Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Meyer, Carla; Schneidmüller, Bernd [Bibliogr. antecedent]; Weinfurter, Stefan [Bibliogr. antecedent]
Die Stadt als Thema: Nürnbergs Entdeckung in Texten um 1500 — Mittelalter-Forschungen, Band 26: Ostfildern, 2009

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.34907#0302

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
2.4. Nürnberg in Städtelob und Stadtbeschreibung

301

mit Butter, Salz, Selchfleisch, Trockenfleisch und Dörrgemüse bis zum Ende der
Notzeiten versorgt gewesen.^
Noch stärker durchdrungen als von dem Interesse für den szlMS der Stadt
ist Celtis vom Anliegen, die morcs der Nürnberger zu charakterisieren und von
den üishtMÜOMCS, den Einrichtungen und Ordnungen, zu berichten, die ihr Zu-
sammenleben regeln und den Stadtorganismus am Laufen halten. In dieser
Intention trifft sich Celtis damit weniger mit den humanistischen Arbeiten vor
ihm als vielmehr mit den volkssprachlichen Texten im Bereich des Städtelobs.
Wie Hans Rosenplüt (wenn nicht sogar mit dessen Spruch als konkreter Vor-
lage) stellt er im zwölften Kapitel detailliert die wohltätigen Einrichtungen und
Almosenstiftungen der Stadt vor. Wie Kunz Has thematisiert er ausführlich
Gewichte, Normen, Maße, Strafen und schimpft auf die Weinfälscher, die die
Gesundheit ihrer Kunden aufs Spiel setzen.^"
Vorbildlos dagegen sind zwei weitere Kapitel der Nonm&crg%, die - wie die
Überschrift des siebten Kapitels verkündet - & mgcnns H wonzüonc der Nürn-
berger handeln. Im Fließtext spricht Celtis auch von ihrer nahua; es geht ihm
also um das »Wesen« der Nürnberger. Die Beobachtungen und Bemerkungen,
die Celtis hier zusammenträgt, sind nicht allein mit den im Werktitel genann-
ten morcs zu umreißen, mit »Sitten« und »Gepflogenheiten« wie ihrer Welt-
offenheit oder ihrem Faible für russische oder französische Moden, die liebe-
volle Erziehung der Kinder und die hohe Bildung der FrauenV Celtis versteht
darunter weitaus mehr: einerseits die Physiognomie der Nürnberger, ihre kör-
perliche Leistungsfähigkeit und Robustheit gegen Hitze, Kälte und Anstren-
gung, ihren muskulösen und kräftigen Knochenbau, ihre shÜMm Das
Außere ist für Celtis andererseits verknüpft mit dem Charakter der Nürnber-
ger. Als Vorzüge rühmt er an ihnen etwa ihr heiteres Gemüt, ihre Intelligenz
und rasche Auffassungsgabe. Doch er hält auch negative Eigenschaften fest,
ihre Ruhmsucht und Arroganz, ihr intrigantes Verhalten, ihre Unbeständigkeit
in Entscheidungen und Meinungen, die Neigung zur Verschwendung.
fMgCMM MÜZMS^MC SCXMS Ct Ct t?M%C, Mt % SüjPZCMÜ&MS ^MO^MC CmÜtM7M
cst, tnzditMr, tocorMm t?MOt?MC sitMS it% JbrMMt^ - Männer wie Frauen seien ihrem
Wesen nach, wie Gerhard Fink frei übersetzt, »charmante Schlawiner«, diese
Wesensart aber werde, dafür beruft sich Celtis auch auf andere saptcntcs, durch
den Lebensraum geformt.^ Neu ist damit nicht nur die Vorstellung des Celtis
von einem spezifischen »Volkscharakter« der Nürnberger, sondern auch seine
Theorie, nach der die Ausprägung dieser Wesenszüge von den klimatischen
Bedingungen und von den Gestirnskonstellationen über der Stadt abzuleiten

229 Ebd.,S. 168-171.
230 Ebd., S. 189-199, zu den corrMpfores S. 198f. Celtis fährt in seinem Text mit weiteren Er-
lassen und Gesetzen fort: Seine Auflistungen bis hin zur Anordnung, wieviele Hunde pro
Haushalt (ebd., S. 195f.) gehalten werden dürften, erhalten damit einen beinah willkürlichen
Charakter - gerade so jedoch wird die hohe Regeldichte in Nürnberg überdeutlich.
231 Conrad Celtis, NoräwNrga, ed. WERMiNGHOFF, 1921, S. 155f. und S. 157.
232 Ebd., S. 151.
233 Ebd., S. 155.
234 Ebd., S. 155; FiNK, 2001, S. 8.
 
Annotationen