahre 1730 erhielt die Tho-
masschule einen neuen Rektor und zwar den bedeutenden Philologen Johann Mat-
thias Gesner (1691-1761). Gesner war nurvier Jahre Rektor der Thomasschule. Bereits
1734 wurde er als Professor für Poesie und Beredsamkeit an die neugegründete Uni-
versität Göttingen berufen, um die er sich durch die Errichtung des Philologischen Se-
minars sowie durch die Gründung und Verwaltung der Bibliothek große Verdienste er-
worben hatte.
Auf den Rektor Gesner machten Bachs Musik und Orgelspiel einen tiefen und nach-
haltigen Eindruck. Seine freundschaftliche Zuneigung zu ihm, seine Wertschätzung
und nicht zuletzt seine große Bewunderung für den Thomaskantor veranlaßten ihn,
ihm ein wohl in seiner Form einzig dastehendes Denkmal zu setzen, das, um mit Ho-
raz zu sprechen, ,,aere perennius" ist.
Als Gesner 1738 Quintilians Institutio oratoria herausgab, regte ihn die Stelle I, 12,3
,,An vero citharoedi non simul et memoriae et sono vocis et plurimis flexibus serviunt,
cum interim alios nervös dextra percurrunt, alios laeva trahunt, continent, praebent,
ne pes quidem otiosus, certam legem temporis servat, et haec pariter omnia?"1 an, die
von Quintilian wegen ihrer Vielseitigkeit bewunderten antiken Kitharoeden mit sei-
nem hochgeschätzten Kollegen und modernen Musiker Bach von der Thomasschule

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