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Meyer, Carla; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Die Stadt als Thema: Nürnbergs Entdeckung in Texten um 1500 — Mittelalter-Forschungen, Band 26: Ostfildern, 2009

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https://doi.org/10.11588/diglit.34907#0061

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2. Nürnbergs verschiedene (Er-)Fassungen

Darüber hinaus wurde durch die fünf Nürnberg-Bände in den Chroniken der
deutschen Städte schon durch die bessere Verfügbarkeit der aufgenommenen
Texte ein Kanon geschaffen. Wenn nun also die Fragestellung für die folgen-
den Kapitel zur Stadtchronistik eng an einer kritischen Würdigung des editori-
schen Status quo entlang entwickelt wird/" so geschieht dies aus der Annahme
heraus, dass die Chroniken der deutschen Städte das historiographische Nürn-
berg-Bild überhaupt erst /(onsüünbrCn, indem sie aus der Masse und Varianz
der Zeugnisse heraus seine Konturen definierten und zugleich die von ihnen
getroffene Auswahl zum konsistenten Korpus verfestigten.
Nicht nur für das bewusst ausgesparte 16., sondern auch für das 15. Jahr-
hundert sind die Chroniken der deutschen Städte nur bedingt repräsentativ:
Die jüngeren Studien, zuletzt und am umfangreichsten Joachim Schneiders
»Typologie der Nürnberger Stadtchronistik um 1500«," machten nicht nur auf
unberücksichtigte Werke aufmerksam. Sie rieben sich vielmehr auch an den ge-
nerellen Auswahlprinzipien und den Systematisierungsvorschlägen der Bände
in den Chroniken der deutschen Städte. So fielen etwa ausschließlich lateinisch
tradierte Texte wie die Chronik von Konrad Herdegen ' ' oder ein Chronikexzerpt
Hartmann Schedels^ ebenso aus ihrem Raster wie Texte in Liedform, obwohl
sie von den Zeitgenossen als selbstverständlicher Bestandteil der Chronikkom-
pilationen begriffen wurden, wie die einem Katalog der Chronikhandschriften
im Germanischen Nationalmuseum Nürnberg vorangestellte Übersicht von
Lotte Kurras zeigt und Joachim Schneider etwa am Beispiel Heinrich Deichs-
lers belegen konnte." Obwohl Herdegens Werk ediert vorliegt und auch ein
Großteil der politischen Ereignislieder durch die Sammlung von Liliencrons
verfügbar ist,"' sind sie in der Forschung weitaus weniger präsent.

Anmerkungen noch als Paralleldruck sind sie angemessen abzubilden; selbst beim Verzicht
auf die nicht mehr zeitgemäße Suche nach dem Archetypus grenzt die Auswahl einer Vorlage
für ein Faksimile an Willkür.
11 Außer Acht bleibt in einer genuin historischen Arbeit die sprachwissenschaftliche Kritik an
der hauptsächlich von Matthias Fexer betreuten Textherstellung, der die Schreibung der Tex-
te entgegen heutiger editorischer Grundsätze noch stark normalisierte, vgl. etwa JoACHiM
SCHNEIDER, Heinrich Deichsler und die Nürnberger Chronistik des 15. Jahrhunderts, Wiesba-
den 1991 (Wissensliteratur im Mittelalter 5), S. 6, und dialektale Merkmale - etwa bei Sigmund
Meisterlin in Teilen der handschriftlichen Überlieferung nachweisbare schwäbische Einflüs-
se - zu tilgen suchte, vgl. SrRANDEL, 1994, S. 36f.
12 Vgl. SCHNEIDER, 2000a. S. auch einen chronologischen Abriss der städtischen Historiographie,
unterteilt in »autonome« und »offiziöse« Chronistik, bei DEMS., 1991, S. 7-17.
13 Vgl. Konrad Herdegen, Nürnberger Denkwürdigkeiten 1409-1479, hg. von THEODOR voN
KERN, Erlangen 1874.
14 Hartmann Schedel, Breve Chronicon Bavariae. Ab Anno Christi MCFVI. ad A. C. MCC-
CFXVIII. Ex Apographo Hartmanni Schedelii, in: Rerum Boicarum scriptores, Bd. 1, hg. von
ANDREAS FELix voN OEFELE, Augsburg 1763, S. 339.
15 Vgl. LoTTE KuRRAs, Chronologisches Verzeichnis der in den beschriebenen Handschriften
überlieferten Volkslieder, Pasquille, etc., in: Norica. Nürnberger Handschriften der frühen
Neuzeit, hg. von DERS., Wiesbaden 1983 (Kataloge des Germanischen Nationalmuseums
Nürnberg: Die Handschriften des Germanischen Nationalmuseums Nürnberg 3), S. 10-17;
SCHNEIDER, 1991, S. 235f.
16 Vgl. RocHus voN LiLiENCRON (Hg.), Die historischen Volkslieder der Deutschen vom 13. bis
16. Jahrhundert, 4 Bde., Leipzig 1865-1869. S. unten Kap. 2.3.
 
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