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Repertorium für Kunstwissenschaft — 2.1879

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Bergau, Rudolf: Peter Vischers Messing-Gitter im grossen Saale des Rathhauses zu Nürnberg
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https://doi.org/10.11588/diglit.61799#0122

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Peter Vischers Messing-Gitter im grossen Saale des Rath-
hauses zu Nürnberg.
Die Brüder Ulrich (f 1510) Georg (f 1516) und Jacob (f 1525)
Fugger in Augsburg, die Begründer des Reichthums und der Macht
dieses berühmten Geschlechts, hatten in den Jahren 1510—12 mit einem
Kostenaufwande von angeblich mehr als 160,000 Gulden eine an der
Westseite der St. Anna-Kirche zu Augsburg schon vorhandene gothi-
sche Gapelle in prächtigster Weise mit häufiger Verwendung von kost-
baren Marmorarten in italienischem Geschmack ausbauen und darin
für sich und ihre Nachkommen ein Begräbniss herrichten lassen. Zum
Abschluss dieser Capelle von dem übrigen Theile der Kirche bestellten x)
sie bei dem geschicktesten Rothgiesser Deutschlands, dem durch seine
vielen vortrefflichen Arbeiten schon weit und breit bekannten Peter
Vischer in Nürnberg, ein Prachtgitter von Messing.
Solche Schranken, mehr oder weniger hoch, zum Abschluss des
Chors oder einer Capelle einer Kirche von dem Langhause, waren in
der christlichen Kirche seit alter Zeit in Gebrauch, wurden in Italien,
Deutschland und sonst, nur einfach von Holz, Stein oder Eisen, zu-
weilen auch als hohe, künstlerisch gegliederte, durchbrochene Wände
von Stein, mit Pfeilern oder Säulen und Gebälk, auf welchen Statuen
standen (z. B. in S. Marco zu Venedig und besonders schön in S. Petronio
zu Bologna) und seit den letzten Jahrzehnten des fünfzehnten Jahr-
hunderts nicht selten sogar ganz und gar aus Bronze (z. B. im Dom
zu Prato, in der Certosa di Pavia, in der Marienkirche zu Lübeck (1518),
am Grabmal Heinrich VII. in der Westminster-Abtei zu London und
sonst) gefertigt. Und eine solcher prächtigen italienischen Chorschranken
aus Bronze mögen die Besteller dem Meister Vischer als Muster empfohlen
haben.

*) Den betreffenden Vertrag habe ich bis jetzt leider nicht auffinden können.
 
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