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Repertorium für Kunstwissenschaft — 2.1879

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von Tschudi, Hugo: Lorenzo Lotto in den Marken
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https://doi.org/10.11588/diglit.61799#0352

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Lorenzo Lotto in den Marken.

Bis vor Kurzem war es um die Kenntniss der Werke und des
Entwickelungsganges Lotto’s schlecht bestellt. Es. mag Wunder nehmen,
dass die moderne Kunstgeschichte, die mit so viel Peinlichkeit namenlose
Werke und Namen ohne Werke registrirt, an einer so bedeutenden
Künstlergestalt mit geschlossenen Augen, oder, was schlimmer ist, mit
halbgeöffneten vorüberging und zur Unkenntniss noch den Irrthum
fügte. Doch mangelt dafür nicht jegliche Erklärung.
Vor Allem, Lotto war kein kraftvoller Bahnbrecher wie andere
vor und neben ihm; er ist kein tragendes Glied an dem Bau der
italienischen Kunst, ohne ihn fehlte kein Moment in deren Entwicke-
lungsgeschichte. Er bedingt nicht, er wurde nur bedingt. Sein schmieg-
sames Talent wandelt mit Vorliebe geebnete Wege und wo es einmal
darüber hinausgeht, begegnet es einem grösseren, das zur Führung be-
rufener war. Er hat nichts Zwingendes, weder durch den Flug seiner
Phantasie, noch durch die Consequenz der eingeschlagenen Richtung.
Desshalb streben ihm auch keine Schüler nach und desshalb mag er
selbst auf seine Zeitgenossen einen mässig packenden Eindruck gemacht
haben. So weiss Vasari nur Dürftiges von ihm zu berichten und da-
von das Wenigste aus eigener Anschauung. Das hat freilich noch eine
andere Ursache, die massgebend blieb bis in unsere Tage. Seine Werke
sind sehr zerstreut und liegen zumeist weit ab von der grossen Heer-
strasse der modernen Kunstpilger. Aber auch ehedem war keine der
Stätten, an denen er schuf, ein Macht- oder Bildungscentrum, Venedig
ausgenommen, wo indess wenig und nicht das Bedeutendste von ihm
zu finden ist.
So blieb Lotto zwar nicht unbeachtet aber doch ungekannt.
Ein vollständiger Ueberblick über seine Entwickelung mangelt noch.
Es wäre müssig, hier all das Schiefe und Irrthümliche zu citiren, was
 
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