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Deutscher Altphilologenverband [Hrsg.]
Mitteilungsblatt des Deutschen Altphilologenverbandes — 28.1985

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Nr. 3
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Ein Briefwechsel
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https://doi.org/10.11588/diglit.33085#0083

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Ein Briefwechsel

19. Mai 1985

Liebe Societas Latina,
videor delirare mihi. Das soll uns einen Eindruck geben von der Pronuntiation der guten alten
Römer? „Das" ist „Phonocaseta secunda" phonetices Latinae. Also, was uns Herr M. M. da un-
terjubelt, ist schlichtweg alter Käu! Das hat ja der alte W. B. Stanford im griechischen Bereich auf
der Schallplatte zu „The Sound Of Creek" schöner, und vor allem emphatischer gemacht! Das
kann ich ja keinem Schüler vorführen. Da wählt der ja sofort ab!
Einfach das Beiheft durchbeten mit ein paar Ausspracheeigenheiten. Und am Schluß Zizero und
Nachrichten stottern. Das Heft war doch schon didaktisch genug. Was will ich denn mit so 'nem
Tonträger?
Ne, einfach zurückschicken is nich! Wir wollen jetzt endlich mal von denen, die es immer ver-
sprechen, akzentfreies flüssiges Latein hören (nach bestem Wissen und Gewissen). Daß Sie uns
all die prosodischen Feinheiten auf die Augen drücken, ist schön und gut. Ich bin ja bei der Dich-
terlektüre auch immer ganz überrascht (und gerührt, weil uns die Lateinlehrer beigebracht haben
„püdicus" und so). Aber so dicke war nicht nötig! Und so unsystematisch (oder?)!
Sind Eure Stammtische auch immer so?
Nein! Ich kann's nicht besser! Vorschlag! Ein paar arbeitslose, gut stimmgeschulte Schauspieler
müssen ran!

Joachim Calaminus, Kippekausen 42, 5060 Bergisch Gladbach 1

21. Mai 1985

Sehr geehrter Herr Calaminus,
den Empfang Ihres sogenannten »Offenen Briefes«, der eher nach Pamphlet aussieht, möchte ich
Ihnen hiermit umgehend bestätigen, dabei jedoch nicht verhehlen, daß uns Ihre Ausführungen,
um nicht zu sagen »Auslassungen«, doch überrascht haben, da uns aus der Fachwelt, zu der Sie
in dieser Hinsicht allem Anschein nach nicht gehören, doch ganz andere Urteile und Äußerun-
gen erreicht haben.
Von Phonetik scheinen Sie kaum Ahnung zu haben, sonst könnten Sie sie nicht nahezu in einem
Atemzug mit Rhetorik gleichsetzen wollen.
Übrigens ist im Vorwort des Begleitheftes zu lesen, daß es sich nicht um rhetorische Darbietun-
gen handelt, sondern um die fundamentalen Bestandteile lateinischer Lautung, aber das schei-
nen Sie leider nicht wahrgenommen zu haben.
Sie wollen akzentfreies Latein hören. Aber Latein hat eben Akzent. Und wenn es keinen Akzent
hat, dann ist es kein Latein mehr.
Wenn Sie ,pudfcus' mit verkehrtem Akzent gelernt haben und vielleicht noch so manches andere
dazu, dann dürfen Sie das nicht uns anlasten wollen, sondern, soweit ich das erkennen kann, Ih-
ren ehemaligen Lehrern. Aber man bekommt leider auch an der Universität so manche verkehrte
Akzente zu hören. Wehe jedoch dem, der richtige Akzente vorzulegen wagte ...

Dr. Caelestis Eichenseer, Universität FB 6.3, 6600 Saarbrücken 11

23. Mai 1985

Sehr geehrter Herr Dr. Eichenseer!
Prompt auf prompt! Lassen wir die „Fachwelt" bei Seite, wenn sie den Studienrat für Latein und
Griechisch nicht einschließt, der sich mit nichts mehr außerhalb der Schule beschäftigt als der
Realisation von Geschriebenem (als Solotenor nicht unbescheidenen Rufs), der sich in der Schu-

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