Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Repertorium für Kunstwissenschaft — 2.1879

DOI issue:
Lochner: Pirkheimers Brief an Tzerte. Aus dem Originalconcept auf der Stadtbibliothek zu Nürnberg
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.61799#0121

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Pirkheimers Brief an Tzerte.

49

meinen Leuten die Lehre von der christlichen Gleichheit als eine Verheissung
der Gütergemeinschaft und Aufforderung zur Theilung angesehen wurde, davon
hatte sich schon im Bauernkrieg eine Probe gezeigt, und die verschiedenen
nun entstehenden Sekten, unter denen sich die damals schon erscheinenden
Wiedertäufer, trotz der wenigstens in den fränkischen Landen scharfen Ver-
folgung dennoch nicht nur erhielten, sondern auch in einigen Jahren sich in
Westphalen in eine wahrhaft verrückte Phase gestalten sollten, der — seltsam
genug — noch in neuester Zeit eine Verherrlichung durch dichterische Kunst
zu Theil geworden ist, wobei jedoch weder Meyerbeers Prophet, noch novel-
listische Behandlungen durch Van der Velde und Andere gemeint sind, lagen
allerdings in dem von der lutherischen Neuerung ausgestreuten Samen.
Uebrigens muss man dem Bath doch das Zeugniss geben, dass er mit klug
bemessener Strenge, die zur rechten Zeit einschritt und auch wieder Schonung
und Milde anzuwenden nicht vergass, das Steuer des Staates nicht aus den
Händen gab. Gerade die Jeremiade Pirkheimers, an der trotz des Pessimismus,
der ihm die Farben zu seiner Schilderung lieh, viel Wahres ist, berechtigt die
Späteren, mit grosser Achtung auf die Lenker des kleinen Staates zu blicken,
die in einer so aufgeregten Zeit das von ihren Vätern Ueberkommene zu er-
halten und zu bewahren verstanden. Es ist kein erfreuliches Bild, das in
diesem Brief vor den Augen des Lesers entrollt wird, aber wie dem auch sei,
dass der Mann, der die Feder führte, seiner Vaterstadt und Heimat mit Liebe
und Anhänglichkeit, die sich auch im Tode kund gab, zugethan war, wird
nicht zu leugnen sein, und so darf wohl dieser Brief sein Schwanengesang
genannt werden. Dr. Lochner.

II

4
 
Annotationen