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Deutscher Altphilologenverband [Hrsg.]
Mitteilungsblatt des Deutschen Altphilologenverbandes — 28.1985

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Nr. 2
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Aufsätze
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Barié, Paul: Unzeitgemäße Gedanken zum Nutzen der Alten Sprachen für das Leben,[1]
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Westphalen, Klaus: Latein an Gesamtschulen, [3]: hinein in die Sackgasse
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https://doi.org/10.11588/diglit.33085#0049

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Erkennen
— des beispielhaften Charakters der griechischen Geschichtsschreibung: als des Ver-
suchs, in einer noch überschaubaren Welt, der Oikumene, tä ex anthröpon genö-
mena (»alles was von Menschen her geschah«) als Geschichte zu begreifen, usw.
Ich hoffe, der Leser erkennt das Bemühen, vermittels der allgemeinen Lernziele huma-
nistische Wertvorstellungen einzubringen.
Drittens: Die Struktur der Studienstufe bringt es mit sich, daß altsprachliche Kurse von
wenigen, aber wirklich interessierten Schülern belegt werden, so daß ideale Arbeits-
gruppen entstehen mit einer Schülerzahl zwischen zehn und fünfzehn. Die bei dieser
Gruppengröße erreichbare Intensität des Arbeitens und Argumentierens macht dann
indirekt das altsprachliche Angebot auch wieder attraktiv; ganz bestimmte junge Men-
schen tendieren derzeit zu den Alten Sprachen: Schüler mit literarischen, poetischen,
philosophischen Interessen, die das Gespräch suchen über das Medium der alten Tex-
te, die eingefahrene Denkwege verlassen möchten, die aber auch Ruhe, Konzentra-
tion, eine persönliche Atmosphäre, geistige Auseinandersetzung ohne Hektik schät-
zen; sie finden im geistigen Universum der alten Sprachen vielfältige Anregungen, er-
leben, daß »es auch anders ging«, daß es Kulturen und Epochen gab, in denen offenbar
der Mensch noch wichtiger war als die Ware und schöpferische Tätigkeit wichtiger als
der Konsum: »Der Mensch ist soviel wert wie die Muße eines jeden« lesen wir bei Ari-
stoteles und finden diesen Satz in Schopenhauers Aphorismen zur Lebensweisheit
wieder.
Es bleibt also ein zwar bescheidenes, aber schönes und lohnendes Arbeitsfeld für den
Altphilologen, wenn er auch bedauern muß, daß er von den vielen Schülern eines
Jahrgangs nur noch wenige erreicht. Die Zahl der Schüler allerdings, die mit Latein be-
ginnen, blieb doch relativ konstant; unser altes humanistisches Gymnasium in Landau
hatte auch nur zwei Anfangsklassen, und die Anmeldungen für Latein als erste Fremd-
sprache weisen nach wie vor 40 und mehr Schüler auf; was zugenommen hat, ist die
Zahl der neusprachlichen Schüler, die mit Englisch beginnen. Blicke ich freilich zu-
rück, dann sehne ich mich doch bisweilen nach dem »Zwerggymnasium« von damals;
als junger Lehrer hatte ich noch das Erlebnis einer überschaubaren Schulgemeinschaft
und den Ehrgeiz, möglichst rasch alle Schüler der Anstalt mit Namen zu kennen, um
sie persönlich anreden zu können. Das war damals bei 350 Schülern noch möglich;
heute kann man nicht einmal mehr in jedem Fall mit Sicherheit sagen, ob ein Schüler,
der mir im Hof oder auf den Gängen begegnet, zu unserer Schule gehört.
(Fortsetzung folgt)
Paul Bari£, Herrenäcker 9, 6740 Landau

Latein an Gesamtschulen III
Hinein in die Sackgasse
Jürgen Brandes, auf dessen Beitrag in Heft 4/1984 des Mitteilungsblattes sich diese Ent-
gegnung bezieht, scheint recht zu haben, wenn er mir entgegenhält: »Auch an Ge-
samtschulen wird Latein unterrichtet.« In der Tat hatte ich in meiner von ihm zitierten
Schrift »Englisch und Latein, Fundamentalsprachen des Gymnasiums« die Gesamt-

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