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Repertorium für Kunstwissenschaft — 2.1879

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Woltmann, Alfred: Zur Geschichte der böhmischen Miniaturmalerei. Aufdeckung von Fälschungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.61799#0074

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2

Alfred Weltmann:

sich fast sämmtlich in berühmten Bilderhandschriften des Böhmischen

Museums; bei dem Studium derselben kam ich zu meiner grössten
Ueberraschung dem Sachverhalt auf die Spur. Ehe ich den Nachweis
der Fälschung führe, will ich vor Allem hervorheben, dass ich bei
meinen Arbeiten von dem Herrn Bibliothekar und den Beamten des
Böhmischen Museums zuvorkommende Förderung gefunden habe. Die


Epoche, in der hier solcher Unfug stattfinden konnte,
ist eine weit frühere.
Diejenige Handschrift, bei welcher ich mich zuerst
von der Fälschung überzeugte, ist die sogenannte Jaromir-
scher Bibel (Cod. membr. fol. h. 0,45, br. 0,25), von
Waagen1) und Schnaase2) unter dem Namen »Brzeznitzer
Bibel« erwähnt. Iste Uber est monasterii in Jerimir (Jaro-
mirsch) lautet eine wohl noch dem Ende des 14. Jahr-
hunderts angehörende Notiz auf der Rückseite des ersten
leeren Blattes, die auf dem zweiten Textblatte wiederholt
ist. Später befand sich der Codex in dem Schlosse Brzez-
nitz, und er bildet einen Bestandtheil jener Schenkung
von 500 Handschriften, welche Graf Joseph Kolowrat im
Jahre 1819 dem Museum gemacht hat.
Das Buch ist in ausgebildeter gothischer Fracturschrift
geschrieben, die Illustration, soweit sie zu dem Inhalt des
Manuscripts in Beziehung steht, ist die typische, während
des Mittelalters bei Bibeln gewöhnliche, sie beschränkt sich
auf figürliche Darstellungen in den Initialen der einzelnen
Bücher. Das grosse J beim Anfang der Genesis hat die
Länge der ganzen Golumne und enthält, nach feststehen-
dem Brauch, die Darstellung der einzelnen Momente der
Schöpfung, den Sündenfall und den Hinweis auf die Er-
lösung. Die übrigen kleineren Initialen geben zum Theil
Scenen, die in dem Text des Buches vorkommen, zum

Theil, wie bei den Schriften der Propheten, den meisten Evangelien,
den Apostelbriefen, der Apokalypse, den Verfasser des betreffenden
Buches.

Nach der bisherigen Annahme befände sich nun aber auf Blatt
278a, in der Initiale E, die Abbildung des Schreibers, auf Blatt 340a,

0 Deutsches Kunstblatt 1850, S. 149.
2) Schnaase, Geschichte der bildenden Künste, V. 2. Aufl. S. 499. Vgl.
auch Passavant bei Quast und Otte, Zeitschrift für christliche Archäologie und
Kunst, I. S. 195.
 
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