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Repertorium für Kunstwissenschaft — 2.1879

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Woltmann, Alfred: Die tschechischen Fälschungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.61799#0211

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A. Weltmann: Die tschechischen Fälschungen.

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geführt, welcher demnächst in dem Repertorium für Kunstwissenschaft
erscheinen wird. Eine dieser Fälschungen hatte bereits Wocel durch-
schaut, aber er wagte nicht, sie als solche zu kennzeichnen.« Der
Aufsatz im Repertorium, vom 22. October 1876 datirt, erschien freilich
erst ein volles Jahr später, als zu erwarten war, im December 1877.
Aber durch jene Anmerkung im Vortrage war es den tschechischen
Gelehrten doch nicht ganz gelungen, mit ihrem Zugeständniss jener
Fälschungen vor mir auf dem Platze zu sein.
Früher hatten sie es mit der Aufdeckung nicht eilig gehabt, es
war ihnen nicht anstössig, dass die irrthümlichen Annahmen, zu denen
der Betrug nationaler Fanatiker geführt hatte, in der Litteratur fort-
während wiederholt wurden, auch noch in den siebziger Jahren in dem
mit Unterstützung des Staates und des Landes herausgegebenen Werke
von Grueber »Die Kunst des Mittelalters in Böhmen«. Aber als ich
meine Studien im Böhmischen Museum einige Monate lang fortsetzte,
konnte nicht verborgen bleiben, dass mir dabei manches Bedenkliche
aufgestossen sei. Als ich dieselben Codices wieder und wieder prüfte,
manche Seiten gegen das Licht ansah, einmal ein Corpus delicti mit
einem Collegen, Professor W. Förster, gemeinschaftlich untersuchte,
endlich bei der Direction des Museums um die Erlaubniss einkam, ein
Blatt, das Bild mit dem gefälschten Namen Sbisco de Trotina, behufs
der Vervielfältigungin einem kunstgeschichtlichen Aufsatze photographiren
lassen zu dürfen, fand man es an der Zeit, selbst mit einem Geständ-
niss vorzugehen, das man so lange wie möglich hinausgeschoben hatte.
Mag nun auch Herr Baum, der den kunstgeschichtlichen Theil
der Sache behandelte, in seiner Beweisführung nicht sehr in das Einzelne
eingegangen sein, so hatte er doch die Fälschungen, die er euphe-
mistisch »Ungereimtheiten« nennt, in ihrem vollen Umfange durch-
schaut, und gewiss auch deren Urheber richtig errathen, der nach ihm
»ein eifriger aber naiver Patriot« war. Dabei war aber Herr Baum
in der Kritik der Inschriften an Einer Stelle noch weiter gegangen als
ich, so dass in diesem Punkte der Aufsatz im Repertorium durch den
in der Museumszeitschrift eine Ergänzung erfährt. Ich hatte bei der
Mater Verborum gesagt, dass sich hier über den Umfang der Fälschung
vielleicht streiten lasse (vgl. oben S. 16 f.), und war schliesslich dabei
stehen geblieben, dass wohl nicht die ganze Inschrift in dem zweiten
P. falsch sei, sondern nur die angebliche Jahreszahl. Herr Baum aber
hat nicht nur diese, sondern auch, mit hinreichender Begründung,
die Namen des Schreibers Vaceradus und des Illuminators Mirozlaus
verworfen. Ich stand an, das zu thun, weil ich die Schrift mit den
durch ihren Inhalt und Wortlaut völlig unverdächtigen Inschriften auf
 
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