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Münchener Punsch: humoristisches Originalblatt — 4.1851

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https://doi.org/10.11588/diglit.21527#0287

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LVI

stellmig neuer Dekoratwncn ein lobenswerthes Streben, welches sich aber
nicht entfalten kann, da ihm die Welt zu eng mit Brettern vernagelt ist.
Der langsam dahingeschieppte Dialvg, namentlich in den letzten beiden
Akten konnte die mitgebrachte Lachlust deS PublikumS nicht befriedigen.
Der Darsteller des „Jämmerlich" gab seine Rvlle ganz diesem Namen
entsprechend, und versprach sich fortwährend, z. B. „es läuft mir eine
Faust (statt Maus!) über die Füffe" ; der Darsteller des Berliner Wirths
sagte fast jeden Satz 2 bis 3 Mal und der cnglische Lord trug einen
schwarzen Schnurbart, ein weißes Beinkleid nebst Sommerrock und dazu
eine schwarze Sammtweste! Frau Mandelkern fuhr in einer Droschke
mit einem gemalten Schimmel von der Größe eines Metzgerhundes nach
London , der im Abschieben eine große Wand mit sich fortriß, auch sah
man von den im Wagcn angcblich sitzenden Frauerzimmern die Füße,
welche auf dem Boben Uefe» und die Chaise schleppten. — Die Herren
Schweiger und Stahlberg spielten recht wacker, und werden, wenn sie
durch öftere Wiederholung dcnDialog fcster innehaben, noch beffer spielen.
Es ist traurig, eine Anstalt, die fich so gerne zu einer gutcn Volksbühne
entwickeln möchte, unter den beengendsten Verhältniffen schmachten zu
sehen. _

Sprechsnal.

Gcgenwärtig begibt sich eine Thegtergesellschast, auS lauter Tyro-
ler-Bauern bestehcnd, nach Wien, um dort Vorstcllungcn zu geben.
Am 12. AbendS hatte Salzburg das Vergnügen, im dortigen Theater
diese Geselischaft figuriren zu sehcn. Sie nennen sich selbst Naturspteler.
Es wurde das bekannte Abcnteuer des KaiserS Martmilian auf der Mar-
tinswand gegebcn »nd man muß gestehen: Dichtuug, Schauspieler und
Dekorationen halfcn getreulich zusammen, um Alles so viel wie möglich
zu verhuuzen. Der Tyroler Dialekt wurde in's Frazzenhafte zu einem
wahren Kauderwelsch hinaufgeschraubt. Der Kaiser spielte seine Rolle
am allerschlechteste», nicht einen einzigen Satz, und wenn ihm auch
noch so gut souflirt wurde, konnte er zusammenhängend daherbrin-
gen, aus der Nolle konnte cr nicht fallcn, weil er gar nie hincingekom-
mcn war. Einmal kam Einer in einen schrccklichcn Enthusiasmus übcr
dcn Kaiser Marimilian, von welchem er dann auf dasganze österreichische
Kaiserhaus mit dcn rührendsten Flvskeln übersprang, so daß man von
Seite des zahlreichen Pnblikums einem wüthendcn patriotischen Ausbruch
entgegcnsehen konnte, aber siche da, eine einzige dünne Stimme in der
rechten Logenreihe rief Bravo l Jch wünsche oem österreichischen Kaiser-
haus von Herzen beffere Sachwalter und Patriotismusverbreiter, als diese
verkünstelten verbrettertcn Naturmenschen.

Der bekannte Komiker Nestroy sang in Pesth in einer Poffe cin
Couptct, worin es, mit Anspielung auf die ungarischen Farben hieß, daß
man früher „in Gärten schöneS Grün und weiße und rothe Blumeii ge-
schen habe, aber jetzt nichts ffnde, als schwarzen Rettig und gelbe Rüben."
 
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