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Deutscher Altphilologenverband [Hrsg.]
Mitteilungsblatt des Deutschen Altphilologenverbandes — 28.1985

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Aufsätze
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Pfister, Raimund: Adverbial und adverbal
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https://doi.org/10.11588/diglit.33085#0053

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weise — entgegen dem Wortsinn — zur Bezeichnung einer Wortart, nicht einer Funk-
tion gebraucht." Adverbium ist seit Varro eine Übersetzung von gr. epirrema (z.B. bei
Dionysios Thrax), also etwa ,,das zum Verb (rhema) Gehörige". Es gehört zu den mere
tou lögou, partes orationis, (veraltet) Redeteilen und bezeichnet, wie richtig gesagt
wird, eine Wortart. Allerdings kannte die Grammatik vom Altertum bis in das 18. Jh.
keine konsequente Trennung zwischen Wortart und Satzgliedfunktion, und bei der
Benennung der Wortarten spielte auch ihre Verwendung im Satz eine Rolle. Diese
Vermengung von Wortart und Satzgliedfunktion finden wir noch heute bei Kühner-
Stegmann, wenn die Subjekt-/Objektsätze Substantivsätze und die Relativsätze nicht
Attributsätze, sondern Adjektivsätze genannt werden. Die Terminologie geht wie der
Adverbialsatz auf S.H.A. Herling und die 20er Jahre des 19. Jh.s zurück. Nur bei den
Adverbialsätzen hat sich die Benennung nach einer Wortart bis heute gehalten.
Kernpunkt der Bemühungen Jöhrens' ist hier, der Klarheit in der Terminologie zuliebe
die adverbiale Bestimmung (das Adverbiale) von der Wortart Adverb abzukoppeln.
Das führt zu der Übertreibung (S. 14): „Eine adverbiale Bestimmung hat aber mit der
Wortart Adverb grundsätzlich nichts zu tun." Nun lautet aber das Kriterium für die
(durchaus nicht selbstverständliche und erst seit 1831 einsetzende) Trennung von Ob-
jekt und Adverbiale nach Happ1: Objekte durch Pronomina ersetzbar, Adverbiale
durch Adverbien. Also etwa: Romam expugnavit / eam expugnavit // Romam venit / eo
venit. Ich habe schon vor der Einführung des operationalen Tests der Ersatzprobe im
Unterricht nie Schwierigkeiten mit der Erklärung gehabt: Das Adverbiale ist ein Satz-
glied, für das auch ein Adverb stehen kann.
Daß wir beim Adverbiale teilweise von der formal-funktionalen (auch hier werden
zwei Ebenen gekoppelt!) in die inhaltliche Ebene geraten, ist in der Duden-Grammatik
§ 1053 dargelegt. Doch ist die Kritik an Bornemann (S. 11) wie an dem § 373 bei Hillen
(S. 14) berechtigt. Bei letzterem ist vor allem bei vir magni ingenii eine „adverbial ge-
brauchte Kasusform" nicht einleuchtend. Beim Attribut sollte Adverbiale und adver-
bial vermieden werden, was leicht möglich ist. Dem präpositionalen Attribut (S. 10)
oder einer noch umständlicheren Ausdrucksweise würde ich das in Bayern seit über
100 Jahren übliche Präpositionalattribut vorziehen.
Die nur im Schullatein (seit Landgraf 1891?) vorkommende Phrase pugna ad Cannas
facta (belegt proelio apud Salamina facto Nep. Them. 9,3) habe ich in meiner Lehrer-
zeit am Gymnasium stets wie Jöhrens (S. 11) als von der Verbform abhängiges Adver-
biale erklärt (auch Instrumentum-Grammatik § 107 Z 2). Jetzt würde ich hier auf eine
Satzglied-Bestimmung überhaupt verzichten — ein Cicero redivivus könnte ohnehin
nicht verstehen, was wir da für Sorgen haben. Man beachte prospera ad Cannas pugna
(Liv. 22, 58). Die pugna ad Cannas (ohne „Stütze") steht im 19. Jh. in Lehrbüchern
(Haacke, Schultz), wohl extrapoliert aus Stellen wie Interfuit autem pugnae navali
apud Salamina (Nep. Ar. 2,1) und manique opera eius existimata est in proelio apud
Senam (Nep. Cato 1, 2), wo man - im ersten Beispiel wohl eher als im zweiten - über
die Satzgliedrolle auch streiten und den Präpositionalausdruck als Adverbiale zum
Verb ziehen kann. Man sollte bei Grenzziehungen nicht genauer sein wollen, als die
Sprache selbst ist.
Terminologische Mißlichkeiten sieht Jöhrens mit Recht bei den Adjektiven adverbial
und abverbiell (S. 15). Der Gedanke, adverbiell nur im Sinne von „zur Wortart Adverb

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