Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Meyer, Carla; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Die Stadt als Thema: Nürnbergs Entdeckung in Texten um 1500 — Mittelalter-Forschungen, Band 26: Ostfildern, 2009

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.34907#0301

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
300

2. Nürnbergs verschiedene (Er-)Fassungen

chronicle and part descriptive geography and that anecdotally weaves together
local history legend, genealogy, topography, etc.«^
Im Titel seines Werks - De ongme, sdü, ozon'hMS H mshhihs NonTzhcryac E-
- hatte Celtis diese Intentionen und Themen auf vier Schlagworte ver-
kürzt. Seine Thesen zur on'yo der Stadt legte er nur vergleichsweise knapp im
zweiten Kapitel dar.^ Ausführtich dagegen breitete er den szfMS der Stadt aus:
Er beginnt mit der geographischen Einordnung und der Beschreibung der Re-
gion um die Stadt, wobei er den Burgberg als Aussichtspunkt nutzt, um das
sich darbietende Panorama zu schildern. Das vierte Kapitel setzt unter dem
Titelstichwort & WMgme cf dcscnphonc Nonn&crgc die topographische Schilde-
rung systematisch fort. Zuerst sucht Celtis das »Erscheinungsbild« der Stadt
über ihre »Infrastruktur« zu erfassen, indem er die Stadtbefestigung und de-
ren Tore, die Straßen, Wasserleitungen und Abwasserkanäle beschreibt, die die
Stadt wie Adern durchziehen. Dann folgt er erzählerisch dem Flusslauf durch
die Stadt, um die Pegnitzinseln und Alleen, Bäder und Heilquellen an seinen
Ufern - darunter auch die Hallerwiese vor den Toren der Stadt - zu beschrei-
ben. Das fünfte Kapitel geht noch kleinteiliger auf die Bauten der Stadt, auf
Mühlen und Hämmer der Metallindustrie, auf Gärten, Acker, Fischteiche und
Brunnen ein. Als wichtige öffentliche Bauwerke der Stadt würdigt Celtis im
fünften Kapitel die Kaiserburg, im achten Kapitel die bedeutendsten Kirchen
und Spitäler der Stadt, im neunten Kapitel die Nürnberger Klosterlandschaft,
im zehnten Kapitel Rathaus und städtische Kornhäuser, im elften Kapitel die
Zeughäuser und Waffenarsenale.
Alle Kapitel lassen erkennen, dass das Interesse des Celtis nur am Rand
den Bauwerken selbst, sondern vielmehr ihren Funktionen für die Stadt gilt. So
sind ihm die Klöster erwähnenswert, weil die Nürnberger Ordensleute einen
vorbildlichen Lebenswandel führen und auf Befehl des Rates täglich Bitt- und
Dankgottesdienste für das Wohlergehen der Stadt feiern.^ Im Kapitel über die
Kornhäuser macht Celtis eindringlich die Notwendigkeit einer umsichtigen
Vorratshaltung deutlich. Am Beispiel einer in ganz Oberdeutschland grassie-
renden Hungersnot des Jahres 1491 schildert er zuerst in drastischen Worten
die Not der Bevölkerung, die Verwilderung der Sitten und den Verfall der
menschlichen Werte. Diese Erzählung gipfelt in der Episode über einen Bau-
ern, der des Diebstahls angeklagt sein Todesurteil durch den Strick mit Freu-
densprüngen zur Kenntnis genommen habe. Bereitwillig sei er auf das Schafott
gestiegen, da er seiner Frau und seinen Kindern in den Hungertod habe folgen
wollen. Glänzend lässt sich vor dieser Erzählung abheben, wieviel besser es da-
gegen der Nürnberger Bevölkerung ergangen sei. Dank der Umsicht und Sorge
des Rates sei sie nämlich durch gutgefüllte Kornhäuser und Vorratskammern

226 DAVID J. CoLUNS, Chorography and Hagiography. Johannes Cincinnius's Revision of Uffing's
>Vita sanctae Idae<, in: »Heiliges Westfalen«. Heilige, Reliquien, Wallfahrt und Wunder im
Mittelalter, hg. von GABRIELA SiGNORi, Bielefeld 2003, S. 211-225, hier S. 212.
227 Vgl. dazu unten Kap. 4.2.
228 Conrad Celtis, Non'wNrga, ed. WERMiNGHOFF, 1921, S. 165f.
 
Annotationen