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Münchener Punsch: humoristisches Originalblatt — 4.1851

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https://doi.org/10.11588/diglit.21527#0163

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selbst knegerische Flammen mobil imd als all' dlese Ausflüffe getrocknet
und zu festem Bodcn geworden, hatte man die BundcStagslava, dtesen für
volizeiliche Saaten so erglebigen Boden. Michel selbst aber wurde durch
dcn UltramontaniSniuS vergiftet, und starb in Verrücktheit eines qual-
vollen TodeS.

Masaniello. Ah, lauter Theaterqual, Theatertod — ich kenne
das! Die Geschichte sitzt im Parterre und weint blutige Thränen ob der
Tragödie, indeß Michl, weun er nicht gerade auf der politischen Bühne
zu thun hat, hinter den bürgerlichen Coulissen plaudert, schäckert, ißt und
Bock trinkt. So cin Nationalgeist ist nicht umzubrtngen; hat er eine
Rollc abgespielt, sv sucht er zum Schluß noch ein wenig malcrisch hinzu-
fallen, und svbald ihn der Vorhang der Ohnmächtigkeit den Blicken seiner
Feinde entzogen, steht er auf, und lebt und wirkt zu Hause, in derFamilie
fort, bis wieder ein Tag der Comödie anbricht.

I ch. Za wohl, und wenn er sich die Mühe nehmen will, sv kann
er noch lcscn, was die Geschichte für eine Recension über ihn geliefcrt
hat. Die Geschichtc hat unverkümmerten freien Eintritt in's Schauspiel-
haus des VölkerlebenS, cs gibt Geschichtschreiber ersten, zweiten und drit-
ten NangeS; ich mit mcinen lustigen Betrachtungen und Bcmerkungen
übcr die fortrcnnenden Ereignissc des Tages bin ein Geschichtsschreiber
vom „Juchhc"; mit cincm tüchtigen Vogelperspcktiv gucke ich hinab in
das Treiben, sehe und hörc alles, habe mich wenig zu genircn, außer daß
ich mich über die Schranken des § 26 nicht zu stark hinauslehne und das
preßgesetzliche Gleichgcwicht verliere. WenigstenS ist mir die Gallerie
mciner Laune viel lieber, als der Platz dcr offiziellcn, confeffionellen und
ähnlicher Geschichtsschreiber, die sichbekanntlich ganz p-rrterre befindcn.
— Müßte ich über das jüngste Auftreten des dcutschen Michel cine Rc-
zension schreibcn, so würde sie ungesähr lautcn:

„Hos - und National-Geschichts-Theater : Lbvoneinent et j^ouvsr-
nenients üuspeniiu« : Zum Besten der mit ihren langjährigen Wünschcn
abgebranntcn, mit Civillisten übcrschwemmten, von Steuer-Hagel getroffe-
nen nnd vom Freiheitsmißwachs heimgesuchtcn Bcwohncr von Deutschland,
zum crstcn Mal: „Michl, der Teufel," odcr „das historischc Rccht ist nur
Chimärc," grvße Oper nach dem Französischen. — Herr Michel — dle Ti-
telrolle als revolutionärcn Vcrsuch. — Dicser jugendliche Anfänger ist
ni cht ohne Talent, hat anch cin gutes Organ, wenn er cs nur zur rechien
Zeit herauslaffen wolltc. Sein Spiel ist noch schr unbcholfcn, er weiß
nicht, wo er.hintreten, was cr anfaffcn soll, ließ mehrercS falien, nnd
wurde von Scene zu Scenc befangencr. Gleichwohl ertönte mehrseitiger
Beifall, dcr ihn aber statt zu ermuntern, nur vcrwirrtc, so daß er schon
i n der ersten Hälfte des Stückes falsch sang, aus dem Takt gericth, und
endlich, durch die Mißfallcnsbezeigungen einer fcindlichen Clique gänzlich
aus dcr Contcnance gcbracht, nicht mehr wciter zu spiclen vermochte.
 
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