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Repertorium für Kunstwissenschaft — 2.1879

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Kraus, Fr. X.: Drei angebliche Dürer in Strassburg
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https://doi.org/10.11588/diglit.61799#0218

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146 F. X. Kraus: Drei angebliche Dürer in Strassburg.
dulce et decorum pro patria mori (süss und rühmlich ist es für das Vaterland
zu sterben).
7. Auf den zwo Säulen stehet die Inschrift: bonos praemiis afficio (die
Rechtschaffenen belohne ich) und auf der Schandsäule: malos poenis coerceo
(die Bösen bändige ich durch Strafen).
8. Ganz unten rechts liegen mehrere Bände Bücher mit Aufschriften,
z. B. jus canonicum, jus commune, Zasius (ein Rabulist), die als fernerhin
unnütz hingeworfen scheinen.
Viertes Gemälde.
Hier sitzt die Weisheit auf einem erhabenen Stuhle, über ihr verbreitet
sich die göttliche Vorsehung; im Arme hält sie einen Spiegel mit Inschrift,
Weisheit 6. und auf dem Schoos ein Buch, Sprüchw. 1.
1. Auf beyden Seiten ist auf einem hohen Fussgestelle das Räthsel-
aufgebende Ungeheuer Sphinx, welches durch die Weisheit des Oedipus über-
wunden, sich selbst getödtet hat.
2. Unter derselben ist zu sehen die Staatsklugheit (Politik), welche unter
dem Arm ein Buch, die Geschichte der Völker andeutend, und in der Hand
verschiedene Werkzeuge hält die zur Kinder zücht gehören; neben ihr stehet
die Pädagogik als Knab, anzeigend, dass eine gute und zweckmässige Erziehung
der Kinder, der Grundpfeiler jeder guten Staatsverfassung ist.
3. Zur Linken ist die Vernunft, und bei ihr mehrere Waffen und Kriegs-
instrumente nebst den Worten pro lege et grege (fürs Gesetz und Volk).
4. Nahe dabey ist auch die Gerechtigkeit als Schutzgöttin und Beförderin
deF schönen Künste und Wissenschaften, in der Rechten hält sie einen Gewicht-
stein und offenen Girkel und in der Linken ein entblösstes Schwerdt. Spr. 13.
Jes. 11. Psalm 34.
5. Endlich ist auch eine Pyramide da mit der Inschrift Spr. 10.
Dieses liebe Mitbürger und Brüder wäre eine kurze, jedoch ohnmass-
gebliche Erklärung der vier alten allegorischen Gemälde, welche der Bürger
Maire von mir verlangt hat. Diese Stücke sind in unserm ehmaligen Münster,
dem nunmehrigen Tempel des höchsten Wesens, öffentlich aufgestellt worden.
Aufmerksame Beobachter werden dieselben nicht nur meisterhaft und sinnreich,
sondern auch auf unsre jezige Zeiten anspielend und passend, wie auch sehr
lehrreich finden. Sehr anschauend und fasslich ist der Unterricht derselben:
dass die Laster zur Tyranney und Knechtschaft, wahre Tugend aber zur
Freyheit und zum Glück führe. Möchten diese Sinnbilder nicht bloss das
Auge ergötzen und den Witz in Bewegung setzen, sondern vielmehr das Herz
rühren und wahre Vaterlandsliebe nebst allen übrigen Bürgertugenden bey
jedem Zuschauer hervorbringen. Glücklich würde alsdann jeder Bürger, glück-
lich unser liebes Strassburg, glücklich die ganze Franken-Republik seyn.
Selbst mein Loos würde glücklich seyn, durch diese Darstellung etwas
weniges zum allgemeinen Wohl beigetragen zu haben.

Ä L.
 
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