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Münchener Punsch: humoristisches Originalblatt — 4.1851

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https://doi.org/10.11588/diglit.21527#0260

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S44

Artistisch - Literanscher Theit.

Ägl. Hof- und Rullvn»U-Ti)eiNer.

München, Sonntag den 20. Juli. (Marie die Tvchter des Re-
ginients — Frtn. Wildnuer).

Das war ein heißer Tag — in der Sonne ZK Grad Hitze, und
drinnen im Thcatcr die dopdette Gradzahl. durch die Siedhöhe des Enthusias-
mus, verdrei-, verrier-, verzchnfacht. Da saßen, da stunden sie, da dräng-
tcn sie sich Kopf an Kopf und Arm an Arm, und schwärmten und harr-
ten, bis der Loihang sich öffnete, ganz und gar vergeffend, daß nach
vieltägiger Sündflulh der außertheatralische Himmcl heute zum Erstenmale
wieder jcinen Wolkenvoihang öffnete. — Ein hiesiger Kunsirezensent zählte
tie Vorzüge der Frln. Wildauer in folgender cumulativer Weise auf:
„Des Gastes vollc, einnehmende, noch jugendliche, üpvige Gestalt, ein
volles, sreundliches Antlitz, sprechende Augen, ein liebes Organ, eine volle,
hohe Brust mitdeni reichstcn Talente vvll Geist, Verstand,
Perzeption, Auffaffung und Ausführung." Wenn wir diese Eigenschaften
zusammenaddiren, so ist der ganz beispiellose Applausrausch erklärt, wel-
chem das Publikum den ganzen Abend sich hingab. Die Künstlerin wurde
während der Vorstellung gerade ein Dutzenvmal mit Beifallobezeigungen,
belohnt, un« nach bciden Aktcn cin halb Dutzendmal gerufen. Meineni Nachbar
einem Gevatter Handschuhmacher klopfte das Herz vor Entzücken, während
man so tüchtig in sein Leder klatschte. — Jm crsten Akre war befonders
Mariens Abschiedslied von grvßer Wirkung; in der vorhergehenden Arie
war namcntlich das Piano vortrefflich- Gesang uud Spiel der Künstlerin
ergänzten fich gegenieilig; Anmulh, Naturfrische und Lebhaftigkeit, ohne
die Grenzen der Weiblichkeit einen Moment zu verlaffen, vorzugeweise aber
Gcmülhvinnigkeit charakterisirten ihre ganze, herrliche Lcistung. Den Gianz-
punkl bildete aber bie eingelegte italicnische Arie, welche sie auf stürinisches
Verlangen ckn oa,,g sang. Obenerwähnter Kunstrezensent sagt von Frln.
Wildauer: „gleich wie Grasmücken unb Nachtigallen burch
Gesang den AuSdruck der Licbe mit einer dem Silberglöckchen vcrgleich-
baren, lieblichen Stimme in die Lüfte hinausschwirreu, so sang Fräulein
Wildauer". Wir lieben kcine Vergleiche, und woilen unsere Künstlerin
weder mit einer Nachtigall noch mit ciner GraSmücke, noch gar mil bem Bas-
sisten Santini vergleichcn, darin aber stimmen wir bei, daß Frln. Wild-
auer vor den hiesigen Sängerinnen zwei schr beachtenswerthe Vorzüge
voraus hat, ein gutes Spiel und deulliche Aussprache, Eigenschaften,
welche in glcichem Grade auch unser verehrter Gast Mad. Behrend-
Brandt bcsitzt uud wvran Andere sich immerhin spiegeln mögen. — Man-
ches ließ jcdoch das Accoinpagiiement zu wünschen übrig; zwischeu der
Sclostimme un« der Begleitung neinlich wurden bisweilen ziemlich große
Abweichungen beinerkbar. — Auf Herrn Brandes schien der Erfolg des
Gastes elektrisircnd zu wirkcn; besonbers gut sang er «ie Arie „Welch
süßer Augenblick," wobei seine schöne Stiinme wvhlthuend sich enlfaltete.
Die Herren Sigl und Lang verdienen Anerkeunung. p.

Den 22. Juli. Minna von Barnhelm, Lustspiel von Lessing.
Die Rollc der Franziska gab Fräulein Wildauer heute Gelegenheit,
sich auch als Licbling Thaliens zu rcpräsenliren. Franziska hat zwar mit
ihrer Herrin einerlei Erziehung genoffcn, sie unterscheidet sich von jener
aber durch das angeborne Naturell der Schalkhafligkeit und kann und
 
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